Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
recht – sie mussten an einem Strang ziehen.
„Ich sollte jetzt besser wieder zurück in die Bücherei”, sagte sie. „Ich möchte nicht, dass deine Schwester glaubt, ich würde Tyler sich selbst überlassen.”
Er stand auf. Dann nahm er ihre Hand.
Ihre Finger waren warm. Liz zu berühren erinnerte ihn daran, wie es das letzte Mal mit ihr gewesen war. Daran, dass trotz allem immer eine schwelende Leidenschaft da gewesen war. Ein heißes Begehren, das dermaßen Besitz von ihm ergriffen hatte, wie er es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Es hatte andere Frauen gegeben. Er hatte sogar geheiratet. Aber keine war wie Liz gewesen.
In ihren Augen flackerte plötzlich etwas auf. Sie lächelte ihn kurz an. „Mit dir hat man nichts als Probleme. Das weißt du, oder?”
Er grinste. „Eine meiner besten Eigenschaften.”
„Ein Thema, das wir auf ein andermal verschieben müssen.”
Er überlegte, ob er sie küssen sollte.
Doch das würde die Dinge nur noch mehr verkomplizieren. Und zusätzliche Komplikationen können wir beide nicht gebrauchen, dachte er, als sie seine Hand kurz drückte und dann ging. Es gab genug, was sie auf die Reihe kriegen mussten. Aber zu einer Gelegenheit, Zeit mit ihr allein zu verbringen, würde ich nicht Nein sagen, dachte er, während er ihr nachsah.
„Was hat denn das zu bedeuten?”
Er drehte sich um und sah seine Mutter auf sich zukommen. Sie trug in jeder Hand eine Einkaufstasche.
Er nahm ihr die Taschen ab und stellte sie auf einen Stuhl. „Liz und ich haben uns über Tyler unterhalten.”
Seine Mutter sah ihn argwöhnisch an. „Ist das alles? Für mich hat das aber ganz anders ausgesehen. Du fängst doch nicht etwas mit ihr an, oder, Ethan? Nach allem, was sie dir angetan hat? Uns allen angetan hat?”
Seine Antwort kam spontan. „Mach dir keine Sorgen. Mir liegt überhaupt nichts an Liz. Zwischen uns läuft nichts.”
„Gut zu wissen, dass sich manche Dinge nie ändern.”
Doch die Bemerkung kam nicht von seiner Mutter. Ethan drehte sich um und sah, dass Liz direkt hinter ihm stand. Ihr Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, doch Ethan sah kurz einen Schmerz in ihren Augen aufflackern.
„So brauche ich mir keine Gedanken mehr darüber zu machen”, fügte sie hinzu und nahm die Schlüssel, die sie auf dem Tisch hatte liegen lassen.
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging.
9. KAPITEL
L iz zitterte immer noch, als sie die letzten drei Stufen zur Bücherei hinaufging. Sie versuchte sich einzureden, dass es nichts zu bedeuten hatte. Dass Ethan es zu Denise hatte sagen müssen. Immerhin war seine Mutter ja nicht unbedingt ein Fan von ihr. Doch innerlich fühlte sie sich genau so zurückgewiesen und verletzt wie vor zwölf Jahren – damals, als Ethan die Beziehung mit ihr vor allen seinen Freunden geleugnet hatte.
Sie mochte ein Kind von ihm haben, mit ihm im Bett gewesen sein und immer noch gegen die alten Gefühle ankämpfen. Doch letztlich konnte sie ihm nicht vertrauen. Sie würde ihm nie vertrauen können. Er konnte seiner Herkunft und seinem Image genauso wenig entkommen wie sie selbst.
Sie zog gerade die Tür zur Bücherei auf, als ihr eine Frau mit Kinderwagen entgegenkam. Liz hielt ihr die Tür auf.
Die Frau lächelte ihr zu. „Vielen Dank für die Hilfe.”
„Gern geschehen.”
Die junge Mutter, die Mitte zwanzig war, schob den Kinderwagen durch die Tür. Dann drehte sie sich um.
„Sind Sie nicht Liz Sutton? Ich glaube, ich kenne Sie von dem Foto auf Ihren Büchern.”
Liz nickte zögernd.
Das herzliche Lächeln der Frau erstarb. „Meine Schwester war mit Ihnen auf der Highschool. Als sie mir damals erzählt hat, Sie wären die Klassen-Schlampe, wollte ich es gar nicht glauben. Aber jetzt, da ich gehört habe, was Sie dem armen Ethan Hendrix angetan haben, weiß ich, dass jedes Wort gestimmt hat. Ich lese nie mehr wieder ein Buch von Ihnen.”
Treffer Nummer drei, dachte Liz und blieb in der Sonne stehen. Sie würde erst hineingehen, wenn sie sicher sein konnte, nicht in Tränen auszubrechen.
Sie sagte sich, dass die junge Mutter sie nicht kannte. Dass nicht wichtig war, was die Leute über sie dachten. Dass die Wahrheit weit weniger eindeutig war, als den meisten hier bewusst war. Und alle diese vernünftigen Argumente sind Quatsch, dachte sie, als sie endlich das kühle Dunkel der Bücherei betrat.
Sobald sie wieder zu Hause waren, würde sie sich das Telefonbuch schnappen, das schwor sie sich. Sie würde Kostenvoranschläge für
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