Ich & Emma
mal. Nichts.
Wahrscheinlich ist Emma eingeschlafen.
“He, Em!” rufe ich leise. Es ist ganz still überall, ich folge dem Lichtschein, der aus dem Küchenfenster über den Weg fällt. “Du kannst jetzt kommen!”
“Hm?” Ihre müde Stimme erklingt praktisch direkt unter meinen Füßen.
“Wo bist du?”
“Hier”, antwortet sie. Als meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehe ich Emma zusammengerollt wie ein Hund auf dem Boden liegen. Sie windet sich vor Schmerzen.
“Komm.” Ich gehe in die Hocke, um ihr aufzuhelfen. Mir ist klar, dass sie höllische Kopfschmerzen haben muss. Als ich zum letzten Mal auf den Kopf geschlagen wurde, hämmerte es jedes Mal wenn ich aufstand dermaßen, dass ich glaubte, mein Hirn würde herausspringen. Daher weiß ich genau, wie es ihr jetzt geht. “Leg deinen Arm um meine Schulter, ich helfe dir.”
Sie tut, was ich sage, zusammen taumeln wir zum Haus, kleine Stöckchen zerbrechen unter unseren Füßen.
Richtige Sorgen mache ich mir erst, als ihr Kopf auf meiner Schulter nach hinten rollt. Jetzt bekomme ich
Angst.
“Mama!” rufe ich, und versuche Emma durch die Tür zu schieben, die ich mit einem Fuß aufstoße.
“Mama, Hilfe!” Arm in Arm klappen wir beide auf dem Boden zusammen. Nach ein paar Minuten, die mir wie Stunden vorkommen, versuche ich meinen Arm unter ihr wegzuziehen, aber sie ist zu schwer, also lasse ich es.
“Was zur Hölle?” Ich höre Mamas Stimme über uns. “Was ist denn jetzt schon wieder passiert?”
Ich lasse meine Augen geschlossen, denn wenn ich sie aufmachen würde, müsste ich mich auch aufrappeln, und dafür habe ich jetzt einfach nicht genug Kraft.
“Aufstehen”, sagt sie. Ich kann hören, wie sie wieder heftig an ihrer Zigarette zieht. “Na los, aufstehen. Ich weiß, dass du nicht schläfst.” Da hat sie Recht, ich schlafe nicht, aber Emma ist bewusstlos.
Die Bodendielen knarren und knarren, als sie weggeht, wahrscheinlich ist es das Beste für uns. Sie ist sowieso nicht kräftig genug, um uns beide zu tragen. Ich schätze, ich habe das Unvermeidliche nur auf die lange Bank geschoben.
“Emma.” Ich bewege meinen Arm, der noch immer unter ihr liegt. “Komm schon, Em. Beweg dich wenigstens ein bisschen. Emma.”
Als ich meinen Kopf drehe, kann ich sehen, wie sie blinzelnd die Augen öffnet.
“Nur ein Stück, damit ich aufstehen und dich hochziehen kann. So ist’s gut. Okay. So ist es gut.” Sie hebt ihren Körper ein wenig an, ich ziehe meinen Arm unter ihr hervor und springe auf.
“Gut, jetzt gib mir deine Hände, ich helfe dir hoch, dann gehen wir ganz schnell ins Bett. Hier. Und jetzt die andere Hand. Das machst du gut. Bei drei ziehe ich dich hoch. Eins. Zwei. Drei!” Und ich zerre sie auf die Beine.
“Jetzt gehen wir zur Treppe.” Ich lege wieder ihren linken Arm über meine Schulter. “Gut. Ganz kleine Schritte. Du machst das wirklich gut, Em.” Ich habe herausgefunden, dass es besser ist, wie mit einem kleinen Kind mit ihr zu reden, anstatt sie anzumeckern.
“Gutes Mädchen, das ist wirklich gut. Noch ein Schritt. So. Jetzt sind wir an der Treppe. Noch ein paar Stufen und wir können ins Bett. Erste Stufe. Zweite Stufe. Gut! Dritte Stufe. Siehst du!”
Ich lasse sie mit dem Gesicht nach unten aufs Bett fallen, damit ich ihr die Schuhe ausziehen kann, bevor ich sie richtig hinlege. An ihrem Hemd kleben Kiefernnadeln, ich knie mich neben sie und ziehe es ihr aus. Das ist nicht leicht, aber es geht. Sie wird nackt schlafen müssen, ich schaffe es nicht, ihr das Nachthemd überzustreifen. Es ist aber sowieso ganz schön heiß heute.
Dann schiebe ich sie nach oben, lege ihren Kopf aufs Kissen, ziehe die Decke unter ihr hervor und lege sie neben sie, damit sie sich zudecken kann, falls es in der Nacht doch noch kühl wird.
Uff.
Jetzt kann ich nach unten gehen und mir etwas zu essen suchen, weil ich mit leerem Magen sowieso nicht schlafen kann.
Mama sitzt rauchend am Küchentisch, ich bin nicht so dumm und frage nach dem Abendessen, gehe einfach zum Kühlschrank und sehe hinein.
“Is’ noch Hühnchen vom Sonntag drin”, sagt Mama. “Und iss nicht im Stehen – wie oft habe ich dir das schon gesagt? Setz dich hin und iss anständig.”
Ich gebe etwas von dem Hühnereintopf auf einen Teller, den ich einfach von dem Stapel neben der Spüle nehme … wäre ja blöd, einen weiteren Teller schmutzig zu machen, wenn ich es sowieso bin, die spülen muss.
Mama lehnt sich mit vor der Brust
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