Ich bin Zlatan Ibrahimović
die ganze Bank war wütend: Verdammt, laufen und selbst ein Tor schießen, wenn Ibra in Position ist, und ich dachte, wenn es so ist, scheiß ich auf die Torjägerkanone. Besten Dank, Balotelli. Aber ich kam darüber hinweg.
Ich schoss im nächsten Spiel ein Tor, und vor dem letzten Spieltag war die Situation der reine Thriller. Ich und Marco Di Vaio hatten beide 23 Tore erzielt, und direkt dahinter lag Diego Milito aus Genua mit 22.
Es war der 31. Mai. Alle Zeitungen schrieben über den Kampf. Wer gewinnt? Es war heiß an jenem Tag, die Meisterschaft war entschieden. Wir hatten sie schon lange sicher. Dennoch lag eine große Anspannung in der Luft. Mit etwas Glück würde dies mein Abschied von der italienischen Liga sein. Ich hoffte es. Aber ich wusste es nicht. Doch unabhängig davon, ob dies meine Danke-und-Tschüss-Vorstellung würde oder nicht, wollte ich auf jeden Fall ein gutes Spiel machen und die Torschützenliga für mich entscheiden. Ich hatte keine Lust, mit einem Luschenspiel aufzuhören.
Doch das hing nicht allein von mir ab. Es gab ja noch Di Vaio und Milito, und sie spielten gleichzeitig. Di Vaios Bologna spielte gegen Catania, Militos Genua traf auf Lecce, und ich zweifelte nicht daran, dass die beiden bestimmt Tore schießen würden.
Ich musste ein Tor machen, doch auf Bestellung ist das gar nicht so einfach. Wenn du es zu verbissen versuchst, verkrampfst du. Jeder Torjäger weiß das. Du darfst nicht zu viel denken. Es ist eine Frage des Instinkts. Du musst einfach zuschlagen, und es war sofort spürbar, in unserem Spiel gegen Atalanta würde es auf und ab gehen. Schon nach wenigen Minuten stand es 1:1.
In der zwölften Minute spielte Esteban Cambiasso von unserer Strafraumgrenze einen langen Ball nach vorn, und ich stand etwa auf gleicher Höhe mit den Verteidigern. Aber dann sprintete ich los, ich war genau an der Grenze zum Abseits, und die Verteidigung kam nicht mit. Ich schoss wie ein Pfeil allein auf den Torwart zu. Aber der Ball hüpfte. Er sprang vor mir auf und hoppelte, und ich stieß ihn mit dem Knie vorwärts und war im Begriff, mit dem Torwart zu kollidieren. Aber genau vorher schoss ich mit dem Außenrist, einen Schuss nach rechts, und es wurde ein Tor, 2:1, und in diesem Augenblick war ich die Nummer eins in der Torjägerliste. Die Leute riefen es mir zu, und ich begann zu hoffen, vielleicht würde es reichen. Aber es passierten Dinge, was, wurde mir nicht richtig klar. Von der Seitenlinie rief man mir zu: »Milito und Di Vaio haben ein Tor geschossen«, etwas in der Art. Ich glaubte es nicht. Es hörte sich an wie etwas, dass die Jungs auf der Bank einfach so von sich gaben. So etwas kommt im Fußball häufig vor, Gerede, um anzuspornen oder zu ärgern, und ich spielte weiter. Ich schob alles von mir und dachte, dass ein Tor wohl reichen würde. Aber in den anderen Kämpfen war Dramatik pur.
Diego Milito lag auf dem dritten Platz der Torschützenliste. Er ist Argentinier und hatte eine krasse Torausbeute. Nur ein, zwei Wochen zuvor hatte er bei Inter unterschrieben. Wenn ich nicht wegkam, würden wir gemeinsam spielen. Aber jetzt gegen Lecce hatte er einen Lauf. In nur zehn Minuten hatte er zwei Tore geschossen und lag jetzt mit 24 Toren mit mir gleichauf. Jederzeit konnte ein drittes Tor von ihm kommen, es lag sozusagen in der Luft. Aber es war nicht nur Milito, auch Marco Di Vaio schoss ein Tor. Davon wusste ich nichts. Jetzt waren wir zu dritt an der Spitze, und so will man nicht gewinnen. Man will nicht teilen. Man will alleiniger Sieger sein, und obwohl ich es nicht sicher wusste, wurde mir nach und nach klar, dass ich noch ein Tor schießen musste. Es war an der Spannung zu spüren. Es war an den Mienen auf der Bank zu spüren, an dem Druck auf der Tribüne. Doch die Minuten vergingen, und nichts geschah. Es sah nach einem Unentschieden aus. Es stand 3:3, und es waren nur noch zehn Minuten zu spielen. Mourinho wechselte Hernán Crespo ein. Er brauchte frisches Blut.
Er wollte auf die Offensive setzen, und er fuchtelte mit den Armen, als wollte er sagen: Rückt auf, und macht Damp f ! Sollte mir die Torschützenkanone aus den Händen gleiten? Ich fürchtete es und zerriss mich. Ich schrie nach dem Ball. Aber viele waren müde. Es war ein enges Spiel gewesen. Aber Hernán Crespo hatte noch Reserven. Er dribbelte an der rechten Außenlinie, und ich lief Richtung Tor. Ich bekam ein langes Zuspiel, und es gab sogleich einen Kampf um den Ball. Ich drängte einen Mann zur
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