Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
Vom Netzwerk:
dem Leben in einem der angrenzenden Stadtteile stets vorzuziehen sei. Innerhalb von Brooklyn oder Staten Island umzuziehen war okay, doch solange keine Kinder mit im Spiel waren, bedeutete es selbst für die Obdachlosen ein Abstieg, aus Manhattan wegzugehen. Leute, die aus der City nach Astoria oder Cobble Hill hinauszogen behaupteten, sich auf das geruhsamere Leben zu freuen, und rühmten die Vorteile eines eigenen Gartens und die Nähe zum Flughafen. Sosehr sie sich bemühten, Optimismus auszustrahlen, war das unterschwellige Gefühl der Niederlage doch stets zu spüren. Die Wohnungen mochten größer und billiger sein als anderswo, aber man konnte nie darauf bauen, dass die alten Freunde je einer Einladung zum Abendessen so weit draußen folgen würden. Selbst Washington Heights war weitab vom Schuss und galt als »Upstate New York«, obwohl es doch zu Manhattan gehörte.
    Wenn unsere Flaschen geleert waren, brachte uns Patrick zu dem zurück, was alle bis auf Lyle für den Mittelpunkt des Universums hielten. Leute von einem Ort zum anderen zu verfrachten gab mir das Gefühl, einen wertvollen Dienst zu leisten, der von allen geschätzt und geachtet wurde. Endlich durfte auch ich im großen Weltenplan eine Aufgabe erfüllen. Mein Platz war nicht bei Valencia, sondern hier, im Brodaster mit meinen Freunden. Mein Freund, der Kommunist, mein Freund, der Schizophrene, und mein Freund, der Mörder.
    Am Monatsanfang hatten wir immer am meisten zu tun, aber auch zwischendurch gab es genügend kleinere Jobs und kriselnde Ehen, die uns über Wasser hielten. Anderswo im Land versuchten die Leute der Kinder wegen zusammenzubleiben. In New York rauften sie sich wegen der Wohnung zusammen. Wenn jemand zur Monatsmitte aus einem geräumigen, halbwegs erschwinglichen Apartment mit einem Schlafzimmer auszog, musste sich wer schwer danebenbenommen haben. Wir räumten die Hälfte der Einrichtung aus, um uns auf der anschließenden Fahrt zu einem eilig angemieteten Lagerraum vom frisch vor die Tür gesetzten Mieter in die Details einweihen zu lassen. Die Betroffenen waren stets redselig, auch wenn es sie einige Mühe kostete, sich bei dem Lärm unseres Lastwagens verständlich zu machen. Ich lauschte gerne ihren Geschichten, so seltsam es war, privateste Dinge zugebrüllt statt zugeflüstert zu bekommen.
    »SIE HAT WAS GEMACHT?« riefen Dwayne oder ich.
    »SIE HAT MIT IHREM EX AUF DEM SOFA GEVÖGELT, DAS ICH ZU UNSEREM HOCHZEITSTAG GEKAUFT HABE. «
    »WORAUF?«
    »AUF DEM SOFA, AUF DEM ICH SITZE. SIE HAT IHREN EX DRAUF GEBUMST. «
    »WIE OFT?« fragten wir.
    »HÄH!«
    »ICH FRAGTE WIE OFT?«
    »EINMAL, SOWEIT ICH WEISS, REICHT DAS ETWA NICHT?«
    »KOMMT DRAUF AN. WIE HOCH WAR DIE MIETE?«
    Suchte wer eine neue Wohnung, war er bei uns genau an der richtigen Adresse. Manche Umzugsunternehmen ließen sich ihre Auskünfte bezahlen, aber bei uns gab's alles umsonst. Manchmal hielten Leute den vollgepackten Wagen an und fragten, wo wir herkämen. »Wissen Sie, ob's schon vermietet ist? Badewanne oder Dusche?« Vermutlich machten sie es mit den Jungs vom Rettungswagen nicht anders, wenn sie unterwegs zum Leichenschauhaus waren. »Auf welcher Etage hat der Verschiedene gewohnt? War es ein helles Apartment?«
    Ich war mit der Vorstellung groß geworden, man müsste einigermaßen helle sein, um in New York durchzukommen, aber eine überraschend große Zahl unserer Kunden überzeugte mich vom Gegenteil. Da gab es Leute, die zweihundert Pfund Porzellan in einen einzigen Umzugskarton von der Größe einer Hundehütte packten, oder schlimmer noch, Leute, die überhaupt nichts einpackten. Ich erinnere mich noch an den Umzug einer attraktiven jungen Frau, die es für schick hielt, Kim mit einem h, einem y und Doppel-m zu buchstabieren. Als die Tür aufging, dröhnte uns nerv tötende Club Music aus einer gigantischen Stereo-Anlage entgegen. Auf der Herdplatte brutzelte eine Pfanne Popcorn, wie überhaupt alles an seinem angestammten Platz zu stehen schien. Ich dachte, wir hätten uns in der Adresse vertan, und wollte mich entschuldigen, als die Frau sagte: »Die Männer vom Umzugsunternehmen? Großartig, immer herein. «
    Im gleichen Moment ging das Telefon, so dass sie erst einmal das Gespräch entgegennahm, bevor sie die Hand auf die Sprechmuschel hielt und sagte: »Ich hab keine Kartons oder sowas finden können, also. . . na ja. «
    »Wie also. . . na ja ?« fragte Dwayne. »Sollen wir irgendwie zaubern oder, na ja, einfach nach Hause

Weitere Kostenlose Bücher