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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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sonnigen Tag aus – der Himmel ist von einem unglaublich schönen Blau. Wie viele sind noch da unten? Köpfe. Männer, die an Autos lehnen. Kameraausrüstung auf warmem Pflaster. Pfützen im Rinnstein. Langeweile. Kalte Hände. Popmusik aus irgendeinem iPod. Müßiges Geplauder dringt herauf, wie das morgige Fußballspiel wohl laufen wird: »Ja, die sollten McEachran ins Mittelfeld stecken, dem Burschen eine Chance geben.«
    Soll ich mir einen aussuchen und mit ihm reden, wie Clara vorgeschlagen hat? Ich frage Alison Brett, wenn sie zurückruft.
    Und dann sehe ich ihn.
    Perivale. Und merke, dass ich diesen Augenblick so sehr gefürchtet habe, dass ich gar nicht überrascht bin, dass er tatsächlich gekommen ist.
    Er lehnt auf der anderen Straßenseite in der Allee zum Common an einer mit Efeu bewachsenen Wand. Die Hände lässt er müßig hängen, der tiefe Schritt seiner Jeans verkürzt seine Beine, den Kopf hat er nach hinten gelegt. Mit seinem Galgenvogel-Gebaren und seinen dicken Haarbüscheln sieht er aus wie eine Figur von Charles Dickens. Gradgrind. Headstone. Inspector Bucket. Er scharrt mit dem Fuß in der Erde herum, dreht etwas mit der Schuhspitze um. Und dann blickt er auf und sieht mich direkt an.
    Ich schieße quer durchs Zimmer. Die Matratze ächzt. Ich liege flach, starre, ohne mich zu rühren, an die Decke. Es ist noch nicht vorbei. Die Polizei hat ihre Fehler längst noch nicht eingesehen. Es geht immer weiter. Mein Magen krampft sich zusammen, mir ist, als rollte er sich schrumpelnd ein wie ein welkes Blatt.
    Ich warte, dass die Luft um mich herum sich nicht mehr rührt. Es ist lächerlich. Die Rollos sind geschlossen. Er kann mich nicht sehen. Ich beiße immer wieder die Zähne zusammen. Sobald meine Beine mein Gewicht tragen können, schleiche ich aus dem Zimmer und gehe die Treppe hinunter. In der Küche verharre ich, und dann gehe ich hinaus in den Garten – jetzt befindet sich ein ganzes Haus zwischen uns, doch auch das kommt mir zu wenig vor. Ich spüre immer noch seinen Blick, auch wenn das Unsinn ist, denn er kann nicht vor dem Haus sein und gleichzeitig da oben an dem Fenster im oberen Stockwerk in dem Haus hinter unserem Garten. Es ist unmöglich. Er hat mich nur erschreckt. Ich suche Deckung unter dem Apfelbaum, wo ich überhaupt keine Fenster sehen kann. Überall wächst und sprießt es, die Kirsche ist mit Knospen übersät, der Efeu kriecht an der Wand hoch, jedes Blatt eine kleine, klauenähnliche Hand. Ein Rotkehlchen hockt auf einem niedrigen Farnwedel, den Kopf erwartungsvoll gereckt.
    Es ist kalt. Von drinnen sieht es aus wie Sommer, doch hier draußen ist es so bitterkalt wie mitten im Winter. Im Schatten des Hauses ist der Rasen patschnass.
    In der Mauer hinter den Hainbuchen und dem Baumhaus ist eine Tür. Sie führt zu einem Durchgang, in dem früher die Mülleimer standen. Vor ein paar Jahren erklärte der Stadtrat – oder eher die Firma, die vom Stadtrat beauftragt worden war –, der Durchgang sei zu gefährlich (zu viele Krümmungen oder zu viel wuchernder Efeu), und viele Nachbarn haben, besorgt um ihre »Sicherheit«, die Hintertüren zugemauert.
    Ich habe um unsere gekämpft. Ich habe mir Millie als Teenager vorgestellt, wie sie zu einer Verabredung oder einer heimlichen Zigarette rausschleicht. Ich fand, sie gehörte zur Geschichte des Hauses, erinnerte an Kohlelieferungen und Milch in Blechkannen in einer Zeit, als noch niemand etwas von gigantischen börsennotierten Dienstleistungsunternehmen ahnen konnte. Philip war damals einverstanden, doch als wir letztes Jahr den Garten umgestalten ließen, schloss er sich den Nachbarn an, und ich war zu sehr mit meiner Mutter beschäftigt, um mich zur Wehr zu setzen. Die Tür ist noch da, aber gut versteckt hinter dem Baumhaus; man muss sich ordentlich mühen, um sie zu erreichen, muss sich an einer Ecke des Hauses vorbeizwängen, den Hals beugen, die Ellbogen anstoßen. Um das alles auf sich zu nehmen, muss das Verlangen nach einer Zigarette wirklich gigantisch sein.
    Feuchtigkeit dringt in meine Turnschuhe. Ich krieche durchs Unterholz – Regentropfen prasseln auf mich nieder – und strecke den Arm so weit, dass ich den Riegel geöffnet kriege. Ich muss kräftig an der Tür ziehen und die Scharniere von Efeuranken befreien, bevor sie aufgeht.

    Millie ist zu Hause. Ich habe Marta angerufen, und sie hat sie durch den Durchgang reingebracht, durch die Geheimtür. Weder Perivale noch die Klatschreporter haben sie

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