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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
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niemand in den Logen Wasser zu bestellen pflegte, mussten entweder Rumpunsch oder Champagner genügen. Jessica entschied sich für das weniger berauschende Getränk, tauchte ihr Taschentuch in das Glas, das Lady Helen ihr hinhielt, und befeuchtete Felicitys Lippen. Zur ihrer Erleichterung kehrte daraufhin die Farbe in die wachsbleichen Wangen zurück, und die Freundin schien sich zu erholen.
    „Daran ist nur dieser Schweinehund Hazlett schuld!“, schnaubte Sir Philip Henderson entrüstet. Er lehnte sich vor und tätschelte Felicity ein wenig ungeschickt die Schulter. „Der Anblick seines hässlichen Gesichts würde reichen, um selbst dem unverwüstlichsten Magen zuzusetzen.“
    Felicity neigte den Kopf. „Sein Anblick hat mich tatsächlich schockiert“, räumte sie zögernd ein, dann erhob sie sich – unter Aufbietung ihrer gesamten Selbstbeherrschung, wie es schien – und fragte betont munter: „Was halten Sie von einem kurzen Spaziergang durch den Park, bevor das Feuerwerk beginnt? Wir haben die ganze Zeit gesessen, und ein bisschen Bewegung wird uns sicher richtig guttun.“
    „Sind Sie sicher, dass Sie sich dazu in der Lage fühlen, Felicity?“, fragte Jessica einigermaßen verblüfft über die plötzliche Unternehmungslust ihrer Freundin. Doch statt zu antworten, wandte Felicity den Blick in eine andere Richtung, legte Mr. Pevensey ihre Hand in die dargebotene Armbeuge und verließ die Loge, ohne zu antworten.
    Jessica blieb verunsichert zurück. Es kann doch nicht unschicklich sein, jemanden nach seinem Wohlbefinden zu fragen, sagte sie sich und schüttelte verwundert den Kopf. Wäre da nicht die schmerzliche Enttäuschung über Benedicts Nichterscheinen gewesen, hätte sie die Aussicht, nach Thornfield zurückzukehren, in diesem Moment als Erleichterung empfunden, denn dort war sie wenigstens den unberechenbaren Launen von Miss Draycott und ihren langweiligen Freunden nicht ausgeliefert.
    Als sie bemerkte, dass der Ehrenwerte Walter Allardyce geduldig darauf wartete, ihr die Stufen aus der Loge hinabzuhelfen, hakte sie sich bei ihm unter und ließ sich von ihm durch das dichte Gedränge führen, um zu den anderen drei Paaren aufzuschließen.
    „Wer war der Gentleman, der Miss Draycott belästigt hat?“, fragte sie, sobald er seine Lobeshymnen auf die Gasbeleuchtung, die den unzuverlässigen Öllaternen so überlegen war, lange genug unterbrach, um Luft zu holen. „Sie schien ziemlich verärgert über sein Erscheinen.“
    „Übles Subjekt, dieser Hazlett“, antwortete Allardyce merklich gereizt. „Der Kerl hat kein Recht, sie so dreist anzusprechen. Lehnt sich einfach über die Brüstung und redet mit ihr! Ich war kurz davor, ihn zu fordern.“
    „Aber wer ist er?“, beharrte Jessica. Sie hatte über Felicitys merkwürdiges Verhalten nachgedacht, und ein innerer Spürsinn sagte ihr, dass die tödliche Blässe der Freundin nicht das Ergebnis einer bloßen Kränkung durch einen dahergelaufenen Unruhestifter sein konnte, genauso wenig wie der zutiefst entsetzte Ausdruck in ihren Augen. Irgendetwas war rätselhaft an der Sache.
    „Niemand, mit dem unsereiner sich abgeben sollte“, erwiderte Mr. Allardyce ausweichend. „Das Beste ist, Sie zerbrechen sich Ihren hübschen Kopf nicht über ihn. Aber ich will verdam…“, fuhr er verblüfft fort, um sogleich hinzuzusetzen: „Bitte vergeben Sie mir den Kraftausdruck, Miss Beresford.“
    „Stimmt irgendetwas nicht, Sir?“ Jessica verbiss sich ein Lächeln. Als hätte ich nicht schon schlimmere Schimpfworte gehört als diese harmlose Verwünschung, die er obendrein unterdrückt hat, dachte sie belustigt.
    „Alles in Ordnung, meine Liebe“, kam Walter Allardyce’ rasche Antwort. „Ich war nur überrascht, dass wir ausgerechnet diesen Weg nehmen, mehr nicht.“
    Jessica hatte ihrer Umgebung wenig Aufmerksamkeit geschenkt, doch als sie nun bemerkte, dass sie sich auf einem der berüchtigten dunklen Seitenwege des Parks befanden, wurde sie stutzig. Sogar Matt hatte, wie sie sich nun erinnerte, Imogens neckender Bitte widerstanden, einen dieser kaum beleuchteten Pfade zu erkunden, seine Gattin lachend auf den Hauptweg zurückgeführt und vorgegeben, schockiert zu sein über ihr unziemliches Interesse an Orten, an denen sich, wie selbst wohlerzogene Damen wussten, unmoralische Dinge abspielten.
    Sie sagte sich, dass ihr mit Walter Allardyce an ihrer Seite und den anderen drei Paaren vor ihnen nicht bange sein müsse, und hakte sich ein wenig fester
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