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Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice LaPlante
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keine Angst haben. Wir könnten jederzeit nach Hause gehen, wir sollten ihnen nur zuerst eine Chance geben. Offen sein für neue Erfahrungen.
    Da bin ich aufgestanden und aus dem Zimmer gegangen. Ich bin nicht gerannt, ich hatte keine Eile, ich bin einfach nur aus dem Haus gegangen und die lange Einfahrt runter bis zur Straße. Erstaunlicherweise ist mir niemand gefolgt.
    Später, als ich vielleicht einen knappen Kilometer hinter mir hatte, merkte ich, dass meine Hände zu Fäusten geballt waren. Ich ging weiter, es war stockdunkel, und ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand, aber ich wollte irgendwie das nächste Haus erreichen und die Polizei anrufen. Und dann tauchten zwei Scheinwerfer auf. Ich reckte den Daumen. Ein Pick-up mit zwei Sechzehnjährigen aus Ben Lomond hielt an.
    Der eine hatte einen Tag zuvor seinen Führerschein gemacht, und sie waren beide tierisch aufgeregt. Sie waren unterwegs nach Santa Cruz, um sich zur Feier des Tages volllaufen und tätowieren zu lassen.
    Ich sagte, Ich bin dabei!, und stieg ein. Ich hätte vor dem nächsten Morgen sowieso keinen Bus zurück nach Palo Alto bekommen.
    Nachdem wir in einer Campus-Kneipe ein paar Tequilas getrunken hatten, sind wir irgendwie auf der Ocean Street in einem Tattoo-Laden gelandet, der rund um die Uhr geöffnet hatte. Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und sagte zu dem Typen: Mach mir das größte, gemeinste Tattoo, das du auf Lager hast.
    Also hat er sich an die Arbeit gemacht. Er hat die ganze Nacht gebraucht. Er hat die ganze Zeit irgendwelche Pillen eingeworfen, um wach zu bleiben, was mich hätte beunruhigen sollen, aber das tat es nicht. Die Schmerzen waren fast unerträglich, doch der viele Alkohol half, und als ich nach Hause kam und die Schlange sah, fand ich, dass sie die ganzen Schmerzen wert gewesen war.
    In der Woche bestand ich mit vor Schmerzen pochendem Arm meine Abschlussprüfungen mit Bestnoten und flog mit dem letzten Nachtflugzeug nach Chicago. Nach einem Blick auf meinen Arm hast du mir Antibiotika verabreicht, aber du hast nie ein Wort zu meiner Schlange gesagt. Ob sie dir gefiel oder nicht. Bis du krank geworden bist.
    Da hast du angefangen, mir Komplimente zu meiner Tätowierung zu machen. Hast mir geraten, sie nicht zu verstecken. Hast mich ermutigt, ärmellose Tops zu tragen. Ich glaube, inzwischen bist du genauso stolz darauf wie ich. Unser gemeinsames Motto: Trampel nicht auf mir herum.
    A us meinem Notizheft. Meine Handschrift:
    Heute waren zwei Männer und eine Frau hier. Detectives. Ich muss es aufschreiben, sagt Magdalena, muss einen klaren Kopf bewahren. Wissen, was ich gesagt habe. Klar denken.
    Die Männer waren plump, schwerfällig und saßen unbeholfen auf meinen Küchenstühlen. Die Frau war genauso wie die Männer: grobschlächtig, aber mit einem intelligenten, wachen Gesicht. Die beiden Männer hatten Respekt vor ihr. Sie hat hauptsächlich zugehört und nur hin und wieder eine Bemerkung eingeworfen. Die Männer haben mir abwechselnd Fragen gestellt.
    Erzählen Sie uns von Ihrem Verhältnis zu der Verstorbenen.
    Welche Verstorbene? Wer ist denn gestorben?
    Amanda O’Toole. Es heißt, Sie hätten ihr sehr nahegestanden.
    Amanda? Tot? Unsinn. Sie war heute Morgen noch hier, voller Pläne für eine Petition gegen Hundegebell. Sie will, dass so was bestraft wird.
    Lassen Sie mich die Frage anders formulieren. Wie stehen Sie zu Mrs O’Toole?
    Sie ist meine Freundin.
    Aber einer Ihrer Nachbarn – der Mann warf einen Blick in sein Notizheft– hat ausgesagt, Sie hätten am fünfzehnten Februar einen heftigen Streit gehabt. Am Tag nach dem Valentinstag. Gegen vierzehn Uhr. Im Haus von Mrs O’Toole.
    Magdalena schaltete sich ein. Die beiden haben sich immer gestritten. Gerade weil sie sich so nahegestanden haben. Wie Schwestern. Sie wissen ja, wie das unter Geschwistern läuft.
    Bitte, Ma’am. Lassen Sie Dr. White antworten. Um was ging es bei diesem speziellen Streit?
    Welcher Streit?, frage ich. Es ist ein schlechter Tag, ich kann mich nicht konzentrieren. Heute Morgen hat Magdalena mir am Waschbecken einen rot-weißen Stab in die Hand gedrückt. Zahnbürste, sagte sie, aber das ergab für mich keinen Sinn. Ich weiß nur noch, wie ich einige Zeit später am Küchentisch saß, vor mir ein halb aufgegessenes Stück Butter. Dann bin ich noch einmal kurz weggetreten. Als ich wieder

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