Ich gegen Dich
Geschenke, auch wenn sie nicht Geburtstag hatte. Einmal hatte er sogar einen Song für sie geschrieben. Jacko sagte, er stünde unter ihrem Pantoffel. Aber vielleicht war das Liebe?
Die Tür schwang auf, und da stand Sue. Mit verschränkten Armen und musterte die drei von Kopf bis Fuß. »Ich brauch wen zum Putzen. Jemand hat gestern Abend auf dem Klo gekotzt.«
»Du hast Köche vor dir, mon amour«, erklärte ihr Dex, ohne von seiner Schälerei aufzusehen.
Mit verächtlichem Schnauben trat sie einen Schritt vor und stupste Mikey an der Schulter an. »Mach du mal.«
Mikey schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich mach grad eine Obsttorte.«
»Das hier ist ein Pub, kein Scheiß-Gordon-Ramsey-Restaurant. Du bist hier zum Tellerwaschen angestellt und zum Kloputzen, wenn ich das von dir verlange. Los jetzt, in zwanzig Minuten machen wir auf.«
Er nahm die Plastikschürze, die sie ihm hinhielt, band sie sich über der Jeans zu und folgte ihr durch den Schankraum zum Putzschrank. Sie reichte ihm Eimer, Mopp und eine Flasche Putzmittel und brachte ihn zu den Toiletten. »Und vergiss ja nicht, dir hinterher die Hände zu waschen.«
Während er Eimer voll heißen Wassers mit Putzmittel in die Kloschüsseln kippte, spürte Mikey, wie etwas Schweres auf ihm lastete. Wenn er in der Küche oder mit Jacko unterwegs war, war alles in Ordnung. Selbst wenn er mit einem Mädchen zusammen war, konnte es nachlassen. Aber in den letzten beiden Wochen erwischte es ihn jedes Mal voll, wenn er zu Hause oder ganz allein war. Während er die Wände mit dem Mopp abwischte, dachte er daran, wo er in ein, zwei, fünf Jahren sein würde. Er rechnete aus, wann jeder wie alt sein würde. In fünf Jahren wäre Karyn zwanzig, Holly dreizehn, seine Mum zweiundvierzig. Er wäre dreiundzwanzig. Genervt schüttelte er die Zahlen von sich ab. Rechenspielchen waren was für kleine Kinder. Mit solchen Zählereien konnte man so lange weitermachen, bis man irgendwann tot umfiel.
Er spülte den Mopp unter dem Wasserhahn aus und bemühte sich, den Gestank nicht einzuatmen. Und an den Tag zu denken, an dem er das alles hinter sich haben würde. Dann würde er in London wohnen, vielleicht in einem netten Apartment in Tottenham, wo seine Mum aufgewachsen war. Er würde als Koch arbeiten und haufenweise Kohle scheffeln. Er würde sich Jahreskarten für die Spurs besorgen und Holly zu allen Heimspielen einladen. Während er alles in den Putzschrank zurückräumte und sich die Hände mit Seife aus dem Spender wusch, versuchte er, sich an diesem Glauben festzuhalten.
Er brauchte eine Kippe. Sue würde ihn doch deswegen sicher nicht anmotzen? Die Klos funkelten. Draußen pladderte es richtig, ein Sturzregen ergoss sich plötzlich vom Himmel. Das gefiel ihm. Es passte zu seiner Stimmung.
Er starrte die Autos an, die an der Hafenmauer parkten, mit beschlagenen Fenstern; die Leute drin warteten, dass der Pub endlich aufmachte und ihnen ihr Mittagessen servierte.
Die Tür ging auf, und Jacko kam und zündete sich neben ihm eine an. Zusammen beobachteten sie ein Mädchen, das vorüberging, die Hände in den Taschen, die Schultern gegen den Regen gestemmt. Jacko zog geräuschvoll die Luft ein. »Mir gefällt, dass jede von ihnen so anders ist.«
Der haute immer so verrückte Sachen raus. Es hatte was Tröstliches. Mit seinem ältesten Freund sollte man alles teilen können, was einem gerade durch den Kopf ging.
»Kautionsanhörung heute«, sagte Mikey.
Jacko nickte. »Ich hab deine Mum gestern Abend im Pub getroffen. Sie ist sich sicher, dass er diesmal davonkommt.«
»Die Bullen haben irgend so 'ne Absprache mit seinem Anwalt, deshalb. Bald läuft er wieder frei rum, als ob er nichts getan hätte.«
»Was hast du vor?«
»Weiß nicht. Aber irgendwas muss ich machen. Karyn sagt, sie geht nie wieder aus der Wohnung.«
Jacko musterte Mikey lange und kritisch. »Echt jetzt?«
»Ich hab ihr gesagt, er wird nicht in ihre Nähe dürfen, aber das hat nichts dran geändert.«
»Dieses Arschloch!«
Mikey nickte, wusste, dass Jacko verstehen würde. »Ich bin wieder bei ihm vorbeigegangen. Wollte ihn mir schnappen, aber er war nicht da.«
»Du hast das allein durchgezogen?«
»Ich war so wütend. Musste irgendwas machen.« Mikey warf seine Kippe in eine Pfütze und hörte dem Zischen zu. »Außerdem warst du sowieso bei der Arbeit.«
»Ich würd alles stehen und liegen lassen.« Jacko haute Mikey mit der flachen Hand auf den Rücken. »Das solltest du doch
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