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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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wunderbar unempfänglich für Stans Charme. Marta schließt sämtliche Läden, sperrt Blicke und Kameraobjektive aus. Sie überprüft auch den Keller, wovor ich mich gedrückt habe, weil das Licht kaputt ist. Daran sind die ganzen Samstagabendthriller aus den Siebzigerjahren Schuld – geh nicht in den Keller. Ein Keller bleibt ein Keller, auch wenn er zu Wohnräumen umgebaut und mit Hightech-Fitnessgeräten ausgestattet wurde.
    Marta ziert sich nicht. Mit schweren Schritten stapft sie die Treppe hinunter. Ich höre, wie sie in Philips Büro herumgeht – leise Geräusche, das Zischen des Möbelsprays, das Platschen des Wischers.
    Während sie unten ist, rufe ich Mrs   Matthews an, Izzies Mutter, die es fertigbringt, Besorgnis über meine Situation zum Ausdruck zu bringen, ohne ihre Fassungslosigkeit darüber, dass sie in die Sache mit hineingezogen wurde, ganz zu verbergen, aber ich bin ihr viel zu dankbar, um mich daran zu stören. Sie ruft Millie ans Telefon, und allein ihre Schritte zu hören, ihre Atemzüge, bevor sie etwas sagt, bringen mein Herz zum Singen. Sie ist ganz sie selbst, als wäre der gestrige Morgen nie passiert – mitteilsam, munter, fröhlich. Beim Rechtschreibtest hat sie einundzwanzig von fünfzig Punkten bekommen, aber »das ist gut, Mum, Sophia hat fünfzehn!«. Izzie hat ein Bett auf Stelzen. »Aber nicht mit einem anderen Bett drunter, mit einem Schreibtisch!«
    Sie fragt, ob ihr Dad schon zurück ist, und als ich sage: »Nein, Schatz, noch nicht«, erwidert sie mit goldiger Nachsicht: »Fleißiger alter Dad.«
    Ich sage ihr, dass ich sie lieb habe, und sie gibt etwas von sich, was halb nach »Tz, tz« klingt und halb nach einem Stöhnen. Selbst ihre Verächtlichkeit ist tröstlich, Balsam für die Seele.
    Ich beziehe mein Bett frisch. Die Laken sind kühl und glatt und duften nach Wäsche, doch ich vermisse die alten. Ich finde ein Hemd von Philip im Schrank und wickele es um mein Kissen. Ich atme seinen Duft ein. Ich weiß, dass ich das nicht tun sollte.
    Er wird bald wach sein – dreiundzwanzig Uhr unserer Zeit ist dort früher Morgen –, und sobald er wach ist, wird er mich anrufen.
    Ich gehe zu Bett und warte.

Freitag
    In der Nacht regnet es. Ich bekomme mit, dass er gegen das Fenster schlägt, dass die Tropfen Muster bilden, die den Schornstein hinunter auf die falschen Kohlen im offenen Kamin im Schlafzimmer jagen. Das Fenster ist einen Spalt geöffnet, und ein Wind fegt herein, streicht über die Bettdecke und kriecht mir über die Haut. Wenn ich die Augen schließe, habe ich sofort Ania Dudeks Gesicht vor mir – die milchige Membran über den Pupillen, ihre herausgequollene Zunge, die Rillen und blassbläulichen Schnitte am Hals. Im Halbschlaf klammern sich ihre Hände an mich. Ich ertappe mich dabei, dass ich mich kratze, als juckte unter meiner Haut etwas – Krabbeltiere, ein Haufen Spinnen.
    Ich lasse die Fensterläden zu und ziehe mich in dem Licht, das an den Rändern eindringt, an, ein schimmerndes Rechteck. In der Küche frühstücke ich – eine Schale Müsli –, stehe auf, schaue raus. Philip hat nicht angerufen. Vielleicht hat er meine Nachricht erst nach dem Frühstück abgehört und wollte mich nicht wecken. Er ruft sicher bald an. Ich weiß es.
    Die Weißbuchen und die höheren Bäume in den Gärten, die unserem gegenüberliegen, blockieren die Erdgeschossfenster der Häuser dahinter, doch vom ersten Stock kann man in meine Küche sehen. Einmal habe ich einen Mann am oberen Fenster gesehen, halb nackt, keine Einzelheiten, nur verschwommene Haut, monochrom, hell vor dunklem Hintergrund. Unsere Küchenwand ist ganz aus Glas. Was hat der Architekt noch gesagt? »Den Garten in die Küche einladen.« Also, der Garten kann mich mal. Ich brauche Rollos.
    Ich bin zu früh für Steve, und so setze ich mich auf die unterste Treppenstufe und warte angespannt auf das Klappern des Tors, auf seine Schritte. Die Zeitungen sind auf der Fußmatte gelandet, halb zusammengerollt, halb geöffnet, wie gerollter Blätterteig, der auftaut, und starren mich vorwurfsvoll an. Ich wünschte, ich könnte sie ganz tief in den Mülleimer stopfen oder sie verstecken, wie Millie es mit dem Struwwelpeter gemacht hat, dieser grauenvollen Sammlung abschreckender Beispiele, die ich einmal hinter der Badewanne gefunden habe. Doch ich muss sie lesen. Das aktuelle Zeitgeschehen, oder der Ballast und das Treibgut, die ihm folgen, sind mein Job. Ich werde sie im Auto überfliegen, mit Steve als

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