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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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Verein. Hat fünf Leute, die für ihn laufen.«
    »Laufen?«
    »Mitglieder suchen. Weißt du, Leo, kann nicht jeder Mitglied werden einfach so. Besser, wenn er ausschaut wie einer von Foto.« Tichow zwinkerte mir zu.
     
    Das letzte Puzzlestück fiel auf seinen Platz. Das war der Modus Operandi! So einfach und doch so genial! Die arbeiteten mit echten Pässen! Keine Topfälschungen! Alles echt! Bei den Fotos genügte eine relative Ähnlichkeit, klar. Und wir waren nicht darauf gekommen! Das war … zu einfach für den Geheimdienst!
    Von denjenigen, die illegal einreisen wollten, wurden Fotos nach Deutschland geschickt, und dann suchte man hier gezielt nach Leuten im Besitz eines gültigen Passes, die ihnen einigermaßen ähnlich sahen. Unter dem Deckmantel kultureller und sozialer Hilfestellung. Die Pässe wurden per Post oder Kurier nach Istanbul gesandt, die illegal Einreisenden passierten damit problemlos alle Grenzen, klar, die Pässe waren ja echt, gaben die Dokumente hier wieder zurück und fertig.
     
    Das Tauschen von Ausweispapieren ist ein klassischer Modus Operandi im engsten Familienkreis oder unter Freunden … im kleinsten privaten Kreis, in dem man sich kennt und vertraut. Für Kavaliersdelikte ohne wirklich großes Risiko. Beispielsweise wenn die neunzehnjährige Sandra ihrer sechzehnjährigen Schwester Michaela den Personalausweis leiht, damit diese auch nach Mitternacht in der Dorfdisco abtanzen kann. Hier jedoch handelte es sich offensichtlich um eine Organisation, die diese Methode professionalisiert hatte. Die sich ein Netzwerk geschaffen hatte, um die Ausweispapiere vermutlich ahnungsloser Opfer für ihre illegalen Zwecke zu missbrauchen. Im ganz großen Stil. Eine überaus erfolgreiche Masche. Keine Kontrolle konnte ihr etwas anhaben. Die Schleuser konnten teure Garantieschleusungen anbieten und abrechnen. Mit einem echten Pass klappte die Einreise auf Anhieb.
     
    Ich konnte es kaum erwarten, Sabine und den SGL zu informieren. Den nächsten Bus würde die Bundespolizei kontrollieren und diesmal würde sie nicht nur die Fotos in den Pässen mit den Inhabern vergleichen, sondern auch gezielt Fragen bezüglich der Lebensumstände stellen. Und diese überprüfen …
    Haben Sie Geschwister?
    Wie heißen Ihre Eltern?
    Wo wohnen Sie?
    Wie sieht Ihr Haus aus?
    Wie heißt Ihr Nachbar?
    Seit wann leben Sie in Deutschland?
    Wie lautet Ihre Telefonnummer?
    So würden die vermeintlichen Passinhaber schnell auffliegen. Denn sie wären ja keine Agenten, die sich wochenlang auf ihre Legende vorbereiteten. Das BKA würde Augen machen. München  – ein weißer Fleck auf der Landkarte?! Eher ein ganz, ganz dunkler. Reine Routine? Ab sofort, ja!
     
    Tichow legte seine Hand auf meinen Unterarm, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Sophia weiß das nicht. Für sie das mit Kulturverein ist Nebenjob. Sophia macht, was man ihr sagt. Fragt nicht. Sophia ist …«, er schnalzte mit der Zunge. »Geil, aber dumm wie Brot.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach ich.
    »He, he, he! Willst du ausprobieren?«
    »Wer andere dazu bringt, den Pass abzugeben, hat was auf dem Kasten.«
    »Dumm wie Brot«, wiederholte Tichow.
    »Dazu gehört ziemlich viel Menschenkenntnis«, sagte ich, verzog mein Gesicht zu einer kummervollen Miene und fragte ihn: »Bist du sicher, dass sie dich nicht durchschaut?«
    Einen Moment lang war er tatsächlich verunsichert. Und ich auch, wie so oft, wenn ich mir bewusst mache, dass die andere Seite nicht schläft. Dass sie mit denselben Methoden arbeitet wie wir.
     
    Es gehört fundierte Menschenkenntnis dazu, jemandem, der vielleicht sehr lange auf seinen deutschen Pass warten musste, das Ding, wenn auch nur kurzfristig, abzuschwatzen. Das reicht schon in den Bereich strategischer Kommunikation hinein, und ohne eine solide Vertrauensbasis geht da gar nichts. Die muss man klug und mit sensibler und breit gefächerter Menschenkenntnis aufbauen. Wer weiß, wie er selbst tickt, weiß auch, wie andere ticken: nämlich anders. Jeder Mensch ist anders. Ein Macher will anders für den Kulturverein umworben werden als ein Schema-F-Typ. Ein Weitwinkler braucht ein anderes Sichtfenster als der Lupentyp. Ein Kontakter fühlt sich in einem anderen Gesprächsklima wohler als ein Analyst. Ein Hin-Typ braucht eine andere Motivation, um den Kulturverein zu unterstützen, als ein Weg-Typ. Wer diese Unterschiede nicht beherzigt, wird wohl kaum Mitglieder
werben, ob für den Kulturverein oder als Fans für

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