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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica
Autoren: DOROTHY ELBURY
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das Innere des Gebäudes den Elementen schutzlos ausgesetzt war. Es gab, wie er schnell feststellte, kaum einen Platz in dem feuchten, modrigen Schuppen, der sich geeignet hätte, das unersetzliche Schriftstück zu verbergen. Nachdem er dennoch alles gründlich durchgekämmt hatte und schon beinahe so weit war, seine Niederlage einzugestehen, fiel sein Blick auf die kleine Flussinsel mitten im Brent. Kaum mehr als ein grasbewachsener Erdhügel mit ein paar Trauerweiden darauf, hatte sie ihm und Theo als Kindern so manch herrliches Abenteuerspiel ermöglicht.
    Zweifelnd besah Benedict sich den verrotteten Kahn am Vertäuungsposten. Er wirkte alles andere als fahrtüchtig. Andererseits, so dachte er, war Theo auch darin hinübergerudert, wenn er das winzige Eiland tatsächlich als Versteck gewählt hatte.
    Mit einem erschöpften Seufzen erkannte Benedict, dass ihm keine Wahl blieb. Er zog seinen Rock aus, rollte die Hemdsärmel hoch und stieg in das lecke Boot. Als er die Leine gelöst hatte, kreuzte er im Geist die Finger und begann zu rudern.
    Zu seiner unendlichen Erleichterung und ungeachtet der sich ständig vergrößernden Wassermenge zu seinen Füßen erreichte er sein Ziel, ohne ein unfreiwilliges Bad genommen zu haben. Er vertäute den Nachen an einer der knorrigen Wurzeln der Trauerweiden, und ein flüchtiges Lächeln erhellte seine Züge. Nun, da er nach Jahren wieder auf der kleinen Insel stand, brachen die Erinnerungen an belagerte Ritter und marodierende Piraten, die er und Theo zusammen mit einigen ihrer Schulfreunde auf diesem kaum vierzig Fuß breiten Flecken Land gespielt hatten, über ihn herein. Als er sich jedoch seinen Weg zwischen den lang herunterhängenden Weidenzweigen hindurchbahnte und nach irgendeinem Zeichen suchte, das sein Bruder für ihn hinterlassen haben könnte, wurde ihm rasch klar, dass die Insel keinerlei Möglichkeit bot, etwas zu verstecken, ganz zu schweigen von einem wertvollen Stück Papier.
    Mutlos kehrte er zu seinem Boot zurück. Mit einer rostigen Blechtasse, die er auf der kleinen Wiese in der Mitte des Eilands gefunden hatte, begann er das Wasser herauszuschöpfen, das sich am Boden gesammelt hatte, als plötzlich ein sachtes, rhythmisches Klirren an seine Ohren drang, das er nicht einzuordnen vermochte, das jedoch von irgendwoher am Ufer zu kommen schien. Sofort machte er sich auf die Suche nach der Quelle des Geräuschs.
    Als er die Stelle schließlich erreichte, zuckte ein amüsiertes Lächeln um seine Mundwinkel. Mit einer Kordel an einer Weidenwurzel befestigt, tänzelte eine alte Weinflasche auf den leise ans Ufer schlagenden Wellen. Dem Schmutz und den Algen nach zu urteilen, die sich auf dem Glas festgesetzt hatten, musste sie sich seit Jahren dort befinden. Benedict dachte an die Vorräte an Süßigkeiten und Obst, die sie als Jungen mit auf die Insel geschleppt hatten, und an die Flaschen mit sprudelnder Limonade, die sie im Fluss versenkt hatten, damit sie kühl blieben. Er bückte sich, band die Kordel los und nahm die alte Flasche aus dem Wasser. Nachdem er den Korken herausgezogen hatte, schüttelte er sie, neugierig, ob der Inhalt nach so langer Zeit noch immer den Flaschenhals hochschäumte, wie er es damals getan hatte.
    Zu seiner Überraschung ertönte ein trockenes Rasseln. Plötzlich hellwach, drehte er die Flasche kopfüber und hielt die Hand darunter. Eine Kaskade Kieselsteinchen kullerte heraus, gefolgt von der Spitze einer dünnen Rolle Ölpapier. Mit angehaltenem Atem nahm Benedict das Ende vorsichtig zwischen seine Fingerspitzen und zog die Rolle heraus.
    Obwohl er unendlich erleichtert war, das Dokument gefunden zu haben und seine Aufregung kaum zu beherrschen vermochte, verzichtete er darauf, es aus seiner Hülle aus Ölpapier herauszunehmen – es war zu wertvoll, um von einer plötzlichen Windböe in den Fluss geweht und durchnässt zu werden. Stattdessen steckte er es sich in den Bund seiner Reithosen, zog seine Pistole, die er ebenfalls dort hineingeschoben hatte, heraus und feuerte einen Schuss in die Luft.
    Höchst aufmerksam hatte Hazletts Handlanger die Aktivitäten Lord Wyverns verfolgt. Im dichten Unterholz des Flussufers verborgen, beobachtete er, wie der Earl die Pistole in seinen Hosenbund steckte, den morschen Kahn bestieg und zum Bootshaus zurückruderte.
    Mit einem triumphierenden Grinsen verließ der bezahlte Helfershelfer sein Versteck und machte sich auf den Weg, um dem Viscount Bericht zu erstatten.

18. KAPITEL

    Lady
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