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Ich gegen Dich

Titel: Ich gegen Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Downham
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zufügen? Er ist doch nur ein Junge.« Sie sah starr auf den Teppich, auf ihre Füße, die immer noch in den Gartenschuhen steckten. Abgewetzte, alte, vertraute Gartenschuhe. »Ich kann mich noch an seine ersten Schritte erinnern, seine ersten Worte, alles.«
    Ellie reichte ihr noch ein Taschentuch. »Hier.«
    »Er hatte so wunderschöne goldene Locken. Daran erinnerst du dich natürlich nicht, du warst noch nicht auf der Welt, aber sie waren umwerfend.« Sie fuhr sich rasch mit dem Taschentuch übers Gesicht. »O Gott, ich will stärker sein. Er soll mich nicht so sehen, wenn er runterkommt.« Plötzlich drehte sie sich zu Ellie um, als nähme sie sie erst jetzt wahr. »Ich weiß, dass du ihn liebhast, und ich weiß, dass du es nicht getan hättest, wenn du nicht müsstest, aber er ist kein Ungeheuer, Ellie. Niemand soll das von ihm denken.«
    »Ich weiß.«
    »Er ist bloß ein ängstlicher kleiner Junge. Mein ängstlicher kleiner Junge.«
    Ellie nickte sehr langsam. »Ich will auch nicht, dass ihm irgendwas Schlimmes zustößt.«
    »Das weiß ich.«
    »Vielleicht bin ich das alles falsch angegangen, aber was ich auf der Polizeiwache gesagt hab, ist wahr. Ich hab das wirklich gesehen, Mum, ehrlich.«
    Sie nickte, tätschelte wieder Ellies Hand. »Ja, dann ist es richtig so.«
    Dad kam wieder reinmarschiert. »Ich lad jetzt die Sachen ins Auto.«
    »Mach das«, sagte Mum und lächelte ihm unter Tränen zu. »Ich schmier ihm ein paar Brote.«
    Darüber runzelte er die Stirn, aber weil sie in der Küche verschwand, bevor er etwas sagen konnte, sah er stattdessen Ellie böse an.
    »Du gehst besser in dein Zimmer«, sagte er zu ihr. »Du solltest nicht hier sein, wenn Tom runterkommt.«
    »Kann ich mich nicht verabschieden?«
    »Nein, du bist Zeugin der Anklage. Wenn dein Bruder auch nur ein Wort zu dir sagt, kannst du das zu deinen Gunsten verwenden und behaupten, er hätte versucht, Druck auf dich auszuüben. Dann wird ihm die Kaution entzogen, und er ist schneller wieder im Gefängnis, als ich ausspucken kann.«
    »Das würd ich nie machen.«
    »Wirklich nicht? Ich weiß nicht mehr, zu was du noch alles fähig bist.«
    Sie schlich die Treppe hoch, eine Hand fest am Geländer. Toms Tür auf der anderen Seite des Flurs war geschlossen. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht, trocknete es vor dem Spiegel. Zum ersten Mal seit vielen Stunden sah sie sich selbst. Müde und älter sah sie aus. Sie rieb sich über die Wange, um herauszufinden, ob sie es wirklich war. Ja, sie war Ellie Parker, das Mädchen, das Verrat an seiner Familie beging.
    Vielleicht hatte Dad Recht, und sie war zu allem fähig.
    Ohne anzuklopfen, machte sie einfach Toms Zimmertür auf und ging rein. Er lag lang ausgestreckt auf dem Bett und durchwühlte Sachen in einem Schuhkarton; Fotos und Zettel waren über die ganze Bettdecke verstreut. In seinen Augen war eine neue Dunkelheit, als wäre etwas in ihm zerbrochen und ausgelaufen.
    »Mach die Tür zu«, sagte er.
    Sie stand mit dem Rücken zur Tür und sah zu, wie er Fotos sichtete. Mehrere sah er nur kurz an, bei einem hielt er inne und musterte es gründlich, ehe er es ihr reichte. »Erinnerst du dich da dran?«
    Da waren sie alle vier im Skiurlaub in Österreich. Ellie war etwa zehn und steckte in voller Montur – Skihose, Skibrille, alles. Tom stand neben ihr. Beide hatten sie ihr breitestes Grinsen aufgesetzt.
    »Das war Heiligabend«, sagte er, »und das Hotel hat einen Besuch vom Weihnachtsmann inszeniert – Schlittenfahrt, Rentiere, das volle Programm. Weißt du noch?«
    Sie nickte und gab es ihm zurück. Er legte es oben auf den Koffer, nahm sich noch eine Handvoll aus dem Karton und blätterte sie durch.
    »Ich hab's nicht gemacht, um dich zu verletzen«, sagte sie.
    Er reichte ihr noch ein Foto. »Du auf 'nem Bauernhof. Das Pferd da hat sich auf deinen Fuß gestellt.«
    Wieder war es Winter – in einem anderen Land, einem anderen Jahr. Sie war zwölf, und das Pferd hatte ihr drei Zehen gebrochen. Sie sah das Foto kaum an, nahm es nicht in die Hand. Sie musste da jetzt durch, war fest entschlossen.
    »Ich musste sagen, was wirklich passiert ist. Ich konnte es nicht mehr für mich behalten.«
    »Das hab ich auch gemerkt.«
    »Bitte sag, dass es okay ist.«
    »Du willst, dass ich sage, es macht mir nichts aus?« Seine Stimme war leise, kaum mehr als ein Flüstern. »Was für eine Antwort willst du von mir hören?«
    »Dass du sagst, du verstehst es.«
    Er stand auf, ging zum Fenster und

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