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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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was es mit den Hautverätzungen der Tiefen auf sich hatte.
    »Wir alle wachsen von Geburt an mit den Überlieferungen unserer Eltern auf - und so geht das weiter von Generation zu Generation .«
    Landru bezähmte seine Ungeduld. Calots ausschweifender Beginn ließ ahnen, daß er das Thema nicht in schlichten Worten abhandeln würde. Dennoch ließ er ihn gewähren - und gab auch Peten zu ver -stehen, ihre Unrast zu zügeln.
    »Schon vor langer Zeit«, fuhr Calot fort, »stießen unsere Vorfahren bei Brunnenbohrungen auf einen fast unversehrten Leichnam, der unter Tage zwischen Sand und Geröll eingequetscht gewesen war. Wie er dorthin hatte gelangen können, obwohl vorher noch gar kein Weg in die Tiefe geführt hatte, blieb zunächst völlig rätselhaft. Er war aber kaum verwest, als hätte er erst kurze Zeit in der Erde gesteckt, so daß man ihn ohne große Mühe identifizieren konnte und herausfand, daß er wenige Tage zuvor urplötzlich verschwunden war und nur eine Nachricht hinterlassen hatte, daß er des Lebens überdrüssig sei und es nicht länger ertragen, sondern einen Weg aus Mayab heraus suchen wollte.
    Das Rätsel, wie er unter die Erde gelangt war, beantwortete dies jedoch auch nicht. Da sowohl in seinem Mund, als auch in Lunge, Speiseröhre und Magen Sand gefunden wurde, ging man davon aus, daß er noch gelebt haben mußte, als er an seinen späteren Fundort gelangt war! Offenbar war er im Schoß der Erde qualvoll erstickt, hatte noch verzweifelt versucht, sich bis zur Oberfläche zu wühlen - eine kleine Weile zumindest, denn lange konnte es bis zum Eintritt des Todes unter diesen Umständen nicht gedauert haben.
    Der Legende nach erhielten die damaligen Bewohner Mayabs erst Jahre später eine Antwort auf die ungelösten Fragen. Denn wiederum eines Tages wurde - diesmal oberirdisch - ein noch atmender, nur besinnungsloser Maya gefunden, der erst tags zuvor verschwunden war, nachdem er Nachbarn hatte wissen lassen, sich in den Wall stürzen zu wollen, um seinem Leben ein Ende zu setzen -bevor die Tyrannen ihm in viel grausamerer Weise zuvorkamen.
    Letztendlich hatte er ihnen doch nicht entfliehen können, denn bevor sich seine Familie um den Ohnmächtigen kümmern konnten, hatte der Palast reagiert: Ihr, Herrin, und eure Geschwister habt mit euren nicht minder gefürchteten Jaguaren jeden Flecken Mayabs nach dem Frevler durchkämmt. Zwischenzeitlich war dieser aus seiner Ohnmacht erwacht - aber seine verzweifelten Versuche, euch zu entkommen, irgendwo Unterschlupf zu finden, fruchteten nicht. Die Nasen der Raubkatzen fanden seine Witterung - und durften ihn schließlich auf euer Geheiß vor aller Augen zerfetzen.
    Von da ab wußte ein jeder, was zuvor nur euch Herren allein bekannt gewesen war: Daß der magische Wall um euer Reich jeden, der den Ausbruch wagt, ins Stadtgebiet zurückschleudert. Irgendwohin. Die magische Entladung kann ihr Opfer in großer Höhe ausspeien, so daß er auf den Boden aufschlägt und ihm alle Knochen im Leib zerschmettert werden. Oder er kommt in der Erde wieder heraus, im Boden ... Meist jedoch geschieht es an der Oberfläche, so daß ihr, Hohe Königinnen, eurem blutigen Zeitvertreib frönen können.
    Gemeinsam mit Vador suchte und fand ich Mittel und Wege, um den ein oder anderen, der die Flucht aus Mayab trotzdem wagte, zu retten und vor einem bitteren Tod unter den Klauen der Jaguare zu bewahren. Wir waren nicht zimperlich, als es darum ging, die Witterung der Spürkatzen zu neutralisieren. Eine spezielle Chemikalie ätzte den >Geruch< des Walls von der Haut der Betroffenen. Und ein jeder, der auf diese Weise von uns gerettet wurde, konnte für den Bund der Tiefen gewonnen werden. Die Aussicht, eines Tages vielleicht tatsächlich zurückzuschlagen, gab ihnen neuen Lebensmut .«
    »Ihr habt euch diese ... Verbrennung der Haut selbst zugefügt?« fragte Peten ungläubig. Schmerzen und die Wonnen der Selbstkasteiung waren ihr keineswegs fremd, aber diese Form der Verstümmelung von Geschöpfen, die sich nicht aus eigener Kraft davon wieder heilen konnten, überstieg spürbar ihre Vorstellungskraft.
    *
    Die Ruine strahlte eine Fremdheit und Bedrohung aus, die Nona erneut daran gemahnte, daß sie in dieser Welt nicht mehr war als eine ganz normale Frau - mit all ihren Schwächen und nur wenigem, was überhaupt als Stärke bezeichnet werden konnte.
    Die Wölfin in ihr schlief. Sie zu erwecken würde ihr unter diesem Himmel niemals gelingen.
    Langsam stieg sie die

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