Ich bin Zlatan Ibrahimović
wurden: Was ist mit Ibra? Was passiert? Es war noch weit bis zur silly season , und wir hatten nichts Konkretes. Doch die Zeitungen spekulierten schon. Es ging um mich und Cristiano bei Manchester United. Würde Real einen von uns beiden kaufen? Und hatte man das Geld? Es waren ständig Gerüchte im Umlauf. So wurde beispielsweise spekuliert, dass Real einen Tauschhandel machen und seinen Star Gonzalo Higuaín gegen mich tauschen könnte.
Auf diese Weise würde der Klub nicht so viel bezahlen müssen. Higuaín würde ein Teil des Preises sein. Aber wie gesagt, das war nur Gerede, oder genauer gesagt: Nichts in den Medien ist ausschließlich Gerede. Es hat eine Wirkung, so falsch es auch sein mag, und viele wollten mich ein bisschen zurechtstutzen, nach dem Motto: Keiner ist größer als der Klub, und dergleichen, und Ibra ist undankbar und ein Verräter, und all das. Aber ich scherte mich nicht darum.
Ich legte noch eine Schippe drauf, und gegen Fiorentina schoss ich in der Nachspielzeit einen vollkommen unglaublichen Freistoß, der mit 109 km/h aus großer Distanz im Tor einschlug, und es sah danach aus, als könnten wir uns die Meisterschaft sichern, und wie schon gesagt, alles hing zusammen. Alles hatte zwei Seiten. Je besser ich war, desto aufgebrachter waren die Anhänger darüber, dass ich den Klub verlassen wollte, und vor dem Spiel gegen Lazio am 2. Mai 2009 war die Stimmung explosiv. Die Ultras hatten seinerzeit »Willkommen, Maximilian« geschrieben. Sie konnten Liebe zeigen. Aber sie konnten auch hassen, und nicht nur die gegnerische Mannschaft, sondern auch die eigenen Spieler, und ich spürte es schon beim Einlaufen, San Siro kochte.
Die ganze Woche hatte es in den Zeitungen gestanden, dass ich Italien den Rücken kehren und etwas Neues versuchen wollte. Keinem konnte es entgangen sein, und schon früh dribbelte ich mich im Strafraum fest. Ich kämpfte, konnte aber den Ball nicht abspielen, und in solchen Situationen pflegen die Anhänger zu applaudieren, als wollten sie sagen: Guter Versuch. Aber jetzt hörte ich von den Ultras Buhrufe und Pfiffe. Verdammt noch mal, wir rackern hier unten, wir führen die Liga an, und ihr kommt mit so was. Wer seid ihr? Ich wollte sie zum Schweigen bringen, hielt den Finger vor den Mund. Aber es wurde nicht besser, überhaupt nicht, und kurz vor der Halbzeit stand es noch immer 0:0, obwohl wir gut gedrückt hatten, und da buhten sie die ganze Mannschaft aus, und ich drehte durch, genauer gesagt, ich erhielt einen Adrenalinstoß.
Ich würde es ihnen zeigen, und wie ich schon gesagt habe, ich spiele besser, wenn ich wütend bin. Denkt daran, wenn ihr mich wütend seht, und macht euch keine Sorgen. Okay, ich kann was Dummes machen und mit Rot vom Platz fliegen. Aber meistens ist es ein gutes Zeichen. Meine ganze Karriere baut auf meinem Willen auf zurückzuschlagen, und in der zweiten Halbzeit landete der Ball ungefähr fünfzehn Meter vor dem Strafraum bei mir. Ich drehte mich, ich stürmte in den Strafraum. Ich machte eine Finte, und zwischen zwei Verteidigern schoss ich den Ball ins Tor. Es war ein Schuss aus schierer Wut, ein schönes Tor. Aber die Leute redeten nicht über das Tor.
Sie redeten über meine Geste, denn ich jubelte nicht. Ich lief rückwärts in unsere Hälfte zurück, das Gesicht den Ultras zugewandt, und die ganze Zeit hielt ich den Finger vor den Mund, wie um ihnen zu sagen: Haltet die Klappe. Hier ist meine Antwort auf eure Anfeindungen. Ich schieße Tore, ihr buht, und das wurde auf einmal das große Ereignis, über das die Leute sprachen nach diesem Spiel: Habt ihr gesehen? Habt ihr gesehen? Es war etwas völlig Neues.
Es war ein offener Konflikt zwischen den Fans und dem größten Star der Mannschaft, und drüben an der Seitenlinie stand Mourinho ohne eine einzige Geste des Triumphs. Wer hätte etwas anderes erwartet? Aber er hielt zu mir. Bescheuert, die eigene Mannschaft auszubuhen, und er zeigte mit dem Finger an den Kopf: Ihr seid ja blöd da oben auf den Rängen. Wenn die Atmosphäre vorher schon angespannt gewesen war, so wurde es jetzt noch schlimmer. Es war wie ein dumpfes Grollen im Stadion. Aber ich spielte weiter gut. Mich trieb der schiere Zorn an, und ich leistete die Vorarbeit zum 2:0. Ich dominierte und war froh, als der Schiedsrichter abpfiff. Aber damit war es nicht zu Ende, im Gegenteil. Als ich vom Platz ging, hörte ich, dass die Anführer der Ultras in der Kabine auf mich warteten. Ich habe keine Ahnung, wie sie dort
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