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Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica

Titel: Ich darf Sie nicht lieben, Miss Jessica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DOROTHY ELBURY
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Helens Supper Party war in vollem Gange – sofern man eine solche Bezeichnung auf das beherrschte Treiben und das gelegentliche zurückhaltende Lachen der blasierten jungen Leute in der Mietloge anwenden konnte. Und obwohl Jessica in Gedanken vornehmlich mit der Frage beschäftigt war, ob Benedict an diesem Abend erscheinen würde, wunderte sie sich immer wieder, dass Felicity und ihre Freunde sich überhaupt die Mühe gemacht hatten, die Vauxhall Gardens aufzusuchen, wenn sie nichts anderes taten, als die Passanten zu bemäkeln oder sich über sie lustig zu machen.
    Miss Draycott und ihr Zirkel waren nicht nur darüber erhaben, in die Kehrreime der Gesangsstücke, die auf einer Bühne dargeboten wurden, einzufallen, wie Jessica zu ihrem Leidwesen feststellte, als ihre beiden Tischnachbarinnen rechts und links ihren eigenen kurzen Versuch in dieser Richtung mit missbilligenden Blicken quittierten – auch das ausgelassene Tanzen um die Rotunde erachteten sie für unter ihrer Würde, wenn man ihrer laut geäußerten Ablehnung derart gewöhnli cher Vergnügungen trauen durfte.
    Nachdem Jessica den beliebten Lustgarten bereits zu Anfang ihrer Saison besucht hatte, boten seine zahlreichen Attraktionen nicht mehr den ursprünglichen Reiz für sie, zumal sie sich an diesem Abend von Walter Allardyce eskortiert fand, der ihrer Ansicht nach einer der größten Langweiler der ganzen Stadt sein musste und unablässig von der neuen Gasbeleuchtung entlang der Wege schwärmte. Wenn er noch ein einziges Mal davon anfängt, schreie ich, dachte sie entnervt. Geschweige denn, wenn ich diese schreckliche Musik noch länger hören muss! Soweit sie es beurteilen konnte, war die Kapelle, die so viel Lautstärke wie möglich gegen den Lärm der Menschenmenge aufzubieten versuchte, weit schlechter als bei ihrem ersten Besuch. Und der einzige Vorteil, den es brachte, in der Loge zu sitzen, war, dass man eine bessere Aussicht genoss, als wenn man sich in den endlosen Strom der Besucher auf den Kieswegen einreihte.
    Höflich lehnte sie eine Portion des hauchdünn geschnittenen Schinkens ab, für den die Vauxhall Gardens berühmt waren, und ließ ihren Blick suchend über die Gesichter der an der Loge vorbeiziehenden Menschen schweifen, in der Hoffnung jenes eine Antlitz zu entdecken, das ihr so viel bedeutete – bislang jedoch ohne Erfolg. Die Zeiger der Uhr auf dem Dach der Rotunde krochen unaufhaltsam vorwärts, und noch immer ließ Benedict sich nicht blicken. Als der Zeremonienmeister schließlich verkündete, dass das Feuerwerk, das die Abendunterhaltung abschloss, in einer Viertelstunde beginnen sollte, musste Jessica einsehen, dass es ihm, aus welchem Grunde auch immer, unmöglich gewesen war, sein Versprechen einzuhalten und sie heute Abend zu treffen.
    Sie würde nach Thornfield zurückkehren, ohne zu wissen, wann sie ihn wiedersah. Es bestand die Möglichkeit, dass er versuchte, ihr zu schreiben, doch da Matt und Imogen die Post durchsahen, bezweifelte Jessica, dass sich dies, solange Benedict die notwendigen Geldmittel fehlten, als ein kluges Vorgehen erweisen würde. Innerlich verwünschte sie Theo dafür, dass er es so schwierig gemacht hatte, die Besitzurkunde zu finden, und betete, dass sie bald auftauchen mochte.
    Sie war so in ihre Gedanken vertieft, dass sie zusammenzuckte, als plötzlich die zornig erhobenen Stimmen der vier Gentlemen an ihr Ohr drangen, die heute Abend als Begleiter der Damen fungierten.
    „Verschwinden Sie, Hazlett!“, hörte sie Gerald Pevensey sagen. „Lassen Sie Miss Draycott in Ruhe. Sie und Ihresgleichen sind hier nicht willkommen.“
    Jessica reckte neugierig den Hals und erblickte einen hochgewachsenen, narbengesichtigen Mann, der von der Loge zurücktrat. Seiner Kleidung nach zu urteilen war er ein Gentleman, doch als er sich in ihre Richtung drehte und sie in einer Weise anzwinkerte, die sie nur als plump vertraulich bezeichnen konnte, kam sie zu dem Schluss, dass er unmöglich der gehobenen Gesellschaft angehören konnte.
    Mit vor Verlegenheit hochroten Wangen beugte sie sich zu Felicity, die neben ihr saß, um sie zu fragen, was der Fremde an ihrer Loge gewollt hatte. Zu ihrer Bestürzung war die Freundin leichenblass und sah aus, als sei sie kurz davor, ohnmächtig zu werden.
    Geistesgegenwärtig ergriff Jessica die schwankende Felicity bei den Oberarmen, um zu verhindern, dass sie von ihrem Stuhl sank. „Schnell, Gentlemen, ein Glas Wasser!“, rief sie über die Schulter.
    Doch da

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