Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst

Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst

Titel: Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
Vom Netzwerk:
sie die Schuld geben konnte.
    Sie atmete tief durch und verbannte die Erinnerungen und das schlechte Gewissen in den hintersten Winkel ihres Gehirns. Sie konnte auf der Heimfahrt nach Fool’s Gold mit den Selbstvorwürfen weitermachen. Im Moment musste sie sich darauf konzentrieren, dass sie gleich ihren Bruder wiedersehen würde. Das erste Mal seit fast achtzehn Jahren.
    Wie aufs Stichwort ging die Tür am anderen Ende des Raumes auf und ein Mann kam herein. Er war etwas größer als sie, hatte schütteres graues Haar, grüne Augen und einen misstrauischen Blick. Einen Moment lang starrte er sie erstaunt an. Dann lächelte er.
    „Verdammt. Sieh einer an”, sagte er zur Begrüßung und kam näher. „Es hieß, ich hätte Besuch. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wer das sein sollte. Es ist kein regulärer Besuchstag, und außerdem kommt nie jemand zu mir. Ich dachte schon, es wäre in Irrtum. Wie geht es dir, Liz?”
    „Hi, Roy. Lange nicht gesehen.”
    Sie war zwölf gewesen, als er ohne Vorwarnung einfach abgehauen war und sie ihrem Schicksal mit einer gleichgültigen Mutter überlassen hatte. Damals war sie noch ein Kind gewesen. Im Laufe des folgenden Sommers war sie ein gutes Stück erwachsener geworden.
    „Du siehst gut aus.” Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich. „Ich habe deine Bücher gelesen. Du bist jetzt richtig berühmt, nicht wahr?”
    „Das ist ein bisschen übertrieben. Aber immerhin kenne ich jemanden, der mir heute einen Besuchstermin verschafft hat.”
    „Nicht übel.”
    Er sah müde aus. So, als wäre er schon zu lange über die Straße des Lebens gegangen.
    „Ich bin sehr stolz auf dich, Lizzy”, fuhr er fort. „Wirklich sehr stolz.”
    „Danke.” Sie sah sich in dem trostlosen Raum um. „Was ist passiert? Warum bist du hier?”
    Er zuckte die Achseln. „Es hat eine Prügelei in einer Bar gegeben. Ich habe mich verteidigt, aber der Staatsanwalt hat das nicht ganz so gesehen. Es war nicht meine Schuld.”
    Die Worte kamen Liz bekannt vor. So ist er schon früher gewesen, dachte sie traurig. Früher, als sie noch jünger gewesen war. Nie hatte Roy je an irgendetwas Schuld gehabt.
    „Wie viele Jahre hast du bekommen?”, erkundigte sie sich.
    „Fünfzehn bis zwanzig. Aber ich komme früher raus. Wegen guter Führung.” Er beugte sich zu ihr. „Hast du meine Mädchen gesehen?”
    „Ja. Sie sind großartig. Und sie vermissen dich.”
    „Ich vermisse sie auch. Ich sollte ihnen öfter schreiben, ich weiß. Die Zeit verfliegt hier nur so. Ich habe viel zu tun.”
    Er saß im Knast. Was konnte er schon zu tun haben? Doch Liz wusste, dass es keinen Sinn hatte, ihn darauf anzusprechen.
    „Ich war überrascht, dass du wieder nach Fool’s Gold gezogen bist”, erklärte sie. „Wann ist das passiert?”
    „Nach Moms Tod.” Er runzelte die Stirn. „Ich dachte, du wüsstest es. Ich bin immer mit ihr in Verbindung geblieben. Als sie krank wurde, bin ich zurückgekommen. Es ging alles sehr schnell. Sie ist ins Krankenhaus gekommen, und eine Woche später war sie tot. Ich hatte gerade Bettina geheiratet, und wir hatten keine Wohnung. Als ich erfahren habe, dass Mom mir das Haus vererbt hat, sind wir nach Fool’s Gold gezogen.”
    Sie schüttelte den Kopf. „Du bist mit Mom in Verbindung geblieben? Du hast ihr geschrieben und mit ihr telefoniert?”
    „Natürlich. Dir habe ich auch geschrieben. Du hast nie geantwortet. Ich dachte, du wärst sauer oder so.”
    „Diese Briefe habe ich nie bekommen”, sagte sie leise und versuchte, den Schmerz wegzuatmen, den sie plötzlich spürte. Roy hatte ihr geschrieben? Sie hatte geglaubt, er wäre einfach verschwunden, hätte sie im Stich gelassen und nie mehr einen Gedanken an sie verschwendet.
    „Du weißt ja, wie Mom war”, rief Roy ihr in Erinnerung. „Sie hatte ihre eigenen seltsamen Regeln.”
    Liz erinnerte sich. Als sie das letzte Mal mit ihr telefoniert hatte, hatte ihre Mutter erklärt, dass sie von Liz nicht mehr belästigt werden wollte. Irgendwann hatte dann das Krankenhaus über ihren Verleger mit ihr Kontakt aufgenommen und ihr gesagt, dass ihre Mutter krank sei. Noch bevor Liz alles für die Fahrt nach Fool’s Gold organisieren konnte, hatte man ihr in einem weiteren Anruf mitgeteilt, dass ihre Mutter gestorben war. Zum damaligen Zeitpunkt war es Liz zwecklos erschienen, zum Begräbnis nach Fool’s Gold zu fahren. Jetzt wusste sie, dass Roy dort gewesen war.
    „Beziehungen sind kompliziert”,

Weitere Kostenlose Bücher