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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DOROTHY ELBURY
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seufzte sie und wühlte durch die aufgehängten Kleidungsstücke, um etwas Passendes für Jessica zu finden. „Man sollte doch meinen, dieser nette junge Gentleman, mit dem Sie verheiratet sind, würde besser auf ein hübsches Ding wie Sie aufpassen, aber andererseits …“, sie schnaubte geringschätzig und hielt der sprachlosen Jessica einen Kapuzenumhang hin, „… wer weiß schon, was in den Köpfen anderer Leute vorgeht. Ich habe in diesem Haus Dinge gesehen, da wäre selbst der Teufel schockiert gewesen.“
    „Warum bleiben Sie dann hier?“, fragte Jessica neugierig.
    „Weil ich ein Dach über dem Kopf habe.“ Mrs. Barrowman zuckte die Achseln. „Ich muss keine schwere Arbeit machen, und der Lohn ist ordentlich. Außerdem lässt Seine Lordschaft mich in Ruhe. Was mehr kann eine Frau in meinem Alter sich wünschen?“
    Darauf wusste Jessica keine Antwort. Also nickte sie nur und zog sich den Umhang um die Schultern.
    „Aber ich bin niemand, der das Gute vergisst, das ihm einmal von andern Menschen widerfahren ist“, fuhr Mrs. Barrowman mit einem breiten Lächeln fort. „Eine Hand wäscht die andere, wie man so sagt.“ Sie bückte sich und zog ein abgetragenes Paar Stiefeletten unter dem Kleiderständer hervor. „Dachte ich mir doch, dass sie noch da sind“, verkündete sie zufrieden. „Sie haben dem letzten Hausmädchen gehört und müssten etwa Ihre Schuhgröße haben, wenn ich mich nicht irre.“
    Jessica runzelte besorgt die Stirn. „Wird sie sie nicht vermissen?“
    „Die Kleine hat gekündigt“, kam die Antwort. „Keine bleibt hier lang – verstehen Sie mich recht, ich kann es den Mädchen nicht verdenken. Ich bin glücklicherweise zu alt, als dass er mir nachstellen würde.“
    In dem Gefühl, dass sie gut daran tat, so schnell wie möglich zu verschwinden, zog Jessica die Stiefeletten an. Es musste Mrs. Barrowmans Dienstherr sein, der ihre Entführung in Auftrag gegeben hatte, und so, wie die Haushälterin von dem Mann sprach, war er niemand, dem Jessica begegnen wollte.
    Sie schlang ihrer Retterin die Arme um die Schultern, küsste sie auf beide Wangen und öffnete die Hintertür.
    „Geben Sie gut auf sich acht“, wisperte Mrs. Barrowman ihr zu.
    Jessica winkte ihr Lebewohl und eilte die Eisentreppe hinauf, die auf den Bürgersteig mündete. Oben blieb sie kurz stehen, um sich zu orientieren, und erinnerte sich plötzlich, dass Mrs. Barrowman bei Gunter’s erwähnt hatte, sie arbeite in einem Haus in der Half Moon Street – was bedeutete, dass sie sich nur knapp fünf Blocks entfernt von der Dover Street befand.
    Kaum in der Lage, ihr Glück zu fassen, machte Jessica sich auf den Weg. Sie schritt zügig aus, und nach wenigen Minuten war ihr in der lauen Frühlingsnacht so warm geworden, dass sie die Kapuze des schweren Wollcapes zurückschob. Kurz darauf erreichte sie die Einmündung der Half Moon Street auf die Hauptstraße. Sie wollte eben die Fahrbahn überqueren, als eine Kutsche um die Ecke bog und sie gezwungen war, rasch auf den Bürgersteig zurückzutreten, um das Gefährt passieren zu lassen. Obwohl die Chaise mit hoher Geschwindigkeit an ihr vorbeifuhr, erhaschte Jessica einen flüchtigen Blick auf den einzigen Insassen, und im gleichen Moment drohte ihr das Blut in den Adern zu gefrieren. Es war niemand anders als der narbengesichtige Gentleman, der Felicity in den Vauxhall Gardens belästigt hatte!
    Vor Angst wie gelähmt, musste Jessica ihre gesamte Willenskraft aufbieten, um sich vom Fleck zu bewegen. Sie war erst ein paar Schritte weit gekommen, als sie das durchdringende Geräusch kreischender Bremsen vernahm und dann das Krachen eines heftig aufgestoßenen Wagenschlags gegen den Kutschkasten, gefolgt vom raschen Klacken von Stiefelabsätzen auf dem Kopfsteinpflaster. Sie fing an zu laufen und hatte das gegenüberliegende Trottoir beinahe erreicht, als sich die Spitze einer ihrer viel zu großen Stiefeletten in ihren Rocksäumen verfing, sodass sie ins Straucheln geriet und der Länge nach hinfiel.
    Noch ehe sie es schaffte, auf die Füße zu kommen, wurde sie unsanft hochgezogen und grob herumgedreht. Vor ihr stand der Mann, den Mr. Pevensey mit Hazlett angeredet hatte.
    „Nun, wen haben wir denn da?“, murmelte er mit einem bösartigen Grinsen in seinem entstellten Gesicht. „Und wie ist es unserem kostbaren Vögelchen nur gelungen, aus seinem Käfig zu flüchten? Mir scheint, gewisse Personen erledigen die Arbeit, für die sie bezahlt werden, ein wenig

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