Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
wurde bewusst, dass es wichtiger war, anzuerkennen, dass die Bewohner der Stadt versucht hatten, sich zu ändern. Und dadurch hatten sie anderen geholfen.
„Vielleicht haben Sie Lust, im Herbst einen Vortrag für unsere Studentinnen und Studenten zu halten”, schlug Dana vor. „Wir haben eine Vorlesungsreihe, die sehr beliebt ist. Ich bin überzeugt, Sie hätten ein großes Publikum.”
Liz zögerte. „Ich weiß noch nicht genau, welche Termine ich im Herbst habe”, erklärte sie. Es entsprach größtenteils der Wahrheit. „Normalerweise gehe ich auf Lesereise.”
„Wir könnten uns ganz nach Ihnen richten.”
„Vielleicht lässt sich da was machen.” Liz bemühte sich, so zu klingen, als würde sie das Angebot zumindest in Erwägung ziehen. „Ich werde es im Kopf behalten.”
Hierher zurückkommen und einen Vortrag halten? Sie wollte nicht noch einen zusätzlichen Termin im Herbst, für den sie weit fahren musste. Obwohl, wenn sie dann immer noch hier wohnte ...
Nein, sagte sie sich. Nicht hier. Sie durfte sich wegen ein paar guter Tage nichts vormachen. Wollte sie wirklich den Rest ihres Lebens an einem Ort verbringen, wo die Leute sich über sie ein Urteil anmaßten, ohne sie zu kennen?
Niemals, dachte sie und bekräftigte den Beschluss mit einem energischen Nicken.
„Ich kann dafür sorgen, dass er dir im Preis entgegenkommt”, murmelte Ethan.
Liz betrachtete fasziniert die Kommode, die zur Gänze aus Ästen bestand. Nicht aus Brettern, nicht aus Rundhölzern, sondern aus Ästen. Vielen Ästen.
„Wie macht er das bloß?”, überlegte sie halblaut. „Wodurch wird das Ding zusammengehalten?”
„Das willst du lieber nicht wissen.”
Eigentlich war es das Bücherfest, das gerade im Stadtpark stattfand. Doch als Liz gemeinsam mit Ethan, Abby und Tyler durch den Park schlenderte, sah sie, dass es viel mehr als nur Bücher zu bestaunen gab.
Die Ausstellungsstände waren nach Themen geordnet. Alles, was mit Kunsthandwerk und Basteln zu tun hatte, war in einem Bereich zusammengefasst, und die Kochbücher befanden sich gegenüber der Reiseliteratur. Die Romane waren am anderen Ende des Parks, doch Liz brauchte erst in einer halben Stunde dort zu sein.
„Sieh mal. Was für ein Andrang.” Liz deutete auf die vielen Leute, die sich um einen Stand drängten.
„Kekse”, erklärte Ethan, nahm Liz an die Hand und zog sie näher zu sich. „Die Frau schreibt Kochbücher und bietet Kostproben an.”
„Tolle Idee. Das sollte ich auch tun.” Sie runzelte die Stirn. „Obwohl, ich weiß nicht genau, was ich anbieten könnte.”
„Blut”, neckte Tyler sie fröhlich. Er ging ebenfalls neben Ethan.
„Oder Leichen”, schlug Abby kichernd vor, die sich dicht an Liz hielt. Melissa war mit ein paar Freundinnen unterwegs.
„Wie nett”, sagte Liz. „Woher nehmt ihr zwei bloß eure Ideen?”
Tyler und Abby lachten.
Es macht Spaß, so durch den Park zu schlendern, dachte Liz, als sie bei einer Bude stehen blieben und sich Limonade kauften. Nebenan wurde gerade gezeigt, wie man einen Quilt nähte. Es war halb Party, halb Jahrmarkt. Bis jetzt waren alle Leute nett zu ihr gewesen und hatten sie freundlich begrüßt. Niemand hatte etwas Gemeines über sie oder Tyler gesagt.
„Ist das da drüben ein Lama?”, fragte Ethan.
Liz kniff die Augen zusammen und blieb stehen. In einiger Entfernung stand im Schatten tatsächlich ein kleines Lama. „Spucken die nicht?”
„Das hört man jedenfalls immer.”
„Das ist kein Lama”, schaltete Tyler sich wichtig ein. „Es ist ein Alpaka. Eine Kamelart.”
„Das ist so etwas Ähnliches wie ein Schaf”, fügte Abby hinzu. „Die Haare von Alpakas sind wie Wolle und können zu vielen verschiedenen Dingen verarbeitet werden. Manche Haarfasern sind total weich.”
„Die Ohren von Lamas haben die Form einer Banane”, erklärte Tyler. „Alpakas haben gerade Ohren.”
Liz starrte beide entgeistert an. „Wie bitte?”
Die Kinder grinsten. „Eine Frau hat vorige Woche Alpakas ins Camp mitgebracht”, sagte Abby. „Sie hat uns einen ganzen Vormittag lang alles über diese Tiere erklärt.”
„Ich bin beeindruckt”, stellte Liz fest.
Ethan wuschelte Tyler durch die Haare. „Alle Achtung.”
Tyler zuckte gleichgültig die Achseln, wirkte jedoch mächtig stolz.
Sie spazierten weiter bis ans andere Ende des Parks. Eine beachtliche Menschenmenge schien ebenfalls dorthin unterwegs zu sein. Jetzt bemerkte Liz die großen Plakate, auf denen ihre Bücher
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