Ich bin total spontan - wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt
Pleiten, Pech und Pannen im »heute journal« des ZDF - live und in Farbe. Wie gehen Moderatoren, die vor einem Millionenpublikum sprechen, mit Pannen und Versprechern um? Klaus Kleber versprach sich beispielsweise einmal bei dem Wort »durchschnittlich« und baute den Fehler charmant in seine weitere Moderation ein. Er versteckte seinen Versprecher nicht, sondern hob ihn noch hervor:
»Zweitausend Meldungen produzieren die Agenturen an einem durchschlichtigem Nachrichtentag. (Kurze Pause.) Ein durchschnittlicher Moderator produziert einen Versprecher pro Ansage …«
Einen weiteren Fehler, den wir hier vorstellen möchten, haben wir ebenfalls dem »heute journal« zu verdanken. Die Moderatorin Marietta Slomka verheddert sich dabei immer tiefer in ein anscheinend unglaublich kompliziertes Zahlenkonstrukt:
»… Spenden von insgesamt 39 - Pause - 400 - Pause - 39 Millionen - Pause - 409 - Pause - 851 Millionen Euro eingegangen. Was für eine Zahl.«
Wir haben den Ausschnitt jetzt schon so oft gesehen, können aber immer noch nicht genau sagen, welche Zahl sie eigentlich meint.
Wie gehen die beiden Moderatoren mit ihren Versprechern um? Beide bauen ihren Fehler sofort in die Moderation ein, thematisieren ihn und lächeln. Es wird kein Fehler versteckt. Outtakes live und ungeschnitten. Wenn ab jetzt irgendetwas schiefgeht, dann sagen Sie einfach: »Ich drehe gerade Outtakes für meinen Lebensfilm.«
Eine weitere Möglichkeit, mit Fehlern umzugehen, zeigt uns ein Beispiel der »Tagesschau«. Man nehme eine Liveübertragung um 5 Uhr morgens. Die Sprecherin beginnt die Sendung mit den Worten: »Guten Morgen.« Genau in diesem Augenblick kommt ein Herr des Reinigungsteams ins Bild und antwortet freundlich, wie er ist, ebenfalls mit »Guten Morgen«. Die Sprecherin guckt ein wenig irritiert, beginnt dann aber, die Nachrichten zu lesen. Der Putzmann geht offensichtlich davon aus, dass es sich um eine Probe handelt und leert - mitten im Fernsehbild - den Mülleimer neben der Sprecherin. Er wechselt den vollen Beutel und geht in aller Seelenruhe seiner Aufgabe nach. Die Moderatorin macht unbeirrt weiter, ignoriert den Putzmann und die gesamte fehlerhafte Situation. Der Zuschauer bemerkt aber, dass Sie immer wieder kurz davor ist, zu lachen. Nach etwa 20 Sekunden - und 20 Sekunden können lang sein - bemerkt der Putzmann seinen Fehler, er läuft wieder durch das Bild und verschwindet aus dem Studio.
Auch wenn so etwas höchst selten im normalen Leben vorkommt, was lernen wir daraus? Erstens: Man kann Fehler auch einfach komplett ignorieren. Zweitens: Auch bei der »Tagesschau« steht ein Mülleimer unter dem Tisch, der darüber hinaus geleert wird. Uns würde mal interessieren, was man während der Sendung so wegwirft. Schlechte Nachrichten?
Was zu beweisen war: Man kann auch in den schlimmsten Situationen spontan sein. Nachzuschauen bei YouTube: »Putzmann und Tagesschau«.
»Menschen, an denen nichts auszusetzen ist, haben nur einen Fehler. Sie sind uninteressant.«
Zsa Zsa Gabor
Übung 12:
Gute Freunde
Sie brauchen dazu:
• wahlweise: Freunde, die Sie mögen/Freunde, die Sie nicht mögen/Kollegen/Ihren Partner/Ihre Partnerin
• 5 bis 15 Minuten Zeit
• Ihr Ja-Buch
Und so geht’s:
Eine Denkaufgabe: Welche Menschen in Ihrem Umfeld schätzen Sie besonders? Welche Menschen finden Sie spannend und interessant? Mit wem verbringen Sie gerne Zeit? Sind Ihre besten Freunde und Kollegen perfekt? Oder schätzen Sie die am meisten, die kleine Fehler haben? Notieren Sie die kleinen Fehler Ihrer Freunde und Bekannten in Ihrem Ja-Buch.
Was soll das?
Sie verlieren die Angst vor eigenen Fehlern. Wir sind sicher, dass Sie einige Fehler von guten Freunden schätzen und amüsant finden. Wer sich das vor Augen führt, verändert auch seine Einstellung zu eigenen Fehlern. Sie werden Ihre Fehler vielleicht nicht mehr nur verstecken wollen.
»Menschen die keine Fehler haben, wissen nicht, wo Gott wohnt.« Mit diesem Satz überraschte uns einmal ein Kollege. Sein Schauspiellehrer sagte diesen Satz immer, wenn er jungen Kollegen zusah, die zwar perfekt aussahen und spielten, aber keine Ecken und Kanten hatten.
Menschen mit Fehlern sind interessanter. Kultivieren Sie Ihre Fehler. Es war doch schon in der Schule so: Die Streber konnte man nicht leiden. Menschen, die zu perfekt sind, machen uns Angst. Oder gehörten Sie zu den Strebern?
Fehler machen uns menschlicher, Fehler machen uns spontaner und Fehler bringen Spaß.
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