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Ich darf nicht vergessen

Ich darf nicht vergessen

Titel: Ich darf nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice LaPlante
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hier ist ein Strohhalm. So ist es gut. Strengen Sie sich nicht an, ich halte das Glas.
    Ich…
    Ja?
    â€¦habe Angst.
    Ja.
    Was passiert jetzt?
    Man wird Sie untersuchen. Man wird Sie für nicht schuldfähig erklären. Der Richter wird das Verfahren einstellen unter der Bedingung, dass Sie in einer staatlichen Psychiatrie-Einrichtung untergebracht werden. Und dort werden Sie wahrscheinlich bis zu Ihrem Lebensende bleiben.
    Was sind die Alternativen?
    Ihr Gesicht wird deutlicher. Sie ist gar kein Zombie. Ein unscheinbares, hundeartiges Gesicht. Ein Gesicht, auf das man sich verlassen kann.
    Binden Sie mich los?
    Ich glaube, ja. Ich glaube, Sie sind ruhig genug. So – dann spüre ich, wie der Druck an meinen Armen und Beinen nachlässt. Ich setze mich im Bett auf und trinke noch einen Schluck Wasser. Spüre, wie das Blut in mir wieder zu fließen beginnt.
    Ja. Meine Krankheit wird schlimmer.
    Und sie wird noch schlimmer werden.
    Die Frau schweigt eine Weile. Dann: Ich möchte wissen, warum Amanda gestorben ist.
    Ich glaube, ich könnte. Töten. Ich habe es in mir.
    Ja. Viele Menschen haben es in sich. Ich träume immer wieder, ich hätte meine Schwester getötet. Ich schäme mich in Grund und Boden. Und ich habe Angst. Nicht vor der Strafe. Davor, dass die Leute erfahren, was für ein Mensch ich bin. Ich glaube, deswegen bin ich Polizistin geworden. Als könnten die Insignien des Guten mich vor diesem Alptraum schützen.
    Ich halte inne und versuche, den Frosch in meinem Hals wegzubekommen. Das Sprechen fällt mir schwer.
    Das Messer in meiner Hand hat sich immer richtig angefühlt. Der erste Schnitt, um in den Körper einzudringen, in diesen Spielplatz unter dem Fleisch. Aber es gab klare Richtlinien. Man musste sich an sie halten. Im Rahmen bleiben.
    Die Frau steht auf, streckt sich, setzt sich wieder.
    Jennifer, ich möchte, dass Sie mir helfen.
    Wie?
    Sie wissen etwas. Ich möchte, dass Sie es versuchen. Sie nimmt mir die Plastiktüte ab, hält sie hoch. Kennen Sie das? Ein St. Christophorus-Medaillon. Mit Ihren Initialen auf der Rückseite. Können Sie sich vorstellen, warum Amandas Blut daran klebt?
    Nein.
    Haben Sie das Medaillon getragen?
    Manchmal. Als Souvenir. Als Talisman.
    Können Sie sich vorstellen, wer Amanda getötet haben könnte?
    Ich habe so meine Ideen.
    Die Frau beugt sich vor.
    Schützen Sie jemanden? Jennifer, sehen Sie mich an.
    Nein. Nein. So ist es besser.
    Die Frau öffnet den Mund, um etwas zu sagen, dann schaut sie mich durchdringend an. Was sie in meinem Gesicht sieht, scheint sie von irgendetwas zu überzeugen. Sie tätschelt mir die Hand, ehe sie geht.
    I ch sitze im großen Raum. Obwohl alle möglichen anderen Heimbewohner in Grüppchen herumsitzen, bin ich allein. Ich will in Ruhe gelassen werden. Ich muss über vieles nachdenken. Vieles planen.
    Die Tür zur Außenwelt summt, und eine Frau kommt herein. Groß, das braune Haar modisch kinnlang geschnitten, in der Hand eine Aktentasche aus glattem Leder. Sie kommt direkt auf mich zu, streckt mir ihre Hand entgegen, die ich schütteln soll. Jennifer, sagt sie.
    Kenne ich Sie?, frage ich.
    Ich bin Ihre Anwältin, sagt sie.
    Geht es um unsere Testamente?, frage ich. James und ich haben sie gerade neu geschrieben. Sie liegen im Safe.
    Nein, sagt sie. Es geht nicht um Ihr Testament. Können wir uns hierhersetzen? Schön. Kommen Sie, ich helfe Ihnen. Das ist viel besser.
    Hund kommt angetrabt, lässt sich zu meinen Füßen nieder.
    Wie niedlich. Sehen Sie nur, wie er Sie mag. Sie macht es sich in ihrem Sessel bequem, legt sich die Aktentasche auf den Schoß, klappt sie auf. Diesmal bin ich nicht zum Vergnügen hier. Es geht darum, dass Sie im Zusammenhang mit polizeilichen Ermittlungen eine sogenannte Person von Interesse sind. Ich habe schlechte Nachrichten. Die Staatsanwaltschaft wird Anklage gegen Sie erheben. In gewisser Hinsicht ist das allerdings nur eine Formalität. Man wird Sie einer Untersuchung unterziehen und für schuldunfähig erklären.
    Nichts von dem, was sie sagt, ergibt einen Sinn, aber sie macht ein ernstes Gesicht, also setze ich auch eine ernste Miene auf.
    Die schlechte Nachricht ist, dass Sie danach nicht mehr hierbleiben können. Man wird Sie in eine staatliche Psychiatrie-Einrichtung einweisen. Ich versuche zu erreichen, dass Sie im Eglin Mental Health Center hier in der Stadt untergebracht werden.

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