Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
Montana nicht überraschte, doch genau in diesem Moment kamen die Kinder die Treppe herunter.
Nachdem alle miteinander bekannt gemacht worden waren, wurde Pizza bestellt. Dann besprachen sie die Regeln für den Abend. Liz sorgte dafür, dass sich alle nochmals ihre Handynummer notierten. Sie hatte mit Melissa bereits vereinbart, dass Montana heute auf die zwei jüngeren Kinder aufpassen würde, und Melissa war froh gewesen, nicht schon wieder die Verantwortung übernehmen zu müssen. Kurz bevor Liz ging, wollte sie sich vergewissern, dass das Geld für die Pizza auf dem Tisch im Esszimmer lag.
Doch die zwei Zwanziger, die sie dorthin gelegt hatte, waren verschwunden.
„Hat jemand das Pizzageld genommen?”, rief sie ins Wohnzimmer hinüber.
Die Kinder und Montana waren bereits dabei, sich ein Video für den Abend auszusuchen. Aus dem Wohnzimmer war nur ein gemurmeltes „Ich hab’s nicht gesehen” zu vernehmen.
Liz sah unter dem Tisch nach. Vielleicht war das Geld ja hinuntergefallen. Nichts zu sehen. Vielleicht hatte sie nur die Absicht gehabt, das Geld hinzulegen.
Sie holte noch zwei Zwanziger aus ihrem Portemonnaie und gab sie Montana.
„Viel Spaß”, rief sie. „Ich sollte gegen zehn Uhr zurück sein. Wenn nicht, gehen alle ins Bett. Tschüss.”
„Tschüss, Tante Liz.”
„Tschüss, Mom.”
„Amüsier dich gut”, sagte Montana. „Und lass dir von Ethan von dem Bücherfest erzählen.”
„Du bist ja richtig hartnäckig”, sagte Liz, während sie zur Tür ging.
„Eine meiner besten Eigenschaften. Und typisch Hendrix.”
6. KAPITEL
E thans Haus lag auf der anderen Seite der Stadt, was einen Spaziergang von fünfzehn Minuten bedeutete. Die Tage waren bereits länger, die Sonne schien noch, und der Himmel war blau. Liz lenkte sich ab, indem sie versuchte, die Namen der Blumen zu nennen, an denen sie vorbeiging. Da sie kaum mehr als Rosen, Nelken und Gänseblümchen kannte, war der Ablenkungsversuch nicht sonderlich erfolgreich.
Stattdessen stellte sie die Wahl ihrer Kleidung für den heutigen Abend infrage. Sie hatte leger, aber nicht zu leger aussehen wollen und sich für ein hellgrünes T-Shirt mit Fledermausärmeln und einen weißen Jeansrock entschieden, der ihre von Selbstbräuner gebräunten Beine zur Geltung brachte. Wegen ihrer roten Haare war echte Sonnenbräune ein Ding der Unmöglichkeit. Liz bekam immer nur einen Sonnenbrand und Sommersprossen.
Vielleicht hätte sie einfach Jeans anziehen sollen. Passte ein Rock nicht eher für ein Date? Sie wollte nicht, dass Ethan glaubte, sie würde zu viel in das Abendessen hineininterpretieren.
Bevor sie sich völlig verrückt machen konnte, bog sie in Ethans Straße ein und blieb dann einen Moment lang stehen, um sein Haus zu bewundern. Es war relativ neu mit viel Holz gebaut und hatte eine große Veranda.
Es hätte noch viel an dem Haus zu bestaunen gegeben. Doch Liz ahnte, dass sie nicht den Mut finden würde, hineinzugehen, wenn sie noch länger stehen blieb. Irgendwann würde den Nachbarn die erstarrte Gestalt auf dem Gehweg auffallen. Sie würden annehmen, dass es sich um eine Verrückte handelte, und die Polizei verständigen. Von da an würde es nur mehr bergab gehen – was bedeutete, dass hineinzugehen vermutlich das Sicherste und Beste war, was sie im Augenblick tun konnte.
Sie ging zur Haustür. Es wurde geöffnet, ehe sie anklopfen konnte. Ethan stand vor ihr – groß und sehr männlich und sexy in Jeans, Stiefeln und einem weißen Hemd, dessen Ärmel er bis zu den Ellbogen hochgekrempelt hatte. Seine Haare waren etwas zerzaust, sein Gesichtsausdruck gleichzeitig freundlich und erwartungsvoll. Eine Sekunde lang spürte sie eine andere Art von Anspannung – eine, die tief unten in ihrem Bauch begann und sich in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Das mochte zwar besser als Nervosität oder Wut sein, aber ungefährlicher war es nicht.
Sie rief sich in Erinnerung, dass sie Ethan einmal geliebt hatte. Das machte sie verletzlich. Nur weil sie ein paar Dinge geklärt hatten, hieß das nicht, dass sie sich entspannen konnte. Sie hatte keine Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, dass er ein gut aussehender Mann war, bei dem die tieferen Regionen ihres Körpers sehnsüchtig aufseufzten.
„Du hast es also gefunden”, stellte er fest.
„Kaum zu glauben, aber wahr.” Sie trat ein. „Tolles Haus. Hast du es gebaut?”
„Vor ein paar Jahren.”
„Mit Rayanne?” Die Frage war ihr einfach so herausgerutscht.
„Nein. Das
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