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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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ein.
    “Pack bloß nicht diesen Dreck hier ein”, sagt er, als sie die Erbsen einwickeln will. “Du weißt, dass ich Erbsen hasse. Nimm das Gemüse von gestern Abend.”
    Mama dreht sich nicht um. “Kein Gemüse mehr da. Ich hole was aus dem Kühlschrank.” Sie ist auch sehr still. Ihr Auge ist wieder abgeschwollen, aber ihrem Arm geht es noch nicht besser. Mir kommt es vor, als wäre es schon einen Monat her, wahrscheinlich aber erst eine Woche. Eines Morgens kamen wir zum Frühstück hinunter, und da stand sie, ihr rechtes Auge war zugeschwollen, ihr linker Arm schwarz und blau mit einem tiefen Schnitt in der Mitte. (“Oh, Mama”, sagte ich. “Hör auf mit diesem ‘oh, Mama’. Mir geht’s gut. Bin bloß von einer Biene gestochen worden, das ist alles. Iss dein Müsli.”) Ich wünschte, der Arm würde endlich heilen, weil Richard immer ganz aufgebracht ist, wenn sie sich irgendwo stößt und zusammenzuckt oder wenn sie etwas mit beiden Händen hochnehmen muss.
    Richard schnappt sich noch ein Stück Hühnchen von der Platte und lässt es auf seinen Teller fallen.
    “Was glotzt du so?” fragt er mich.
    Ohne es zu merken, habe ich die Regel, ihn während des Essens nicht anzusehen, gebrochen. “Nichts”, murmle ich Richtung Teller.
    “Du wolltest doch nicht das letzte Stückchen Huhn, wie?” fragt er mit vollem Mund. “Junge, Junge, das ist vielleicht lecker.”
    Ich wollte es tatsächlich, aber das werde ich ihm keinesfalls verraten.
    “Noch hungrig?” fragt er.
    “Nein”, lüge ich. Mein Magen knurrt noch, weil Richard mir nur ein Hühnerbein abgegeben hat, und dieses Hühnchen war ziemlich mager.
    “Nein was?”
    “Nein, Sir.”
    “Schon besser. Etwas öfter Sir und Ma’am würden diesem Haus nicht schaden.”
    Nachdem er das ganze Fleisch von dem letzten Knochen genagt hat, schiebt er den Stuhl vom Tisch zurück.
    “Wo ist die Tüte?” fragt er Mama über die Schulter. Er schüttet den letzten Schluck Bier hinunter, wirft die Dose auf den Boden und tritt sie platt. Emma und ich fahren bei dem Geräusch zusammen. Er findet es jedes Mal witzig, wenn er uns damit erschrecken kann.
    “Ah”. Er rülpst ziemlich laut. “Also dann.” Er nimmt die Papiertüte aus Mamas gesunder Hand entgegen und geht.
    Natürlich hat Richard uns nichts über seinen Job erzählt. Wir haben von Orla Maes Daddy etwas darüber erfahren, als wir bei ihr zu Hause waren. Für jeweils zehn Steine, die wir aus seinem Garten entfernen, zahlt er uns einen Penny.
    “Er macht seinen Job ganz gut”, sagt Mr. Bickett. Wir kauern auf dem Boden neben unseren drei Stapeln und zählen die Steine. Ich muss aufpassen, dass Emma nicht ein oder zwei (oder mehr) von meinem Stapel klaut, aber ich will wissen, ob Orla Mae geschwindelt hat, als sie sagte, dass die Sägespäne Feuer fangen können, deswegen schaue ich ihn an. Nicht direkt in die Augen allerdings, für den Fall, dass er so launisch wie Richard ist.
    “Fängt das wirklich Feuer, wenn man es nicht bewegt?” frage ich und sehe an ihm vorbei in den Wald.
    “Klar.” Er nickt, spuckt braune Tabakbrühe in eine Tasse, die er an den Mund hält. “Aus dem Grund hab’ ich den letzten Kerl auch rausgeschmissen. Der ist einfach so eingeschlafen mit dem Eisenstab in der Hand. Der Haufen Sägespäne war so groß, dass man aufrecht stehen musste, um ihn umzurühren. Hätte gar nicht erst so groß werden dürfen. Das weiß ich jetzt auch. Und trotzdem hat Chancey Dewalls geschlafen wie ein Baby, während die Flammen die Späne schneller verschlungen haben als ein Huhn Korn picken kann.”
    “Und was ist dann passiert?” fragt Emma. Sie kauert ebenfalls neben ihrem Stapel – als ob ich ihr was klauen würde!
    “Dann rannte Chancey Dewalls schreiend aus der Fabrik, sein halber Körper war schon ganz knusprig gebraten.” Er spuckt wieder in die Tasse. “Wir brauchten ’ne ganze Truppe, um das Feuer zu löschen. Haben ’ne Menge verloren in dieser Nacht, mmm-hmm. Vier Schränke für Asheville und dreizehn Stühle für eine Familie drüben in Raleigh. Also, warum man dreizehn Stühle will und nicht zwölf oder vierzehn ist mir ein Rätsel, das kann ich dir sagen, jedenfalls waren dreizehn hin. Einfach so. Hat gedauert, bis wir wieder jemanden gefunden haben, der den Haufen bewacht. So sind wir auf deinen Daddy gekommen.”
    “Stiefvater”, korrigiert Orla Mae ihren Vater. “Ihr Daddy ist gestorben, als Carrie noch ganz klein war.”
    “Schönes Pech.” Mr. Bickett

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