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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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aus, Christine. Ich wollte dich auf der Stelle küssen, aber das ging natürlich nicht, und damit du nicht dachtest, ich wäre nur deshalb über die Straße gelaufen, um dir zu helfen, bin ich mit ins Café und hab mich hinter dich in die Schlange an der Theke gestellt. Du hast mich angesprochen, während wir gewartet haben. ›Ganz schön viel los heute, was?‹, hast du gesagt, und ich hab gesagt: ›Ja‹, obwohl für die Tageszeit eigentlich nicht besonders viel los war. Ich wollte einfach nur weiter mit dir reden. Ich hab mir einen Tee bestellt und denselben Kuchen wie du, und ich hatte vor, dich zu fragen, ob ich mich zu dir setzen kann, aber als ich meine Bestellung bekam, warst du schon mit jemand anderem ins Gespräch gekommen, mit einem von den Besitzern des Cafés, glaube ich, also hab ich mich an einen Tisch in der Ecke gesetzt.
    Von da an bin ich fast jeden Tag in das Café gegangen. Es fällt einem leichter, Dinge zu tun, die man schon mal gemacht hat. Manchmal habe ich gewartet, bis du kamst, oder aber mich vergewissert, dass du schon da warst, ehe ich reinging, aber manchmal bin ich einfach so reingegangen. Und du hast mich bemerkt, das weiß ich genau. Du hast angefangen, hallo zu mir zu sagen, oder du hast irgendeine Bemerkung über das Wetter gemacht. Und dann, als ich mal auf der Arbeit aufgehalten worden war, hast du tatsächlich gesagt: ›Sie sind heute aber spät dran!‹, als ich mit meinem Tee und Kuchen an dir vorbeiging, und als du gesehen hast, dass kein Tisch mehr frei war, hast du gesagt: ›Setzen Sie sich doch zu mir‹, und hast auf den Stuhl an deinem Tisch gezeigt, dir gegenüber. Das Kind hattest du an dem Tag nicht dabei, und ich hab gesagt: ›Stör ich Sie denn nicht?‹, und dann hab ich mich geärgert, weil ich das gesagt hatte, und ich hatte Angst, du könntest sagen, dass ich dich eigentlich, bei genauem Nachdenken, doch stören würde. Aber stattdessen hast du gesagt: ›Nein! Überhaupt nicht! Ehrlich gesagt, läuft es gerade ohnehin nicht besonders. Ein bisschen Ablenkung täte mir ganz gut!‹, und da wusste ich, dass du Lust hattest, mit mir zu reden, und mir nicht bloß einen Platz anbieten wolltest, damit ich schweigend meinen Tee trinke und meinen Kuchen esse. Erinnerst du dich?«
    Ich schüttele den Kopf. Ich habe beschlossen, ihn reden zu lassen. Ich will alles erfahren, was er zu sagen hat.
    »Also hab ich mich zu dir gesetzt, und wir haben uns unterhalten. Du hast mir erzählt, du seist Schriftstellerin. Du hast gesagt, du hättest schon ein Buch veröffentlicht und würdest an deinem zweiten schreiben, hättest aber einige Probleme damit. Ich hab gefragt, wovon es handelt, aber du wolltest es mir nicht verraten. ›Es ist ein Roman‹, hast du gesagt, und dann nachgeschoben, ›soll es zumindest sein‹, und dann hast du plötzlich sehr traurig ausgesehen, also hab ich dich zu einem weiteren Kaffee eingeladen. Du hast gesagt, das wäre sehr nett, aber du könntest dich dann nicht revanchieren, weil du kein Geld dabei hättest. ›Ich nehme mein Portemonnaie nie mit, wenn ich hierherkomme‹, hast du gesagt. ›Ich stecke immer nur gerade genug Geld ein, um mir einen Kaffee und was zu essen zu kaufen. So gerate ich nicht in Versuchung, über die Stränge zu schlagen!‹ Ich fand das merkwürdig. Du sahst nicht so aus, als müsstest du dir wegen deiner Figur Gedanken machen. Du warst immer gertenschlank. Jedenfalls, ich hab mich gefreut, weil das hieß, dass es dir Spaß machte, mit mir zu reden, und weil wir beim nächsten Mal bestimmt wieder ins Gespräch kommen würden, wenn du meintest, dich revanchieren zu müssen. Ich hab gesagt, dass ich wirklich keine Gegeneinladung erwarten würde, und hab noch was für uns bestellt. Von da an haben wir uns ziemlich regelmäßig getroffen.«
    Langsam kann ich mir ein Bild machen. Ich habe zwar keine Erinnerung, aber irgendwie weiß ich, wie so etwas abläuft. Die zwanglose Begegnung, gegenseitige Einladung zum Kaffee. Der Reiz, mit einem Fremden zu sprechen – sich ihm anzuvertrauen –, jemandem, der nicht urteilt oder Partei ergreift, weil er es nicht kann. Die allmählich wachsenden Vertraulichkeiten und dann … was?
    Ich habe die Fotos von uns beiden gesehen, die vor Jahren aufgenommen wurden. Wir sehen glücklich aus. Es ist offensichtlich, wohin die Vertraulichkeiten geführt haben. Und er war attraktiv. Nicht filmstarmäßig attraktiv, aber besser aussehend als die meisten; es ist nicht schwer zu sehen, was

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