Ich bin Zlatan Ibrahimović
Schiedsrichter zur Halbzeit pfiff und das Adrenalin verschwand, spürte ich wieder die Schmerzen. Das Knie war alles andere als in Ordnung. Was sollte ich tun? Es war keine einfache Entscheidung. Ich war ausschlaggebend gewesen für die Mannschaft, aber ich musste durchhalten. Wir hatten mindestens noch ein Spiel vor uns, und unsere Ausgangslage sah gut aus. Wir hatten drei Punkte aus dem Griechenland-Spiel, und selbst wenn wir jetzt verlören, könnten wir im letzten Gruppenspiel gegen Russland noch aus eigener Kraft einen Platz im Viertelfinale erreichen. Deshalb ging ich in der Pause zu Lars Lagerbäck.
»Ich habe starke Schmerzen«, sagte ich.
»Mist, verdammter!«
»Ich glaube, wir müssen wählen.«
»Okay.«
»Was ist dir wichtiger: die zweite Halbzeit jetzt, oder das Russland-Spiel?«
»Russland«, sagte er. »Gegen sie haben wir bessere Chancen.«
Deshalb saß ich in der zweiten Halbzeit auf der Bank. Lagerbäck setzte stattdessen Markus Rosenberg ein, und das wirkte vielversprechend. Spanien hatte in der zweiten Halbzeit eine Menge Chancen. Aber wir hielten dicht, und gut, man merkte, dass ich draußen war. Es fehlte eine Qualität im Spiel, ein Moment von Unberechenbarkeit. Ich war gut in Form gewesen und verfluchte mein Knie. Teufel auch. Aber die Jungs kämpften, und nach neunzig Minuten stand es weiterhin 1:1. Es sah so aus, als sollte es gelingen, und auf der Bank nickten wir uns aufmunternd zu. Sollten wir das hier trotz allem schaffen? Doch nach zwei Minuten der Nachspielzeit wurde Markus Rosenberg gefoult und verlor den Ball tief in unserer Hälfte. Lagerbäck schoss hoch und war außer sich. Verfluchter Idiot von Schiedsrichter!
Es wäre einen sonnenklarer Freistoß, meinte er. Aber der Schiedsrichter ließ das Spiel weiterlaufen, und es gab empörte Gesichter. Viele auf der Bank waren schon vorher der Ansicht, dass der Schiedsrichter gegen uns gepfiffen habe, und die Leute schrien und wüteten, aber nicht lange. Die Katastrophe kam. Joan Capdevila, der Rosenberg den Ball abgenommen hatte, schlug einen langen Querpass, und Fredrik Stoor versuchte, ihn zu stoppen. Aber er war völlig fertig. Alle hatten sich total ausgepowert, und David Villa spurtete an ihm und Petter Hansson vorbei und schoss das 2:1, und fast unmittelbar danach pfiff der Schiedsrichter das Spiel ab. Es war wirklich ein schwerer Schlag.
Im nächsten Spiel gegen Russland wurden wir an die Wand gespielt. Ich hatte Schmerzen, und man hatte das Gefühl, dass Russland in allen Belangen besser war. Wir flogen aus dem Turnier und waren unendlich enttäuscht. Was so gut angefangen hatte, führte zu nichts. Es war grausam. Aber wie immer, wenn das eine weg ist, kommt etwas Neues, und unmittelbar vor der EM hatte ich erfahren, dass Roberto Mancini als Trainer bei Inter gefeuert worden war.
Er sollte von einem Typen namens José Mourinho ersetzt werden. Ich war ihm noch nicht begegnet. Aber er hatte mich schon aus der Ferne in Erstaunen versetzt. Er band mich an sich, noch bevor wir uns gesehen hatten. Er sollte einer werden, für den ich bereit war, durchs Feuer zu gehen.
21
I CH HATTE NOCH KEINE genaue Vorstellung von ihm, aber er wurde schon damals The Special One genannt, und natürlich hatte ich viel von ihm gehört. Er sollte großspurig sein, und auf seinen Pressekonferenzen zog er eine Show ab und sagte exakt, was er dachte. Aber eigentlich wusste ich nichts und sagte mir: Er ist wahrscheinlich wie Capello, ein beinharter Leader, was mir recht sein soll. Ich mag diesen Stil. Doch ich irrte mich, zumindest teilweise. Mourinho ist Portugiese und liebt es, im Mittelpunkt zu stehen. Er manipuliert die Spieler wie kein anderer. Aber das sagt noch nichts.
Mourinho hat viel von Bobby Robson gelernt. Robson, der ehemalige Trainer der englischen Nationalmannschaft, trainierte damals Sporting Lissabon und benötigte einen Dolmetscher, und dieser Dolmetscher war Mourinho. Er war gut in Sprachen. Aber Robson fand bald heraus, dass der Junge auch andere Dinge konnte. Er hatte eine schnelle Auffassungsgabe und war ein guter Sparringspartner, wenn Ideen zu diskutieren waren. Eines Tages bat Bobby Robson ihn darum, einen Bericht über eine gegnerische Mannschaft zu schreiben. Ich habe keine Ahnung, was er sich davon erhoffte. Was kann man von einem Dolmetscher erwarten? Aber Mourinho lieferte offenbar eine erstklassige Analyse.
Robson war verblüfft. Hier war ein Junge, der nie auf hohem Niveau Fußball gespielt hatte, ihm aber dennoch
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