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Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Titel: Ich. Darf. Nicht. Schlafen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. J. Watson
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versprochen.«
    »Ich weiß nicht«, sage ich.
    »Komm schon! Das wird lustig!«
    Ich lache und nehme den Joint wieder, inhaliere tief, als wollte ich beweisen, dass ich nicht langweilig bin. Wir haben uns gegenseitig versprochen, niemals langweilig zu werden.
    »Eher nicht«, sage ich. »Ist nicht mein Geschmack. Ich glaube, ich bleib lieber hierbei. Und bei Bier. Okay?«
    »Meinetwegen«, sagt sie und blickt wieder über das Geländer. Ich merke ihr an, dass sie enttäuscht, aber nicht sauer auf mich ist, und ich frage mich, ob sie’s trotzdem machen wird. Ohne mich.
    Ich glaube nicht. Ich habe noch nie eine Freundin wie sie gehabt. Eine, die alles über mich weiß, der ich vertraue, manchmal mehr, als ich mir selbst vertraue. Ich sehe sie jetzt an, ihr rotes windgepeitschtes Haar, die Spitze des Joints rotglühend im Dunkeln. Ist sie zufrieden damit, wie sich ihr Leben entwickelt? Oder ist es noch zu früh, um das sagen zu können?«
    »Sieh mal!«, sagt sie und zeigt in die Richtung, wo ein Römisches Licht explodiert ist und die Bäume vor seinem roten Schein als Silhouetten beleuchtet. »Verdammt schön, oder?«
    Ich lache, stimme ihr zu, und dann bleiben wir noch ein Weilchen so stehen, lassen den Joint zwischen uns hin und her wandern. Schließlich hält sie mir den letzten aufgeweichten Stummel hin, und als ich ablehne, zertritt sie ihn mit der Stiefelspitze im Kies.
    »Komm, wir gehen wieder runter«, sagt sie und nimmt meinen Arm. »Da ist einer, den ich dir vorstellen möchte.«
    »Nicht schon wieder!«, sage ich, gehe aber trotzdem mit. Wir steigen über ein knutschendes Pärchen auf der Treppe. »Doch hoffentlich nicht schon wieder einer von diesen Deppen aus deinem Seminar, oder?«
    »Leck mich!«, sagt sie und trabt die Stufen hinunter. »Ich dachte, Alan würde dir gefallen!«
    »Hat er auch«, sage ich. »Bis zu dem Moment, als er mir gesagt hat, er wäre in einen Typen namens Kristian verknallt.«
    »Ach, na ja«, sagt sie lachend. »Wie hätte ich denn ahnen können, dass Alan sich ausgerechnet dich für sein Coming-out ausguckt? Aber der heute ist anders. Der wird dir gefallen. Das weiß ich. Sag einfach hallo. Ganz ohne Druck.«
    »Okay«, sage ich. Ich schiebe die Tür auf, und wir stürzen uns ins Partygewühl.
    Der Raum ist groß, mit Betonwänden und nackten Glühbirnen, die von der Decke hängen. Wir kämpfen uns in den Küchenbereich durch und holen uns ein Bier, dann suchen wir uns ein Plätzchen am Fenster. »Na?«, sage ich. »Wo ist denn der Typ?« Aber sie hört mich nicht. Ich fühle mich angedröhnt vom Alkohol und dem Gras und fange an zu tanzen. Der Raum ist voller Menschen, die meisten davon schwarz gekleidet.
Scheiß Kunststudenten
, denke ich.
    Jemand kommt rüber und bleibt vor uns stehen. Ich erkenne ihn. Keith. Wir sind uns schon mal begegnet, auf einer anderen Party, auf der wir dann irgendwann in einem der Schlafzimmer gelandet sind und rumgemacht haben. Jetzt jedoch redet er mit meiner Freundin, zeigt auf eines ihrer Gemälde, das an der Wand im Wohnzimmer hängt. Ich frage mich, ob er beschlossen hat, mich zu ignorieren, oder nicht mehr weiß, dass wir uns kennen. Wie auch immer, er ist ein Idiot, denke ich. Ich trinke mein Bier aus.
    »Willst du noch eins?«, frage ich.
    »Klar«, sagt meine Freundin. »Holst du für uns Nachschub, während ich mich mit Keith unterhalte? Und dann stell ich dich dem Typen vor, von dem ich gesprochen hab. Okay?«
    Ich lache. »Okay. Wie du meinst.« Ich ziehe ab, Richtung Küche.
    Dann eine Stimme. Laut in meinem Ohr. »Christine! Chris! Alles in Ordnung?« Ich war verwirrt. Die Stimme kam mir bekannt vor. Ich öffnete die Augen. Mit einem Ruck wurde mir klar, dass ich im Freien war, in der Abendluft, auf dem Parliament Hill, dass Ben meinen Namen rief und vor mir ein Feuerwerk den Himmel blutrot färbte. »Du hattest die Augen zu«, sagte er. »Was ist los? Hast du was?«
    »Nein«, sagte ich. Mir drehte sich alles, ich konnte kaum atmen. Ich wandte mich von meinem Mann weg, tat so, als würde ich mir den Schluss des Feuerwerks anschauen. »Tut mir leid. Es ist nichts. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung.«
    »Du zitterst ja«, sagte er. »Ist dir kalt? Willst du nach Hause?«
    Ich merkte, dass ich tatsächlich fror. Dass ich nach Hause wollte. Um aufzuschreiben, was ich gerade gesehen hatte.
    »Ja«, sagte ich. »Wenn es dir recht ist?«
     
    Auf dem Nachhauseweg dachte ich wieder an die Vision, die ich während des Feuerwerks gehabt

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