Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
Vom Netzwerk:
gehen?«
    Er und ich wären am liebsten gleich wieder verschwunden. Uns reichte es, dass das Mädel nicht mal ihren Kram eingepackt bekam. Eine rotglühende Pfanne war genau das richtige für den Möbelwagen, und wer es schon nicht für nötig hielt, ein paar Umzugskartons aufzutreiben, würde erst recht kein Trinkgeld springen lassen. In meinen Augen gehörte Khymm zu der Sorte Frauen, die allein wegen ihres Aussehens weiterkamen. Man hatte ihr vermutlich schon alles Mögliche verziehen, aber ich zweifelte, ob sie damit bei Patrick durchkam. Meines Wissens standen Kommunisten mehr auf kräftige, wohlgenährte Mädchen mit stämmigen Fesseln und breiten Schultern, die sich besonders fürs Korndreschen und das Schleppen schwerer Reissäcke eigneten.
    »Und jetzt?« fragte Dwayne.
    Patrick warf die Hände in die Luft und sagte: »Was soll's. Wo wir schon mal hier sind. «
    Die junge Frau hatte einen kleinen Hund, einen Spitz, der die ganzen drei Stunden, in denen wir das Apartment ausräumten, ununterbrochen kläffte. Sie selbst rührte keinen Finger, sondern führte lieber ausgiebige Telefonate, die sie nur für gelegentliche Zwischenrufe wie: »Achtung, das ist ein Sammlerstück«, oder: »Vorsichtig mit den Fischen, ich glaube, das Weibchen ist trächtig« unterbrach. Während ich einmal mehr in den dritten Stock hochstiefelte, um eine Ladung Shampooflaschen in Empfang zu nehmen, gingen mir düstere Phantasien durch den Kopf, die noch düsterer wurden, als wir mit dem Beladen fertig waren und zu ihrer neuen Wohnung fuhren, einem Apartment im fünften Stock ohne Aufzug. Wie ich es prophezeit hatte, bekamen wir als Trinkgeld ein Blendax-Lächeln und den klugen Ratschlag, uns einen schönen Abend zu machen. Patrick legte für unsere Mühen noch was drauf, hielt sich aber geflissentlich zurück, als Dwayne und ich im Wagen über die preisverdächtige Bescheuertheit der Frau herzogen.
    »Also, jetzt übertreibt mal nicht Sie war doch ganz nett« In manchen Dingen hatte er seinen eigenen Kopf. Es konnte passieren, dass wir in ein aufgeräumtes, komplett in Kartons verpacktes Apartment kamen, und Patrick, falls der Kunde männlich war und offenbar nicht zu den Ärmsten gehörte, den Job kurzerhand unter dem Vorwand absagte, ihm sei eine Achse am Wagen gebrochen oder das Getriebe habe seinen Geist aufgegeben »Tut mir leid, Kumpel, aber ich kann's nicht machen. « Er ließ noch die Nummer eines Konkurrenzunternehmens da und verschwand, hochzufrieden über die von ihm verursachten Unannehmlichkeiten.
    »Mit den Typen hat man nichts als Ärger«, sagte er auf dem Weg zum Wagen. »Also, wie steht's, Leute, Lust auf 'ne Tasse frisch aufgebrühten Kaffee? Ich lade euch ein « Das frisch aufgebr üht konnte mich nur wenig besänftigen Ich wollte keinen Kaffee, ich wollte arbeiten »Was stimmte denn nicht mit dem Typ?« fragte ich »Das Haus hatte einen Aufzug, verdammt noch mal Das war gutes Geld «
    Patrick warf seinen Kopf zurück und lachte sein herzhaftes Kommunistenlachen, ein anhaltendes Eselsgeschrei, das mir zu verstehen geben sollte, ich sei noch jung und könne nicht zwischen gutem und schlechtem Geld unterscheiden.
    »Morgen haben wir einen dicken Auftrag«, sagte er »Also, Bruder, wie viel Geld brauchst du?«
    »Genug für ein Reihenhaus«, erwiderte ich.
    »Du willst doch nicht ernsthaft ein Reihenhaus. «
    »Und ob. «
    »Na, dann hast du definitiv den falschen Beruf«
    Damit hatte er zweifellos recht. Umzugskisten treppauf- und treppabtragen wurde mich nie zum Millionär machen. Aber was soll's, mit meinem Verdienst in der Tasche konnte ich durch die Straßen laufen, ohne mich daran zu reiben, dass andere mehr hatten. Ich konnte ins Kino gehen oder mir von Dwayne ein Mini-Piece kaufen, ohne von Neid gepiesackt zu werden. Ich musste wohl einsehen, dass es für Patrick das gleiche bedeutete, gewissen Leuten den Umzug zu machen, als wenn ich zu einer Taube Cheeky sagen sollte – es war ihm schlichtweg nicht das Geld wert. Vielleicht glaubte er, diese Typen würden auf seine Zähne kucken und ihn für einen Verlierer halten. Ihr ungebrochener Wille zum Erfolg zeigte ihm vielleicht auch die Vergeblichkeit seines eigenen Strebens. Genaueres Nachhaken meinerseits wurde stets nur mit Marx- oder Lenin-Zitaten quittiert, so dass ich mir Fragen dieser Art bald abgewöhnte.
    Die schönste Zeit waren kalte Herbstnachmittage, wenn wir gerade einen größeren Umzug von Manhattan nach Brooklyn oder Queens hinter uns hatten. Bei

Weitere Kostenlose Bücher