Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
die Renovierung des Hauses einholen und jeden Aufpreis zahlen, wenn bloß alle Arbeiten rasch erledigt würden. Sobald das Haus fertig war, würde sie die Mädchen und Tyler nehmen, nach San Francisco zurückkehren und nie mehr einen Fuß in dieses verdammte Kaff setzen.
Der einzige Lichtblick an diesem sonst katastrophalen Morgen war Montanas Vorfreude auf die Signierstunde. Ethans Schwester hatte darauf bestanden, Liz die Entwürfe für die Plakate und die Werbung im Internet zu zeigen. Montana war fest davon überzeugt, dass Leute von überall her nach Fool’s Gold kommen würden, nur um Liz zu sehen und sich ein Buch signieren zu lassen. Liz war sich ihrer Popularität nicht ganz so sicher. Aber der Gedanke an mögliche Fans tröstete sie ein wenig darüber hinweg, dass sie hier von den Einheimischen verbal angespuckt wurde.
Sie half Tyler, die Leihbücher ins Haus zu tragen. Ihr gefiel, dass er auch einige ausgesucht hatte, von denen er dachte, Abby würde sie mögen. Nachdem sie ihn auf sein Zimmer geschickt hatte, damit er eine Stunde sein Computerspiel spielte, rief sie Melissa und Abby ins Wohnzimmer.
Die Mädchen setzten sich auf die Couch. Liz ging durch den Kopf, wie ungeheuer jung sie aussahen. Sie wünschte, die beiden hätten es nicht so furchtbar schwer. So sehr Liz ihr eigenes Leben momentan auch hasste – das, was Abby und Melissa durchmachten, war zehnmal schlimmer. Sie waren nur Kinder und hatten so etwas nicht verdient.
Liz saß auf dem Tischchen vor der Couch und beugte sich zu den Mädchen vor.
„Ich lasse das Haus sanieren”, begann sie. „Euer Dad hat viele Reparaturen angefangen, aber ich weiß nicht, wie ich sie zu Ende bringen soll. Falls also keine von euch über verborgenes Handwerkerwissen verfügt, werde ich ein Team engagieren, das die Arbeiten erledigt.”
Melissa sah skeptisch drein, doch Abby lächelte. „Ich kann helfen.”
„Davon bin ich überzeugt.”
„Was passiert, wenn das Haus fertig ist?”, wollte Melissa wissen.
Es war jene Frage, vor deren Antwort Liz ziemlich bange war. „Wir gehen zurück nach San Francisco.”
Melissa und Abby wechselten einen Blick. Abbys Augen füllten sich mit Tränen. Melissa schüttelte den Kopf.
„Nein, das werden wir nicht”, erklärte sie. „Wir bleiben hier. Wir leben hier.”
„Ich weiß, dass es schwer wird”, sagte Liz.
„Das muss es nicht.” Melissa stand auf. Sie war rot im Gesicht und kämpfte sichtlich gegen die Tränen, die ihr in die Augen traten. „Wir laufen weg. Wir brauchen dich nicht.”
Abby stand ebenfalls auf. Dann schmiegte sie sich an Liz, die sie in den Arm nahm.
„Es tut mir leid”, murmelte Liz, drückte ihr Gesicht kurz auf Abbys Haar und presste das Mädchen an sich. „Es tut mir leid.”
„W...was sagt Dad dazu?”, stammelte Abby mit erstickter Stimme.
„Dass ihr bei mir bleiben sollt.”
Abby hob den Kopf. „Er will uns nicht, stimmt’s? Niemand will uns.”
„Ich will euch”, versicherte Liz ihr. Sie wünschte, sie könnte den Mädchen ihren Schmerz nehmen und dafür sorgen, dass sich die beiden wirklich geborgen fühlten. „Egal, was passiert, wir bleiben zusammen. Dass euer Dad im Gefängnis ist, liegt nicht an euch. Es liegt an ihm. Wäre er nicht im Knast, würde er immer noch bei euch sein.”
„Hier bei uns. Da, wo wir hingehören”, blaffte Melissa. „In unserem Haus. Du verkaufst es, oder? Und behältst das ganze Geld.”
Liz hielt Abby weiter im Arm, wandte ihre Aufmerksamkeit jedoch Melissa zu. „Ich lasse es renovieren. Dann setzen wir drei uns mit einem Immobilienmakler zusammen und besprechen, ob es vernünftiger ist, das Haus zu vermieten oder es zu verkaufen. Die Einkünfte gehen in jedem Fall in einen Treuhandfonds, den ich für euch einrichte. Für später. Es hat nichts damit zu tun, dass ich euch etwas wegnehmen will. Und ich glaube, das wisst ihr.”
„Du nimmst uns alles weg”, erwiderte Melissa, der nun doch dicke Tränen über die Wangen liefen. Sie wischte sie weg und sah Liz wütend an. „Das kannst du uns nicht antun.”
„Tyler und ich können nicht hierbleiben. Und San Francisco ist gar nicht so weit weg. Ihr könnt eure Freunde ja trotzdem sehen.”
„Wie?”, fragte Melissa.
„Tyler wird hin und wieder seinen Dad besuchen. Ihr könnt mit ihm fahren. Ich möchte doch alles nicht noch schlimmer für euch machen. Aber wir müssen zusammenleben, damit wir eine richtige Familie werden. Ihr zwei seid mir wichtig.”
„Ich komme
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