Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
sehr beherrschen, neutral dreinzuschauen und sich die Gefühle, die in ihr kochten, nicht anmerken zu lassen.
Pia hatte ihr ja bereits erzählt, dass er Rayanne geheiratet hatte, weil sie schwanger war. Doch Liz war trotzdem verärgert. Nein, mehr als verärgert.
Eine Stimme in ihrem Inneren fragte, warum er Rayanne geheiratet hatte – und nicht sie? Die innere Stimme daran zu erinnern, dass er von ihrer Schwangerschaft nichts gewusst hatte, trug nichts dazu bei, sich besser zu fühlen.
„Du scheinst einen Hang zu ungeplanten Schwangerschaften zu haben”, sagte sie. „Schon mal was von Verhütung gehört?”
Er lächelte schief. „Das hat meine Mom auch gesagt. Nur war sie etwas aufgeregter dabei.”
„Das kann ich mir vorstellen. Wenn es nicht gerade so nett wäre, würde ich dir einen Klaps auf den Hinterkopf geben und dir sagen, dass du besser aufpassen sollst.”
„Jawohl, Ma’am.”
Sie seufzte. „Du hast sie also geheiratet. Und dann bin ich aufgekreuzt, und da du ihr von unserer Beziehung erzählt hattest, hat sie sich bedroht gefühlt.”
„Möglich.”
„Wir haben es beide total vermasselt”, stellte sie fest.
„Sieht ganz so aus.”
Sie lächelten sich an, und Liz verlor sich in seinen dunklen Augen. Als er näher zu ihr rutschte, kam sie ihm die letzten Zentimeter entgegen und küsste ihn.
Der Kuss war zarter als der letzte. Sein Mund spielte so sanft mit ihrem, dass sie regelrecht dahinschmolz. Sie schlang ihre Arme um ihn.
Er zog sie fester an sich, ließ seine Zunge zwischen ihre geöffneten Lippen gleiten und streichelte ihre Zunge. Liz spürte, wie sehr es sie erregte, doch sie riss sich zusammen. Nicht nur deshalb, weil oben drei Kinder schliefen, sondern weil sie nicht bereit war, mit Ethan zu schlafen. Letztes Mal war es einfach passiert. Da war die Leidenschaft mit ihnen durchgegangen. Sie hatte damit umgehen können, und das Erlebnis hatte sie nicht aus der Bahn geworfen. Diesmal wäre es anders. Diesmal würde es emotional kompliziert werden. Und Komplikationen waren das Letzte, was sie brauchen konnte.
Ethan schien das Gleiche durch den Kopf zu gehen. Sie küssten sich immer wieder, doch er machte keine Anstalten, einen Schritt weiterzugehen. Liz genoss das erregende Gefühl, seinen Körper dicht an ihrem zu spüren. Es war lange her, dass sie einen Mann wirklich begehrt hatte. Diesen Mann begehrt hatte. Denn was sie bei Ethan empfand, hatte sie bei keinem anderen je empfunden.
Er löste sich von ihr, und sie starrten sich an.
„Ich sollte jetzt besser gehen”, murmelte er.
Sie nickte und rutschte ein Stück zur Seite, damit er aufstehen konnte. Als sie sich aufsetzte, zog er sie an sich und küsste sie wieder. Dann sah er zur Decke hoch und seufzte.
„Du hast das Haus voller Kinder”, stellte er fest.
„Ich weiß.”
Er lehnte seine Stirn an ihre. „Verdammt.”
Sie streichelte ihm zärtlich über seinen Dreitagebart. Einen Moment lang gönnte sie sich die Vorstellung, wie es wohl wäre, wenn sie allein wären. Wenn sie nicht auf die Kinder Rücksicht nehmen müssten. Wenn sie keine Angst haben müsste, ihr Herz an einen Mann zu verlieren, dem sie nicht vertrauen konnte.
Er küsste sie zum Abschied und ging zur Tür. „Wir sehen uns. Bald.”
Sie nickte und ging ihm nach bis auf die Veranda. Er ging die Treppe hinunter, den Gartenweg entlang und bog dann auf die Straße ein. Als er weg war, blieb Liz stehen, sah hinauf zum Himmel und betrachtete die Sterne. Noch vor zwei Monaten war ihr Leben in ruhigen, geordneten Bahnen verlaufen. Alles war so vorhersehbar gewesen. Das hatte sich in letzter Zeit so stark geändert, dass sie kaum noch mit Sicherheit sagen konnte, wo sie heute in zwei Monaten sein würde.
Es nicht zu wissen hat allerdings auch einen gewissen Reiz, sagte sie sich. Dann lehnte sie sich gegen den Verandapfeiler und atmete tief den Duft der Nacht ein.
14. KAPITEL
L iz war noch nie bei einer Gedenkfeier gewesen und hatte keine Ahnung, was sie anziehen sollte. Außerdem war es brütend heiß, was ihre Möglichkeiten zusätzlich einschränkte. Schließlich entschied sie sich für ein ärmelloses grünes Kleid und cremefarbene Sandalen. Dass man sich im Rahmen einer feierlichen Zusammenkunft an Crystals viel zu kurzes Leben erinnern wollte, hatte Liz von Montana erfahren. Ethans Schwester hatte vor zwei Tagen angerufen und sie gebeten, einen Salat mitzubringen. Offenbar steuerte jeder etwas Essbares bei.
Da Montana keine Vorgaben zu der
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