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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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noch immer nicht auftauchte, hast du angekündigt, mit deinem abgerichteten Jaguar wiederzukehren und ihn in den Gang zu schicken .
    Nachdem sich das Rauschen deiner Flügel entfernt hatte, hielt es mich nicht länger in meinem Versteck. So schnell es meine Blindheit erlaubte, rannte ich fort. Daß ich dabei keinem Priester in die Arme lief, konnte ich selbst kaum fassen. Am Ende rettete mir also diese Verkettung von Glück und Zufällen das Leben.
    Nach Hause konnte ich mich nicht mehr wagen. Statt dessen floh ich zu dem kleinen Weiler abseits der Ziegelsteinhütten. Dort fand ich Unterschlupf bei einem befreundeten Bauernsohn, dem ich Jahre zuvor einmal das Leben retten konnte. Dieser Bauernsohn hieß Va-dor, und ich zeigte mich ihm nie offen, um die Gefahr zu bannen, durch seine Augen entdeckt zu werden. Die >Fenster< in Vadors Kopf sollten dir, Peten, nichts offenbaren, was auch sein Leben in Gefahr gebracht hätte.
    Aus uns beiden, Vador und mir, entstand die Keimzelle, aus der sich schließlich der Bund derer entwickelte, die zurückgezogen im tiefen Reich auf ihre Stunde warteten ...«
    Peten lächelte. »Ich bin zufrieden mit dir. Jetzt brauche ich nur noch die Position eurer Unterschlupfe und die Namen derer, die euch all die Zeit tatkräftig unterstützt haben.«
    Calot lieferte ihr alles, was sie wollte.
    »Nun hast du es dir verdient, Ruhe in der Asche zu finden«, sagte sie am Ende gönnerhaft. Und griff nach seinem Kopf.
    Griff in sein Haar, um .
    Aber soweit kam es nicht.
    * 
    »Der Hohe Vater ...!«
    Die Priester, die dem Verhör der Gefolterten beiwohnten, wichen vor Landru zurück, als er die Plattform der höchsten Tempelanlage Mayabs betrat und Orientes Ruf erklang.
    Er lächelte düster.
    »Was habt ihr erreicht?« dröhnte seine Stimme über das windstille, künstliche Plateau.
    Peten trat Landru entgegen und zerrte den blinden Alten namens Calot an seinen schütteren Haaren hinter sich her. Vor dem ehemali-gen Hüter stieß sie ihn zu Boden, ohne daß ein Klagelaut über seine Lippen kam.
    Noch bevor Calot den Kopf hob, hatte Landru mit erfahrenem Blick erkannt, daß er keinen Menschen mehr vor sich hatte, sondern eine Dienerkreatur.
    »Du hattest Gründe, ihn von der Folter zu erlösen?« fragte er Peten, ohne sie anzusehen. Die blinden Augen, die jetzt zu ihm hochstarrten, faszinierten ihn - weil sie nicht mehr blind waren.
    »Es erschien mir als der einzige Weg, mich in den Besitz seines Wissens zu bringen.«
    Landru nickte anerkennend. Auch er hatte die Widerstandsfähigkeit der Tiefen gegen jegliche Form von Hypnose gespürt.
    »Und?« fragte er. »Ist es dir gelungen?«
    »Ja.«
    »Er hat seine Verbündeten verraten?«
    »Wie hätte er sich in diesem Zustand weiter widersetzen sollen?« Um Petens Mund prägte sich ein stolzer Zug. »Der Keim, den ich ihm persönlich nach seiner Geburt einpflanzte, um mir jederzeit seine Augen leihen zu können, tat seine Wirkung. Wir dulden keine Diener, aber das ändert nichts an ihrer hündischen Ergebenheit, solange sie ihr untotes zweites Leben auskosten dürfen. Er würde alles für mich tun .«
    »Wie du für mich«, sagte Landru.
    Hinter Petens vordergründigem Blick zog etwas vorbei, was Land-ru daran gemahnte, daß er seinen Kindern immer noch nicht wieder vertraute - keinem.
    Vielleicht nie wieder.
    »Ja«, sagte Peten rauh. »Wie ich für dich.«
    Landru zeigte auf Calots Anhänger, deren Augen ihre Sehkraft nicht infolge einer Krankheit eingebüßt hatten, sondern die ausgestochen worden waren. Aber das war nicht alles, wie sich unschwer erkennen ließ, nun, da ihnen jeder Fetzen Kleidung vom Leib geris-sen worden war.
    Sie sehen beinahe aus wie ich, dachte Landru. Ihre Haut wirkt wie ... gesotten.
    »Frag ihn«, wandte er sich an Peten, »woher diese Verletzungen rühren.«
    »Warum fragst du ihn nicht selbst?«
    »Er ist deine Kreatur.«
    Peten nickte vorsichtig. »Wenn du meinst .«
    Sie zerrte Calot hoch und stellte ihn zwischen sich und Landru. Aus seinen von Tod und Neugeburt sehend gemachten Augen schaute er sie an. Nicht erwartungsvoll und nicht neugierig - einfach nur vom Wunsch beseelt, ihr nützlich zu sein.
    »Du hast gehört, was der Hohe Vater zu wissen verlangt - antworte ihm!«
    Während Peten sprach, suchten ihre Blicke Hilfe bei den Geschwistern. Aber nur Atitla wich ihr nicht aus und nickte kaum wahrnehmbar.
    Indes erklärte Calot mit einer Stimme, die vergessen hatte, daß auch ein angemessener Tonfall zum Reden gehörte,

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