Ich bin Zlatan Ibrahimović
musste nicht auch noch Reiseleiter sein. Jeder machte sein Ding, und das war ein gutes Gefühl. Aber mein Knie schmerzte und schwoll an, und wir sollten als Nächstes gegen Spanien spielen. Spanien war einer der Favoriten des Turniers. Sie hatten Russland in ihrem ersten Spiel 4:1 besiegt, und es würde hart werden, das wussten wir. Meine Verletzung wurde viel diskutiert. Würde ich spielen oder nicht? Ich war nicht sicher. Ich hatte zwar Schmerzen, aber ich hätte gern auf den Schmerz gepfiffen.
Es war die Europameisterschaft, und ich hätte gut und gern mit einem Messer im Bein spielen können. Aber im Fußball gibt es, wie gesagt, immer eine Kurzzeit- und eine Langzeitperspektive. Es gibt das Spiel heute und dann die Spiele morgen und übermorgen. Du kannst dich in einem Kampf opfern und dich voll verausgaben, aber danach bist du draußen. Wir hatten jetzt Spanien und anschließend Russland und danach das Viertelfinale, falls wir weiterkamen, und es war die Rede davon, dass ich schmerzstillende Spritzen bekommen und spielen sollte. In Italien hatte ich das oft getan. Aber unser Nationalmannschaftsarzt war ein Gegner dieser Methode. Schmerz ist ein Warnsignal des Körpers. Man kann den Schmerz vorübergehend unterdrücken, aber damit riskiert man einen ernsthaften Schaden. Es ist ein Vabanquespiel. Ein Spiel mit Verletzungen. Wie wichtig ist das Spiel? Wie sehr kommt es darauf an, den Kerl heute fit zu bekommen? Ist es das Risiko wert, dass er nachher Wochen oder Monate ausfällt? Es geht um Abwägungen dieser Art, und aus Tradition sind die Ärzte in Schweden vorsichtiger als auf dem Kontinent. Sie sehen den Spieler mehr als Patienten und weniger als Fußballmaschine an. Aber einfach ist es nie, und als Spieler drängelst du häufig selbst. Es gibt Spiele, die so wichtig sind, dass du sagen willst: Fuck the future! Ich scheiß auf die Konsequenzen. Nur dass du um die Zukunft nicht herumkommst, und wenn du in der Nationalmannschaft spielst, gibt es immer noch einen Verein im Hintergrund.
Es ist der Verein, der das große Geld bezahlt, und ich war eine große Investition. Ich durfte nicht kaputtgehen. Es ging nicht an, mich für ein Länderspiel zu opfern, das nichts mit Inter zu tun hatte, und unser Nationalmannschaftsarzt bekam einen Anruf von unserem Vereinsarzt. Solche Gespräche können leicht hitzig werden. Es stehen ja zwei Interessen gegeneinander. Der Verein will seinen Spieler für die Liga haben, und die Nationalmannschaft braucht denselben Typ für die EM . Es war auch nur noch ein Monat bis zum Beginn der Saisonvorbereitung, und ich war Inters wichtigster Spieler. Aber beide Ärzte waren vernünftige Menschen. Es war ein ruhiges Gespräch, glaube ich, und sie einigten sich. Ich sollte nicht fit gespritzt werden und wurde stundenlang von einem Naprapathie-Masseur behandelt. Aber es wurde beschlossen, dass ich trotz allem gegen Spanien spielen sollte.
Ich spielte mit Henke Larsson in der Spitze, und das war ein gutes Gefühl. Aber Spanien spielte geschickt. Sie bekamen früh eine Ecke. Xavi schlug sie kurz zu David Villa, der schräg zurück auf Silva spielte. Der war frei und passte auf Fernando Torres. Torres kämpfte mit Petter Hansson um den Ball, kam ihm aber um einen Schritt zuvor und stieß den Ball mit der Hüfte zum 1:0 ins Tor, und das war hart für uns. Gegen Spanien auszugleichen ist kein Kinderspiel, zumal die Spanier sich zurückzogen und das Ergebnis und damit ihren Platz im Viertelfinale zu halten versuchten. Sie ermöglichten uns Chance um Chance, und ich vergaß mein Knie. Ich verausgabte mich. Ich rackerte, und in der 34. Minute bekam ich im Strafraum einen schönen langen Ball von Fredrik Stoor und stand frei vor Torwart Casillas und versuchte, den Ball direkt ins Tor zu befördern. Es war die Art von Situation, über die van Basten mit mir gesprochen hatte und die Capello und Galbiati mich hatten üben lassen, eine Gelegenheit, die du nutzen können musst. Aber ich verpasste sie, ich traf den Ball nicht richtig, und eine halbe Sekunde später hatte ich Ramos vor mir, den jungen Verteidigerstar von Real.
Aber verflucht, ich wollte nicht aufgeben. Ich blockte, ich hielt den Ball von ihm weg und schoss wieder durch eine kleine Lücke, die sich zwischen ihm und einem anderen Verteidiger auftat, und der Ball ging ins Tor. Es stand 1:1, das Spiel nahm wieder Fahrt auf, und ich war zweifellos in Form. Ich hatte das Turnier hervorragend begonnen, aber dennoch, es half nichts. Als der
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