Ich denke, also spinn ich - warum wir uns oft anders verhalten, als wir wollen
Verlustgefühlen. Oder wie wir Ökonomen sagen würden: Je knapper das Gut, desto höher bewerten wir es.
Vereinfacht gesagt läuft dann bei uns jedes Mal folgender Prozess ab: Sobald irgendein Gut knapp wird (Schuhe, Sportwagen, Technik-Gadgets) oder eine Handlung moralisch eingeschränkt ist (während der Arbeit private Telefonate führen, schneller fahren als erlaubt, fremdgehen), bewirkt das in uns eine Art Trotzreaktion, nach dem Motto: »Jetzt erst recht!« Kurz: Es ist der Reiz des Verbotenen, der auf uns eine ungemeine Faszination ausübt. Und das übrigens schon seit Anbeginn der Zeit. Warum sonst hätte Eva damals in die Frucht vom Baum der Erkenntnis gebissen?
DAS KÖNNEN SIE GEGEN IMPULSKÄUFE TUN:
Bevor Sie sich von einer vermeintlichen Rarität in den Bann ziehen lassen, stellen Sie sich wenigstens diese fünf Fragen. Meist ist der erste Reaktanz Impuls dann schon verflogen, und Sie können neutraler bewerten, ob Sie das Produkt kaufen wollen oder besser nicht.
Warum will ich das überhaupt haben – etwa aus Frust?
Brauche ich das wirklich?
Kann ich mir das derzeit leisten?
Ist das Angebot tatsächlich so einmalig?
Welche Anschaffungen stehen diesen Monat noch an?
D ER FRAMING-EFFEKT
Warum Gewinn oder Verlust Ansichtssache ist
Die Streitfrage, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, hat schon zahlreiche Philosophen beschäftigt. Sie gilt bis dato als weltanschauliches Indiz für eine optimistische beziehungsweise pessimistische Lebenshaltung. Es soll sogar Psychologen geben, die sich gefragt haben, ob die jeweilige Interpretation nicht allein durch traumatische Kindheitserlebnisse begründet sein könnte. Wir halten es da eher mit der pragmatischen Sichtweise eines deutschen Ingenieurs: »Das Glas ist doppelt so groß, wie es sein müsste.«
Überhaupt ist die Füllmenge des Glases völlig uninteressant. Wesentlich spannender ist, was die jeweilige Sicht mit uns macht und wie sie unsere anschließenden Entscheidungen beeinflusst. Je nachdem, ob uns das Glas als »halb voll« oder »halb leer« präsentiert wird, verbucht unser Gehirn das als Gewinn oder als Verlust – und handelt danach.
Das hört sich noch etwas abstrakt an. Lassen Sie uns diesen sogenannten Framing-Effekt deshalb an ein paar Beispielen veranschaulichen: Es gibt Studien, die zeigen, dass Konsumenten lieber Fleisch kaufen, das zu 75 Prozent aus Magerfleisch besteht, als eine andere Sorte, die 25 Prozent Fett enthält. Studenten wiederum haben vor Klausuren mehr Angst, wenn man ihnen sagt, dass bei der Prüfung üblicherweise 65 Prozent durchfallen, als wenn sie erfahren, dass regelmäßig 35 Prozent ihrer Kommilitonen den Test bestehen. Rund 90 Prozent der Studenten nutzen beim Sex umso lieber ein Kondom, wenn man ihnen erzählt, dass es zu 95 Prozent vor Aids schützt. Sagt man ihnen aber, das Kondom besitze noch einen Risikofaktor von fünf Prozent, nutzen das Gummi nur noch 40 Prozent der Hochschüler.
Schon irre: Obwohl die Aussagen inhaltlich stets gleich sind, hat die entsprechende Betonung von »halb leer« oder »halb voll« enorme Auswirkungen. Die dabei entstehenden Frames prägenden gesamten Abwägungsprozess, in der Regel unbewusst und viel stärker, als uns lieb sein dürfte. Raffinierte Kaufleute führen uns mit diesem Framing-Effekt regelmäßig hinters Licht: Nachweislich machen Händler, die eine Ware zum Schein von 9,99 auf 4,99 Euro herabsetzen und als Sonderangebot deklarieren, mehr Umsatz als jene, die den Tinnef sofort für 4,99 Euro raushauen. Zur Ehrenrettung der Frames muss man allerdings auch erwähnen, dass sie nicht durchweg schlecht sind: Sie verringern Komplexität und übernehmen eine Art Filterfunktion – so wie Faustregeln. Auch die helfen, trotz unzureichender Informationen zu einem halbwegs sinnvollen Urteil zu gelangen oder zumindest zügiger Risiken abzuwägen. Das Ergebnis muss deshalb nicht unbedingt rational, geschweige denn vernünftig sein. Ob Gewinn oder Verlust, ist eben oft nicht viel mehr als reine Ansichtssache.
DER ZERO-PRICE-EFFEKT
Vorsicht bei Lockvogelangeboten
Nein, appetitlich ist Gelatine wirklich nicht. Dabei handelt es sich genau genommen um denaturiertes Kollagen aus Tierknochen. Das klingt schon so, als müsse man sich sofort die Zähne putzen. Trotzdem erfreut sich das Produkt großer Beliebtheit beim Backen und Kochen, es macht Kinder froh und Erwachsene ebenso. Dabei begann der Siegeszug des Glibbers mit einem Flop: 1897
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