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Ich bin unschuldig

Ich bin unschuldig

Titel: Ich bin unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Durrant
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den Heimweg öfter mal ein Taxi genommen, und sie trug modischere, exklusivere Sachen – Designerklamotten, meinte Mrs   Baxter, und eindeutig nicht gebraucht. Und einmal – es war ihr peinlich, dass es ihr überhaupt aufgefallen ist –, als Ania kam, um dort zu übernachten, brachte sie ihre Schlafsachen in einer Agent-Provocateur -Einkaufstüte mit. Mrs   Baxter war beeindruckt. Agent Provocateur , das ist Luxusunterwäsche, nicht wahr?«
    »Ja, todschick. Teuer. Sexy.« Nachdem mir »sexy« herausgerutscht ist, würde ich mich am liebsten unter dem Tisch verstecken.
    »Sie hatten keine Nummer von dem Freund, aber sie haben mir von einer Freundin von Ania erzählt, einer gewissen Christa. Sie hat einmal auf die Kinder aufgepasst, als Ania nicht konnte. »Und«, er zeigt mit dem Finger auf seine Notizen, »hier ist ihre Nummer!«
    Er sieht mich erwartungsvoll an.
    »Gute Arbeit«, sage ich. Und das meine ich ehrlich. Ich bin überrascht. Er nimmt die Sache ernster, als ich erwartet hatte. Ich bin dankbar. Ich hätte nicht gewusst, wie ich das mit den Baxters anstellen sollte. Und das hier ist was, es ist ein Anfang. Wenn die wenigen Fakten, die er zusammengetragen hat, uns das Gefühl geben, Ania ein Stück nähergekommen zu sein, dann ist das doch bestimmt gut.
    »Sind die Baxters nett?«, frage ich. »Ich weiß, dass es nicht unbedingt relevant ist, aber ich würde gern denken, dass sie nett zu ihr waren.«
    »Ja, ich glaube, das waren sie.«
    »Und Sie sind auch nicht einer von denen, die in anderen immer nur das Beste sehen?«
    Er senkt den Blick, öffnet den Mund und schließt ihn wieder. »Ich glaube, es lag ihnen etwas an ihr. Ich würde behaupten, es waren gute Arbeitgeber.«
    »Waren sie mal in ihrer Wohnung?«
    »Nein. Nie.«
    »Seltsam, wie ungleich diese Beziehungen sind, nicht wahr? Ich meine, sie wusste so viel über sie, war Teil ihres Lebens, ja, sie wurde von dem kleinen Alfie gebissen, um Himmels willen, und doch hörte sie in dem Augenblick, da sie zur Tür hinausging, für sie auf zu existieren. Die Baxters dachten, sie würden Ania kennen, und doch hatten sie keinen Schimmer, wer sie wirklich war oder was in ihrem Leben vor sich ging, oder? Und waren sie ihr gegenüber natürlich, oder haben sie den Arbeitgeber rausgekehrt? Wir präsentieren einander so viele verschiedene Gesichter. Marta, zum Beispiel: Vielleicht findet sie mich genauso ausweichend und komisch wie ich sie. Jeder von uns ist viele verschiedene Menschen, und manchmal geben wir vor, etwas zu sein, was wir nicht sind.«
    Jack wirkt bestürzt. Ich lache. »Tut mir leid. Das war ein bisschen heftig. Ich überlege halt, warum sie jetzt tot ist, das ist alles. Sie wurde immerhin umgebracht.«
    Er starrt auf die Telefonnummer, die er in sein Notizbuch gekritzelt und mit doppelten Linien unter- und überstrichen hat.
    »Rufen wir Christa an«, sage ich. »Vielleicht weiß sie etwas. Womöglich hat sie ja sogar Toleks Nummer.«
    Er nickt. Das Pub füllt sich, der Lärmpegel steigt. Der Lombard-Effekt: Die Menschen sprechen immer lauter und höher, um gehört zu werden. (Wir hatten mal eine Soziologin in der Sendung, um mit ihr über eine Studie über Lärmbeeinträchtigung im Südosten Englands zu sprechen.) Jack hat sein Guinness geleert, und ich kann nicht mehr so tun, als würde ich noch an meinem Shandy trinken. Ein Paar mit nackten Beinen, frisch vom Fluss, beäugt schon unseren Tisch. Ich winke ihnen und warte, dass sie herbeieilen. Als sie vor mir stehen, wenden sie den Blick ab und sagen nicht einmal Danke.

    Draußen ist es nicht mehr so kalt und so trüb wie vorher. Der Wind hat sich gelegt. Ein trister Wolkenschleier bedeckt den Himmel. Wir gehen zu einer Bank und setzen uns an entgegengesetzte Enden. Warum hatte ich diesen Ausbruch? Er hat eine seltsame Stimmung hinterlassen. Während Jack auf seinem Handy die Nummer wählt, blicke ich über den aufgewühlten braunen Fluss. Die Männer im Pub sind mir unter die Haut gegangen. Nach ein paar Augenblicken zischt Jack: »Soll ich eine Nachricht hinterlassen?«
    Ich schüttele den Kopf. Eine Welle der Verzweiflung überkommt mich.
    Er steckt das Telefon in seine Gesäßtasche. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragt er. »Die Männer da drin – absolut kein Stil.«
    Er hat es also doch mitbekommen. Vielleicht kriegt er mehr mit, als er sich anmerken lässt.
    »Mir geht’s gut«, sage ich. »Wissen Sie … wenn man sich da rausbegibt …«
    »Sonntags sind sie immer am

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