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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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die noch mal?”
    Bevor sie das klären können, beginnt Zebulon etwas auf seiner Gitarre zu zupfen, die anderen beiden fallen mit ein, und schon spielen sie die wunderbarste Musik der Welt. Ich schließe die Augen und stelle mir meinen Großvater Seite an Seite mit ihnen vor. Ich wette,
er
war kein Streithammel.
    Ich spaziere den Weg entlang, der zur Nummer zweiundzwanzig führt und entdecke das alte Auto vom Sheriff vor der Tür. Wenn ich nicht sowieso wüsste, dass es sein Wagen ist, müsste ich nur lesen, was über der Fahrertür steht:
Sheriff
in fetten Buchstaben, damit man sich auch ja nicht vertut.
    “Emma?” rufe ich, für den Fall, dass sie nicht im Haus, sondern draußen ist. Sie kann mir vielleicht sagen, was los ist, doch sie antwortet nicht.
    Sie sind gekommen, um Richard mitzunehmen. Das spüre ich.
    Hier gibt es einen großen Stein, der geradezu dafür gemacht ist, sich zu setzen, und das tue ich. Mich hinsetzen. Und warten. Ich bin gespannt, ob sie Handschellen benutzen.
    Ich muss nicht allzu lange warten, bis sich die Tür öffnet und der Sheriff heraustritt, zwar ohne Richard, aber mit einem Blatt Papier in der Hand, das er an der Tür befestigt. Ich weiß nicht, was darauf steht, jedenfalls sieht der Sheriff anders aus, als ich ihn mir vorgestellt habe; er trägt Jeans und ein altes Hemd. Als er die Vordertreppe hinunter zu seinem Pick-up geht, sehe ich, dass ein Stern in dem Hemd steckt, also ist das wohl die Uniform, die er immer trägt. Wenn ich nur wüßte, was hier vor sich geht.
    Halt! Da ist Mama.
    “Was sollen wir denn jetzt machen?” ruft sie dem Sheriff zu, der schon mit einem Bein in seinem Pick-up ist.
    “Vielleicht haben Sie ja Verwandte, zu denen Sie gehen können”, sagt er.
    “Bitte tun Sie das nicht.” Sie ist den Tränen nahe, ich kann an ihrer Stimme hören, wie sehr sie damit kämpft, sie zurückzuhalten. “Bitte.”
    “Tut mir Leid, Ma’am. Aber Gesetz ist Gesetz.”
    Damit klettert er schließlich in seinen Pick-up, startet den Motor und fährt weg, an den Büschen vorbei und über die Steine auf die große Hauptstraße.
    “Was ist los, Mama?” frage ich, aber das Haus hat sie bereits verschluckt.
    Als sich die Tür hinter ihr schließt, lese ich den Zettel, den der Sheriff angebracht hat.
    Räumungsbefehl. Die Bewohner sind aufgefordert, dieses Grundstück innerhalb von dreißig Tagen zu verlassen. Bei Zuwiderhandlung werden nach Ablauf dieser Frist gerichtliche Schritte eingeleitet.
    Die Bewohner sind aufgefordert, dieses Grundstück zu verlassen?
    “Mama?” rufe ich, als meine Augen sich an die Dunkelheit des Hauses gewöhnt haben. “Wo seid ihr alle? Emma?”
    In der Küche stehen Oma und Tante Lillibit hinter Mama, die auf einen Stuhl gekauert den Kopf in den Händen vergraben hat. “Er hätte hier sein sollen, dieser Schweinehund”, sagt Tante Lillibit und legt Mama eine Hand auf die Schulter. “Wo ist er überhaupt?”
    Mama schüttelt den Kopf.
    “Hätte, hätte”, sagt Oma. “Jetzt ist nicht die Zeit, sich in Selbstmitleid zu wälzen. Wird eine Menge Arbeit, das alles wieder einzupacken.” Sie wirft Tante Lillibit einen Blick zu, dann beginnt sie das Geschirr zu spülen, das sich immer ganz von allein zu vermehren scheint.
    “Was sollen wir jetzt tun?” schluchzt Mama durch ihre Hände hindurch.
    “Daran hätte er denken sollen, als er in die Geldkasse gelangt hat”, erklärt Oma über ihre Schulter. “Daran hätte er denken sollen, als er die Prügelei begonnen hat. Scheint mir, dass er nie nachdenkt, bevor er zuschlägt.”
    Mama drückt sich aus dem Stuhl. “Wenn du etwas Bestimmtes sagen willst, Mutter, dann sag es.” Mamas Stimme ist höher, als ich sie je gehört habe. “Sag es einfach. Mir ins Gesicht. Nicht zu Lillibit. Zu mir, Mama.”
    Oma dreht sich zu ihr um.
    “Sprich nicht in diesem Ton mit mir, junge Dame. Ich bin noch immer deine Mutter, und ich verdiene ein wenig Respekt.”
    “Warum kannst du nicht einfach sagen, was du denkst?” Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht, dass das der Tonfall ist, den Oma sich gewünscht hat. “
Sag es einfach.”
    “Na gut, na gut. Du hast dir diesen Ärger selbst eingebrockt. Einen Mann geheiratet, der mit leeren Händen in die Stadt kam, mit denen er nichts anderes tut, als zuschlagen. Du kratzt dich am Kopf und fragst dich, wieso das alles schief gelaufen ist … ich kann’s dir sagen. Du hast dich nie mit deinem Leben abgefunden. Du willst ein besseres Leben, aber das

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