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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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gut umgehen. Das hat Daddy mir gesagt, bevor er die Stadt verließ. (“Sei brav, Schätzelchen.” Er ging in die Knie, damit er mir direkt in die Augen sehen konnte. “Und denk immer dran, deine Oma kann mit Tränen nicht gut umgehen, deswegen hör jetzt auf zu weinen und gehorche deiner Mama, ja?") Daddy konnte eigentlich gut mit Tränen umgehen, aber dieses Mal hatten sie ihn nicht davon abgehalten, zu gehen. Und Mamas Tür war schon kurz bevor er ging verschlossen.
    “Ich will meine Mama.” Ich musste husten, weil ich mit aller Kraft versuchte, die Tränen zurückzuhalten und ein paar davon in meine Nase liefen und nicht aus den Augen, wie sie eigentlich sollten. “Mama? Mama, kann ich reinkommen? Mama?”
    “Ich sagte, lass sie in Ruhe.” Omas Hände lagen auf meinem Rücken. Wenn ich nicht von dieser Tür verschwand, würde ihr Druck noch einiges fester werden, das wusste ich. “Geh raus spielen.”
    “Mama!” Ich versuchte es ein letztes Mal, aber Mamas Tür bewegte sich nicht und die Hände an meinem Rücken zeigten mir, wo ich hinzugehen hatte.
    So habe ich herausgefunden, dass es Tage gibt, an denen man mit Mama nicht reden kann.
    Als wir die Fenster im Erdgeschoss geputzt haben, halten Emma und ich uns wieder an der Wand fest und klettern die kaputte Treppe zu unserem Nest hinauf.
    “Hey! Die Matratze passt rein!” Emma kommt die Treppe viel schneller hinauf als ich, weil sie so gut balancieren kann.
    Die Matratze wartet tatsächlich schon in dem kleinen Zimmer, sie fügt sich perfekt zwischen die beiden Wände. Ich habe auf meiner Seite des Bettes sogar noch Platz für das Briefmarkenalbum, damit ich es anschauen kann, wann immer ich will. Am Fußende liegt Bettzeug. Ich falte es auseinander, krabble ans Kopfende und stopfe das Laken fest. Emma macht dasselbe am anderen Ende, und schon haben wir einen Schlafplatz!
    “Lass es uns mal ausprobieren.”
    “Die Decke ist viel höher als die vorher”, sage ich. Unser Zimmer ist kuschelig. Ich betrachte die Figuren, die die abblätternde Deckenfarbe formt. “Du, kneif mal die Augen fast ganz zusammen und schau zur Decke – sieht das nicht wie eine Wolke aus?”
    “Ja.”
    Die Laken unter uns sind kühl. Es gibt an einem heißen Tag nichts besseres als kühle Laken, sagt Mama immer. Und sie hat Recht.
    “Warum lässt du sie nicht in Ruhe?” Mamas Stimme vor der Tür klingt leise, und es ist auch weniger eine Frage als eine Aussage.
    “Was hast du da eben gesagt?” Seine Stimme ist nicht annähernd so leise. Durch unser winziges Fenster dringt kaum Licht ins Zimmer – ich weiß nicht, wie lange wir geschlafen haben.
    “Siehst du nicht, wie müde sie ist?” fragt Mama zurück. Ich drehe den Kopf ein wenig, um meine kleine Schwester zu betrachten, die gerade zum ersten Mal, seit ich denken kann, von Mama in Schutz genommen wird. Dann entfernen sich ihre Stimmen, die Worte werden wütender. Ein paar erreichen unsere Ohren, und da weiß ich sofort, dass wir unser stickiges Zimmer besser nicht verlassen sollten. Die Hitze hat sich gestaut, wir haben unsere Arme und Beine so weit wie möglich abgespreizt, ohne uns zu berühren, damit die wenige Luft sich um uns herum bewegen kann. Meine Nase ist verstopft, obwohl das noch längst nicht die Jahreszeit dafür ist. Mein Mund steht offen, und als ich es bemerke, beginne ich zu hecheln wie ein Hund.
    “Emma? Bist du wach?” Es ist kaum ein Flüstern, für den Fall, dass sie noch schläft.
    “Ja.”
    “Was sollen wir wegen der Schule machen? Es ist doch komisch, dass Mama nicht sagt, in welche wir gehen werden.”
    Ich knabbere mal wieder an den Fingernägeln. Schlechte Angewohnheit. Das muss mir Mama gar nicht erst sagen. Ich kaue die Fingernägel ab, bis sie so kurz sind, dass meine Zähne nicht mehr rankommen, dann nehme ich mir die Haut drumherum vor. Immer wenn Mama das sieht, sagt sie “Lass das”. Wenn ich dann nicht sofort die Hand von meinem Mund nehme, zerrt sie daran, deswegen höre ich normalerweise sofort auf, wenn sie das sagt. Selbst Emma hat genug davon. Sie liegt auf dem schweißnassen Laken und zischt mir zu, dass ich das lassen soll. Also lasse ich es. Für einen Moment.
    “Ich will sowieso in keine neue Schule”, sagt sie. “Ich find’s gut, wenn wir einfach hier bleiben.”
    “Ja, wahrscheinlich.” Aber eigentlich finde ich das nicht. Wie gesagt, ich hatte gehofft, in der nächsten Schule beliebt zu sein. Außerdem, mit wem sollen wir spielen, wenn wir hier so weitab

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