Ich bin Nummer Vier
auf dem Wohnzimmersofa und wird von ein paar Jungs mit Filzstift im Gesicht angemalt. Immer wieder gehen welche durch die Kellertür hinunter oder kommen herauf. Ich habe keine Ahnung, was dort unten los ist. Sarah ist seit zehn Minuten verschwunden. Ohne Sam gehe ich durch Wohnzimmer und Küche, dann die mit weißem, dickem Teppich belegte Treppe hinauf, an den Wänden hängen Familienfotos. Einige Schlafzimmertüren sind offen. Sarah entdecke ich nirgends.
Unten steht Sam mürrisch allein in der Ecke.
»Warum machst du so ein Gesicht?«, frage ich.
Er schüttelt den Kopf.
»Hallo?! Du willst doch nicht, dass ich dich durch die Luft wirble wie diesen Typ in Athens!« Ich grinse.
Sam nicht. »Ich wurde soeben von Alex Davis ausgestochen!«
Alex Davis gehört zu den Kumpels von Mark und zum Footballteam. Er ist ein Junior, groß und dünn. Ich habe noch nie mit ihm gesprochen, mehr weiß ich also nicht von ihm. »Was meinst du mit ausgestochen?«
»Wir haben bloß gequatscht. Er hat gesehen, dass ich mit Emily geredet habe. Wahrscheinlich sind sie im Sommer miteinander gegangen.«
»Na und? Was stört dich daran?«
»Es nervt mich einfach total, kapiert?«
»Sam, weißt du, wie lange Sarah und Mark zusammen waren?«
»Lange.«
»Zwei Jahre. Und das nervt mich kein bisschen. Was geht uns die Vergangenheit an? Außerdem: sieh dir Alex doch mal genauer an.« Er hängt in der Küche über der Arbeitsplatte, seine Augen flattern und auf seiner Stirn glänzt Schweiß. »Glaubst du wirklich, dass ihr das da fehlt? Du bist ein guter Typ, Sam Goode. Mach dich nicht selbst klein.«
»Tu ich nicht.«
»Bestens, also verschwende keine weiteren Gedanken an Emilys Vergangenheit. Was wir getan oder nicht getan haben, bestimmt nicht, wer wir sind. Manche Leute lassen sich von Reue, von Bedauern beherrschen. Vielleicht ist es Bedauern, vielleicht auch nicht. Tatsache ist: Es betrifft einfach etwas Vergangenes. Vergiss es.«
Sam seufzt. Er hat immer noch damit zu kämpfen.
»Sam, sie mag dich. Du hast nichts zu befürchten.«
»Ich habe trotzdem Angst.«
»Der beste Weg mit Angst umzugehen ist, sich ihr zu stellen. Also, geh einfach zu Emily und küsse sie. Ich wette, sie erwidert den Kuss.«
Sam nickt langsam, dann macht er sich auf den Weg in den Keller, wo Emily sein muss. Die beiden Hunde kommen mit heraushängenden Zungen und wedelnden Schwänzen kämpfend ins Wohnzimmer. Dozer drückt die Brust auf den Boden und wartet darauf, dass Abby in die Nähe kommt, dann stürzt er sich auf sie und Abby springt weg. Ich schaue ihnen zu, bis sie die Treppe hinauf verschwinden, sie haben ein Gummispielzeug zum Tauziehen gefunden. Es ist kurz vor Mitternacht. Ein Pärchen knutscht auf der Couch, die Footballspieler trinken immer noch in der Küche. Ich werde so langsam schläfrig und kann Sarah immer noch nicht finden.
Gerade poltert ein Footballspieler die Kellertreppe herauf, sein Blick hat etwas Irres, Panisches. Er rennt in die Küche, dreht den Wasserhahn voll auf und reißt die Schubladen und Schränke auf. »Unten brennt’s!«, ruft er den Jungs neben sich zu.
Sie fangen an, Töpfe und Schüsseln mit Wasser zu füllen und rennen damit hintereinander die Treppe hinunter.
Emily und Sam kommen herauf. Sam sieht entsetzt aus.
»Was ist los?«
»Das Haus brennt.«
»Wie schlimm?«
»Kann ein Brand
nicht
schlimm sein? Und ich glaube, wir sind schuld. Wir, äh, haben eine Kerze umgestoßen, sie ist auf einen Vorhang gefallen.«
Sam und Emily sind zerzaust und zerknittert, bestimmt vom Knutschen. Ich mache mir im Geist eine Notiz, dass ich Sam später gratulieren muss.
»Habt ihr Sarah gesehen?«
Emily schüttelt den Kopf. Noch mehr Jungs rennen die Treppe herauf, auch Mark ist dabei. In seinen Augen steht die Angst. Zum ersten Mal rieche ich Rauch.
»Raus mit euch«, sage ich zu Sam. Er nimmt Emily an der Hand, und sie laufen hinaus. Einige folgen, andere bleiben, wo sie sind, und schauen mit der Neugier Betrunkener einfach tatenlos zu. Ein paar Leute stehen blöd herum, klopfen den Footballspielern auf die Schulter und jubeln, als wäre das alles ein Witz, wenn die Jungs von der Mannschaft die Kellertreppe hinunter- und wieder heraufrennen.
Ich laufe in die Küche, fülle den größten Behälter, der noch da ist, einen mittelgroßen Metalltopf, mit Wasser und renne hinunter. Hier sind alle geflohen bis auf uns, die den Brand löschen wollen. Er ist viel heftiger als erwartet, der halbe Keller steht in Flammen.
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