Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
Vom Netzwerk:
ich an ihm anziehend fand. Irgendwann muss ich angefangen haben, nervöse Blicke zur Tür zu werfen, während ich an meinem angestammten Tisch zu arbeiten versuchte, mir genauer überlegt haben, was ich anziehe, wenn ich ins Café ging, ob ich einen Spritzer Parfüm auflegen sollte. Und eines Tages muss einer von uns vorgeschlagen haben, einen Spaziergang zu machen oder in eine Bar zu gehen oder ins Kino, und unsere Bekanntschaft rutschte über eine Grenze, in etwas anderes hinein, etwas, das unendlich gefährlicher war.
    Ich schließe die Augen und versuche, es mir vorzustellen, und auf einmal fange ich an, mich zu erinnern. Wir zwei, im Bett, nackt. Sperma, das auf meinem Bauch trocknet, in meinem Haar, ich, wie ich mich zu ihm drehe, während er anfängt zu lachen und mich wieder zu küssen. »Mike!«, sage ich. »Lass das! Du musst jetzt gehen. Ben kommt heute wieder nach Hause, und ich muss Adam abholen!« Aber er achtet nicht auf mich. Stattdessen drückt er sein schnurrbärtiges Gesicht an meines, und wir küssen uns wieder, vergessen alles andere, meinen Mann, mein Kind. Mir dreht sich der Magen um, als ich begreife, dass ich schon einmal eine Erinnerung an diesen Tag hatte. An dem Tag, als ich in der Küche des Hauses stand, in dem ich früher mit meinem Ehemann gelebt hatte. Ich hatte mich nicht an meinen Mann erinnert, sondern an meinen Liebhaber. Den Mann, mit dem ich ins Bett ging, während mein Ehemann arbeitete. Deshalb musste er an dem Tag weg. Nicht nur, um einen Zug zu erwischen – sondern auch, weil der Mann, mit dem ich verheiratet war, nach Hause kommen würde.
    Ich öffne die Augen. Ich bin wieder in dem Hotelzimmer, und er sitzt noch immer vor mir.
    »Mike«, sage ich. »Du heißt Mike.«
    »Du erinnerst dich!«, sagt er. Er freut sich. »Chris! Du erinnerst dich!«
    Hass sprudelt in mir hoch. »Ich erinnere mich an deinen Namen«, sage ich. »An mehr nicht. Bloß an deinen Namen.«
    »Erinnerst du dich nicht daran, wie sehr wir uns geliebt haben?«
    »Nein«, sage ich. »Ich glaube nicht, dass ich dich mal geliebt haben kann, sonst würde ich mich bestimmt an mehr erinnern.«
    Ich sage das, um ihm weh zu tun, doch seine Reaktion überrascht mich. »Du erinnerst dich auch nicht an Ben, oder? Dann kannst du ihn ja nicht geliebt haben. Und auch Adam nicht.«
    »Du bist widerlich«, sage ich. »Was fällt dir ein, verdammt nochmal? Natürlich habe ich ihn geliebt! Er war mein Sohn!«
    »Ist. Er ist dein Sohn. Aber du würdest ihn nicht erkennen, wenn er jetzt zu Tür hereinkäme. Oder? Nennst du das Liebe? Und wo ist er? Und wo ist Ben? Sie haben dich im Stich gelassen, Christine. Beide. Ich bin der Einzige, der nie aufgehört hat, dich zu lieben. Nicht mal, als du mich verlassen hast.«
    Mit einem Mal fällt es mir wie Schuppen von den Augen, endlich. Wie sonst hätte er von diesem Zimmer, von so vielem aus meiner Vergangenheit wissen können?
    »Mein Gott«, sage ich. »Du warst es! Du warst es, der mir das angetan hat! Du hast mich angegriffen!«
    Sofort kommt er ganz nah zu mir. Er legt die Arme um mich, als wollte er mich umarmen, und fängt an, mir übers Haar zu streichen. »Christine, Schatz«, murmelt er, »sag das nicht. Denk nicht daran. Das regt dich nur auf.«
    Ich will ihn wegstoßen, doch er ist stark. Er umschlingt mich fester.
    »Lass mich los!«, sage ich. »Bitte lass mich los!« Meine Worte werden durch den Stoff seines Hemdes erstickt.
    »Liebste«, sagt er. Er hat angefangen, mich zu wiegen, als würde er ein Baby beruhigen. »Meine Liebste. Meine Süße, mein Schatz. Du hättest mich nie verlassen sollen. Verstehst du das nicht? Das alles wäre nie passiert, wenn du nicht gegangen wärst.«
     
    Die Erinnerung kommt zurück: Wir sitzen in einem Auto, nachts. Ich weine, und er starrt zum Fenster hinaus, völlig verstummt. »Sag was«, sage ich. »Irgendwas. Mike?«
    »Das ist nicht dein Ernst«, sagt er. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
    »Es tut mir leid. Ich liebe Ben. Wir haben unsere Probleme, ja, aber ich liebe ihn. Er ist der Mensch, mit dem ich zusammen sein will. Es tut mir leid.«
    Mir ist bewusst, dass ich versuche, die Dinge klar und einfach zu halten, damit er es versteht. Ich habe in den letzten paar Monaten mit Mike festgestellt, dass es so besser ist. Komplizierte Dinge verwirren ihn. Er mag Ordnung. Gewohntes. Präzise Mischungsverhältnisse mit kalkulierbaren Ergebnissen. Außerdem will ich mich nicht in Details verzetteln.
    »Du sagst das, weil ich zu

Weitere Kostenlose Bücher