Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
aufmerksam von ihm. Würden Sie mich einen Moment entschuldigen?”
Sie machte die Haustür zu, sah auf die Nummer, die bereits auf dem Display aufleuchtete, und drückte die Anruf-Taste. Er hob beim ersten Klingeln ab.
„Lass es nicht an den Leuten aus”, sagte Ethan.
„Was soll ich nicht an dem zauberhaften Bautrupp auf meiner Veranda auslassen?”
„Das weißt du genau. Und es ist auch nicht Jeffs Schuld. Er war mir einen Gefallen schuldig.”
„Du scheinst unbedingt zu wollen, dass ich dir die Schuld gebe”, entgegnete sie mit leiser Stimme. Ihren Zorn konnte sie allerdings nicht verbergen. „Keine Sorge. Ich werde dich dafür büßen lassen.”
„Hör mal, du wolltest doch dein Haus richten lassen. Meine Leute werden großartige Arbeit leisten.”
Sie trat einen Schritt von der Tür weg und umklammerte das Handy noch fester. Vor lauter Empörung kam ihr fast der Kaffee wieder hoch. „Verdammt, Ethan. Was ist los mit dir?”
„Ich habe Jeff den Auftrag abgekauft. Zu einem guten Preis.”
„Ich hoffe, er hat dich ordentlich übers Ohr gehauen.”
„Es war ein gutes Geschäft für ihn.”
„Dann ist ja zumindest einer von uns glücklich.” Sie sah sich in dem heruntergekommenen Haus um. Es musste saniert werden, daran führte kein Weg vorbei. „Warum tust du das? Gibt es dir einen Kick, mich ständig zu ärgern?”
„Ich möchte über alles, was du tust, auf dem Laufenden sein. Du nimmst mir mein Kind weg, Liz. Ich möchte keine Überraschungen erleben.”
„Mit welchen Überraschungen rechnest du denn? Ich habe dir meine Pläne mitgeteilt und deutlich gesagt, dass ich möchte, dass es mit dir und Tyler klappt. Ich möchte, dass ihr eine Beziehung habt. Warum kannst du das nicht glauben?”
„Ich glaube es ja. Aber ich möchte mich absichern. Du bist schon mal abgehauen. Es könnte ein zweites Mal passieren.”
Der Vorwurf war so ungerecht, dass Liz der Atem stockte. „Ich bin abgehauen, nachdem du all deinen Freunden zu verstehen gegeben hast, ich wäre eine billige Schlampe, mit der du dich nie abgeben würdest. Am Abend davor hattest du mir noch ewige Liebe geschworen.” Sie musste sich an der Couchlehne festhalten. „Vergiss es, Ethan. Ich habe schon verstanden. Man kann dir nicht vertrauen, und du glaubst, die ganze Welt ist genau wie du. Kontrolliere mich, so viel du willst, wenn es dir einen Kick gibt. Es stört mich nicht. Ich habe nichts zu verbergen. Aber eines möchte ich dir sagen: Manche Menschen tun das Richtige, weil sie so erzogen wurden. Andere wiederum tun es, weil sie selbst es wollen. Ich weiß, zu welcher Gruppe ich gehöre. Wenn du dir also Sorgen machst, dass sich jemand verstellt und dir etwas vormacht, solltest du in den Spiegel schauen.”
Sie legte auf, ging zur Haustür und öffnete sie wieder. Nachdem sie das Handy zurückgegeben hatte, winkte sie die Arbeiter herein.
„Dann können Sie genauso gut gleich anfangen”, sagte sie.
Es spielt keine Rolle, wer das Haus saniert, dachte sie, als sie die Treppe hinaufging. Je eher alles fertig war, desto früher konnte sie Fool’s Gold den Rücken kehren.
Doch die morgendlichen Überraschungen waren noch nicht ganz vorbei. Als sie in das Zimmer ihres Bruders ging, wo Tyler schlief und sie ihre Kleidung aufbewahrte, sah sie Melissa vor der Kommode stehen. Das Mädchen hatte Liz’ Portemonnaie in der linken Hand und drei Zwanzigdollarscheine in der rechten.
Sie sahen sich an. Liz vermutete, dass sie entsetzt und mehr als nur ein bisschen doof dreinschaute. Das Rätsel um das verschwundene Pizzageld und die fehlenden Geldscheine aus ihrem Portemonnaie vorige Woche war gelöst. Liz kam sich hintergangen vor. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass die paar Monate, in denen die Mädchen auf sich gestellt gewesen waren, Melissa stärker zugesetzt hatten, als sie sich anmerken ließ.
Das Mädchen warf das Portemonnaie zurück in Liz’ Handtasche und ließ die Zwanziger auf den Boden fallen, während sie aus dem Zimmer stürzte. Liz lief ihr nach und kam gerade noch rechtzeitig zur Tür von Melissas Zimmer, bevor das Mädchen sie zuschlagen konnte.
Melissa saß auf ihrem Bett, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte auf den Boden. Liz nahm den Schreibtischsessel, zog ihn ans Bett und setzte sich.
„Ich schätze, wir sollten darüber reden”, sagte sie langsam. „Es tut mir leid. Ich hätte mir mehr Mühe geben müssen, deine Situation zu verstehen. Du hast praktisch vor dem Nichts gestanden
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