Ich ein Tag sprechen huebsch
zuletzt in einem Pfannkuchenhaus in Midtown zu Abend essen. Nachdem Alisha sich ein Kleid angezogen hatte, setzte ich die beiden vor dem Hotel ab. Eine Stunde später war ich wieder da, um sie abzuholen, als ich Bonnie mit ihrer Wegwerf-Kamera durch den Saal stapfen sah. »Könnte wer ein Bild von mir und dem Kellner machen?« rief sie. »Ich würd ja meine Freundin bitten, aber die hat irgendwie 'n Furz quersitzen. «
Ich erwartete, man werde sie umgehend vor die Tür setzen, bis ich entsetzt registrierte, dass das Plaza Hotel eine geschlossene Gesellschaft voller Bonnies war. Lässig in Sweat-Shirts und Trainingsanzüge gekleidet, waren die übrigen Vogelscheuchen nur zu gerne bereit, ihrer Bitte nachzukommen. Blitzlichter flackerten von allen Seiten.
»Na, das waren mal 'n paar nette New Yorker«, sagte sie, als sie winkend den Saal verließ. Ich versuchte ihr zu erklären, dass es keine echten New Yorker waren, allerdings hörte sie mir zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr zu. Sie zerrte Alisha hinter sich her zu einer Kutschfahrt durch den Central Park. Danach war es Zeit für einen Besuch bei »Fayo Schwarz«, wie sie es nannte. Im Anschluss an den Spielwarenladen folgte eine aufreibende Tour zur Radio City Music Hall, St. Patrick's Cathedral und dem Weihnachtsbaum an der Rockefeller Plaza. Die Massen drängelten sich so dicht, dass man getrost die Füße vom Boden nehmen und sich mehrere Blocks in jede beliebige Richtung tragen lassen konnte. Ich war restlos bedient, während Bonnie eine Art Ekstase erlebte, ganz und gar selig, ein New York ohne New Yorker entdeckt zu haben. Hier waren Touristen aus Omaha oder Chattanooga, die sich über den himmelschreienden Preis für Röstkastanien ereiferten. Sie entschuldigten sich, wenn sie jemandem auf den Fuß traten, meckerten jedoch nicht, wenn irgendein Idiot ihnen mit der Videokamera in den Weg lief. Die Horde war ebenso gnadenlos wie krankhaft freundlich, und ihre Begeisterung war einfach betäubend. Um sich herum sah Bonnie ein glitzerndes Paradies mit lauter anständigen, gleichgesinnten Menschen, die der liebe Gott gesandt hatte, um der Welt »Hallo« zu sagen. Getragen von ihrer Armee von Engeln ließ sie sich auf die andere Straßenseite spülen, um einen Jongleur zu fotografieren, während ich mich nach Hause schlich, ein klarer Außenseiter in einer Stadt, die ich naiver weise immer als meine betrachtet hatte.
Ein gr ünblauer Diamant
Ich lebte bereits acht Jahre in Manhattan, als mich eines Tages mein Vater anrief und mir völlig aufgelöst mitteilte, meine Schwester Amy solle in einem Zeitschriftenartikel über interessante New Yorker Frauen erscheinen.
»Kannst du dir das vorstellen?« fragte er. »Mein Gott, man braucht nur eine Kamera auf das Mädchen zu halten, und sie leuchtet wie ein Diamant! Ihr Telefon wird heiß laufen von den vielen Anrufen alleinstehender Männer und den zahllosen Job-Angeboten!« Er machte eine kurze Pause, in der er sich vielleicht das Leben einer Frau in New York vorstellte, deren Telefon heiß läuft. »Wir müssen nur aufpassen, dass nicht die falschen Leute anrufen«, sagte er. »Du kümmerst dich drum, nicht wahr?«
Ich kritzelte auf die Zeitung auf meinem Schoß,
den Hörer möglichst nahe an das Papier haltend. »Ist bereits notiert. «
»Braver Junge«, sagte er.
»Das Problem ist, dass sie so verdammt hübsch ist«, sagte er. »Genau da liegt die Gefahr. Und natürlich, na ja, dass sie ein Mädchen ist. «
Mein Vater hat immer großen Wert auf die äußere Schönheit seiner Töchter gelegt. In seinen Augen ist sie ihr größtes Kapital, so dass er über ihr Aussehen mit den Argusaugen eines Zuhälters wacht. Er wurde in einer Zeit geboren, in der man noch glaubte, die Ehe sei für eine Frau die einzige Chance zum Glück. Da wir später einmal einen Beruf ergreifen würden, durften mein Bruder und ich als Kinder so dick und hässlich sein, wie wir wollten. Unsere Körper wurden als bloße Vehikel betrachtet, aufgedunsene, fettbäuchige Maschinen, die dazu da waren, unsere Gedanken von einem Ort zum anderen zu transportieren. Ich konnte seelenruhig durchs Haus stiefeln und Pfannkuchenteig aus einem Plastikeimer schlürfen, aber wenn bei einer meiner Schwestern der Bikini spannte, war mein Vater gleich mit blumigen Metaphern zur Stelle. »Du meine Güte, Flossie, was ist das hier, 'ne Schweinemast? Sieh dich nur an, du bist breit wie ein Scheunentor. Noch zwei Pfund drauf, und die lassen dich nicht mehr über
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