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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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gestopft, Hauptsache etwas Vertrautes, an das ich mich halten kann.
    Als der Kellner mit unseren Tellern anrückt, habe ich keine Ahnung, welches Gericht für mich sein könnte. In den Restaurants von gestern konnte man sich seine Bestellung nicht nur vorstellen, sondern sie auch wiedererkennen. Es gab vielleicht kleinere Abweichungen, aber im großen und ganzen wurde an einem Lammkotelett nicht weiter herumgemacht. Es sah auch nach dem Braten aus wie ein Kotelett, mit einem Stiel aus Knochen und einem tränenförmigen Stück Fleisch, das von einem Fettrand umgeben war. Anscheinend war das irgendwie zu unspektakulär. Bestellt man heute ein Lammkotelett, sieht es mit Sicherheit genauso aus wie die Seezungenröllchen des Nachbarn. Außerdem hat man sich angewöhnt, die Speisen sinnlos auf dem Teller aufzutürmen. Sie dürfen nicht einfach so daliegen, sondern müssen sich zum Himmel strecken wie die Wolkenkratzer in unseren Städten. Gerade so, als ob die Teller sündhaft teures Bauland wären, und der Küchenchef hat eine winzige Parzelle ohne Einschränkung der Bebauungshöhe erworben. Hughs Saffran-Linguini ähneln einem Mini-Turban, der oben mit kleinen Garnelen-Türmchen bewehrt ist. Er befindet sich genau in der Tellermitte, während die große freie Fläche ringsum vermutlich als Parkplatz vermietet werden soll. An mich geht das Steak, das man nach dem gleichen minimalistischen Prinzip bereits vom Knochen getrennt, in dünne Scheiben geschnitten und zu einer Art Scheiterhaufen aufgeschichtet hat. Die dazugehörigen Kartoffeln sind entweder bis zur bloßen Essenz klarifiziert oder wurden zur Befeuerung des Grills verwendet.
    »Vielleicht«, sagt Hugh, »sind sie unter deinem Fleischturm. «
    So weit ist es mit uns gekommen. Hugh pustet die Yucca-Pollen von seinen verkokelten Garnelen, während ich die Ärmel meines Leih-Jacketts hochziehe und in dem Fleischturm nach den versprochenen Kartoffeln bohre.
    »Da sind sie ja, genau wie ich gesagt habe. « Hugh zeigt mit seiner Gabel auf etwas, das man leicht für eine Handvoll kariöser Backenzähne halten könnte. Das Dunkle muss das Gemüse sein.
    Weil ich ebenso verfressen wie masochistisch bin, folgt auf meine Standardbeschwerde: »Mein Gott, war das schlecht«, stets der Satz: »Und dann auch noch so wenig. «
    Sobald wir unsere Teller geleert haben, bringt der Kellner die Dessert-Karte. Ich lerne, dass Würzfleisch nicht mehr länger dem Gabelfrühstück vorbehalten ist und dass man alles, aber auch alles in ein Sorbet verwandeln kann.
    »Ich schaff s nicht mehr«, wehre ich den Kellner ab, der mir das Couscous aus weißer Schokolade und wilden Loganbeeren empfiehlt.
    »Wenn wir kalorienbewusst sind, kann ich dem Küchenchef sagen, er soll die Creme fraiche weglassen. «
    »Nein«, wiederhole ich, »es geht wirklich nicht mehr. «
    Mit dem Hinweis, wir müssten noch ins Kino, bitten wir um die Rechnung. Obwohl es bis dorthin keine zehn Minuten zu Fuß sind, drängle ich, weil ich vorher noch was essen muss. Im Kino selbst gibt's zwar jede Menge Snacks, aber ich sitze nur ungern mit einem Hamburger vor der Leinwand. Zum Glück liegt eine Hotdog-Bude fast auf unserem Weg.
    Meine Freunde sagen immer: »Wie kannst du diesen Fraß nur essen? In der Zeitung stand, da sind Schweinelippen drin. «
    »Und... ?«
    »Und Herzen und Augenlider. «
    Wenn ich richtig gezählt habe, sind das mal gerade drei Zutaten und insofern eine angenehme Abwechslung. Ich bestelle einen mit nichts als Senf und strahle, als der Verkäufer mir den Hotdog in der Horizontalen hinhält. So einfach und zeitlos, dass ich ihn auf Anhieb als etwas Essbares erkenne.
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    Meine Jugendfreundin Alisha lebt in North Carolina, kam aber früher mindestens zweimal im Jahr zu Besuch nach New York. Sie war stets ein angenehmer, unkomplizierter Gast, den man gerne um sich hat, da sie vollkommen glücklich damit war, mich bei Besorgungen in der Stadt zu begleiten oder auch nur auf dem Sofa zu liegen und in einer Zeitschrift zu blättern. »Tu einfach so, als wäre ich gar nicht da«, sagte sie immer woran ich mich manchmal auch hielt. Aufgrund ihrer ruhigen Art und der Bereitschaft, sich überall anzuschließen, wurde sie oft im gutgemeinten Sinne mit einem Schatten verglichen. Eine Woche vor einem ihrer regelmäßigen Besuche im Dezember rief Alisha mich an und sagte, sie bringe noch eine Begleitung namens Bonnie mit. Die Frau arbeitete in einem Sandwich-Shop und war in ihrem Leben noch nie weiter

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