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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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Zeitungskiosk, und ich verlasse schnell das Auto und laufe hinüber, um mir eine Flasche Wasser zu kaufen. An der Kasse suche ich wahllos ein paar Kleinigkeiten zusammen, darunter auch eine Rolle Pfefferminzbonbons. Mein Hals ist ganz trocken vor Durst, das müssen die Nerven sein.
    Ich sitze wieder im Auto und habe meine Einkäufe verstaut, als Jack kommt. Ich sehe ihn, bevor er mich sieht. Er kommt mit gesenktem Kopf und schiefem Gang auf mich zu, eine Adidas-Kuriertasche über der Schulter. Er knüllt ein Papier zusammen – ein Hotdog? – und wirft es in den nächsten Abfalleimer. Dann schaut er auf, sieht mich und kommt fast im Laufschritt herüber. Er will über eine Pfütze springen, doch das gelingt ihm nicht recht, und Matsch spritzt hinten an seiner Jeans hoch. Heute trägt er eine wärmere Jacke, von der er sich jetzt die Krümel wischt, und eine trendige Neuinterpretation einer Sherlock-Holmes-Mütze. Im Auto setzt er sie ab, und seine Haare federn wie befreit in alle Richtungen.
    Er schiebt die Füße zwischen die leeren Dosen, Bonbonpapierchen und Parktickets, an denen Kaugummis kleben. Mein Auto ist putzfreie Zone, ein flüchtiger Einblick in meine schmuddelige kleine Seele – der Teil, den Philip noch nie auch nur ansatzweise verstanden hat. Jack sagt nichts. Vielleicht ist er im Chaos zu Hause. Er entschuldigt sich vielmehr, weil er zu spät ist. Die Fahrt hierher war umständlicher, als er gedacht hatte: Er musste an der Victoria Station ziemlich lange auf eine Bahn nach Wimbledon warten, und die District Line war unendlich langsam, tuckerte vor sich hin wie ein Vorortzug.
    Wenn er am Bordstein gestanden und auf mich gewartet hätte, als ich kam, hätte ich ihm von dem roten Renault erzählt und ein wenig gekreischt, doch inzwischen ist die Anspannung von mir abgefallen. Bin ich paranoid? Habe ich mir das Ganze nur eingebildet? Dieses Gefühl, dass mir jemand folgt, mich beobachtet, wird anscheinend schlimmer … Liegt das Problem bei mir? Findet das alles nur in meinem Kopf statt? Die Wut von vorhin ist verflogen. Wenn ich nicht weiß, was real ist und was nicht, wie kann ich mir da auch nur im Ansatz bei irgendwas sicher sein?
    Ich nähere mich der Ampel. »Wohin?«, frage ich, den Blick nach vorn gerichtet. Ich bin so befangen, dass mir der Kiefer wehtut. Ich begreife, dass ich keine Parameter habe: Ich habe nicht die geringste Ahnung, was er von mir hält. Ich habe mich verirrt. Ich weiß nicht, was ich mit meinem Gesicht machen soll.
    »Ah, ja.« Er holt sein Handy heraus und fummelt daran herum, bis er das Gesuchte gefunden hat.
    Die Baxters leben in einer hübschen, von Bäumen gesäumten Straße mit viktorianischen Doppelhausvillen in West Putney. Niemand folgt uns. Ich schaue immer wieder in den Rückspiegel. Das Haus, in einem dieser geschmackvollen, vom Denkmalschutz empfohlenen Farbtöne gestrichen – Eierschale oder Knochen oder tote Haut –, steht ein Stück von der Straße zurückversetzt hinter einem Tor und einer kleinen Auffahrt. In einem erhöhten Beet neben der Haustür prangt eine Zierkirsche, deren Äste mit bonbonrosa Blüten überladen sind.
    »Der Pflanzengeschmack der Leute ist oft sehr viel ordinärer als ihr Geschmack in anderen Dingen«, sage ich. Meine Stimme klingt seltsam. Ich zitiere Roger Peedles: Abseits laufender Kameras hat er ein Faible für vernichtende Verallgemeinerungen der schlimmsten Sorte.
    Jack sieht mich an und schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht fassen, dass Sie das gesagt haben. Ich sitze hier mit einem Gartensnob in einem ramponierten Nissan!«
    »›Ramponierter Nissan‹?«, erwidere ich und ziehe eine Augenbraue hoch. »Sitze ich womöglich mit einem Autosnob in einem ›ramponierten Nissan‹?«
    Er grinst, und mir geht auf, dass wir uns sofort wohler miteinander fühlen, wenn wir uns gekabbelt haben.
    Wir einigen uns darauf, dass ich im Auto warte. Jack springt raus und verhandelt am Tor. Durch die offenen Fenster dringt Kindergeschrei. Der Garten hinter dem Haus: das Klettergerüst von dem Foto im Polizeirevier. Das rote Plastikauto eines Kleinkinds. So eins wollte Millie auch unbedingt haben. Warum haben wir ihr keins gekauft? Philip fand es wahrscheinlich hässlich. Die Haustür geht auf. Eine schlanke Frau begrüßt Jack. Sie erwarten ihn, er hat vorher angerufen. Er schreibt ein ausführliches Porträt über Ania Dudek, über die wirkliche Frau hinter dem ganzen Dreck in den Klatschblättern. Mrs   Baxter hat sich überreden

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