Ich geh jetzt in dein Karma rein
herrannte, bis er irgendwann die Flucht ergriff.
»Ich spüre so was einfach. Die Schwingungen in der Wohnung sind seit der Räucherung viel positiver.«
»Na dann«, bemerkte ich wenig überzeugt, und wie zur Strafe meiner Zweifel überkam mich gleich der nächste Hustenanfall. Was auch immer Anke ausgeräuchert haben mag, meine Stimme reagierte darauf äußerst empfindlich.
Nachdem wir uns (bei geöffneten Fenstern) die Mägen bis zum Anschlag vollgeschlagen hatten, die Samstagabendshow zu Ende war und wir uns ausgiebig über »die drei Ms« ausgelassen hatten, räumte Anke den Tisch ab.
»So, und jetzt kommen wir zum interessantesten Teil des Abends«, verkündete sie verschwörerisch und öffnete eine Glasvitrine, deren Inhalt mir zuvor nicht aufgefallen war. Ich entdeckte bunte Edelsteine in einer Karaffe mit Wasser, außerdem kleine Kartons voller Karten, ein silbernes Pendel und eine kleine Glaskugel. Anke nahm die Karaffe und ein Kartenspiel heraus. Dann befüllte sie drei Gläser mit dem Spezialwasser.
»Das ist Edelsteinwasser«, erklärte sie, als sie bemerkte, dass ich zögerte. »Es ist besonders gesund.«
Ich roch daran, doch es gab nichts zu riechen. Dann nippte ich vorsichtig an dem durchsichtigen Getränk. Es schmeckte wie gewöhnliches Leitungswasser, stellte ich erleichtert fest. Ich hätte meiner Freundin nur ungern mitgeteilt, dass es mir nicht schmeckte. Anke packte das Kartenspiel aus – jedenfalls dachte ich, es würde sich dabei um ein Kartenspiel handeln. Die Karten waren mit bunten Bildern bedruckt. »Was ist denn das für ein Kartenspiel? So was habe ich noch nie gesehen«, fragte ich.
»Genau genommen ist das ja auch gar kein Spiel. Es ist viel mehr als das.« Anke schaute geheimnisvoll in die Runde. »Mit diesen Karten kann man nämlich in die Zukunft schauen.«
»Echt?«, fragte ich verblüfft. Ich war mir nicht sicher, ob sie mich gerade auf den Arm nahm. »Und das geht wirklich?«
»Oh ja! Und wie das geht. Frag doch mal Conny. Sie hat damit schon ihre eigenen Erfahrungen gemacht.«
»Es ist zwar unglaublich, aber es funktioniert tatsächlich«, bestätigte Conny. »Anke hat mir die Karten gelegt, und dabei hat sie mir Dinge erzählt, die sie nicht wissen konnte. Dinge, worüber ich nie mit ihr gesprochen habe.«
»Und woher kannst du das, Anke?«
»Ich habe mir aus der Buchhandlung nicht nur Wahrsagekarten besorgt, sondern auch das passende Buch, in dem genau beschrieben steht, wie das Kartenlegen funktioniert. Damit habe ich dann alleine geübt. Später habe ich bei Kartenlegern im Fernsehen die Karten mitgelesen, um zu sehen, ob ich das Gleiche daraus erkenne wie sie. Irgendwann habe ich mich getraut, Conny die Zukunft damit vorherzusagen.«
»Und es ist auch tatsächlich genau so eingetroffen«, bestätigte Conny.
»Moment mal. Es gibt Kartenleger im Fernsehen?«, fragte ich verwirrt. Das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen.
»Na klar. Es existiert sogar ein eigener Sender, der den ganzen Tag nur Sendungen mit Hellsehern und Kartenlegern ausstrahlt.«
»Ach was!« Ich kam aus dem Bauklötzestaunen gar nicht mehr heraus und fühlte mich ein bisschen hinterwäldlerisch. Für meine Freundinnen schienen Mattscheiben-Wahrsager und ihre eigenen Zukunftsschauen-Rituale völlig normal zu sein. Mir war bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal bekannt gewesen, dass sich Anke und Conny für Esoterik interessierten, geschweige denn diese auch praktizierten. Seit wann mochte das so sein? Sie wirkten doch schon sehr vertraut mit all dem Hokuspokus.
»Möchtest du mal eine Sendung mit einem Kartenleger sehen?«, riss mich Anke aus meinen Überlegungen. Sie wartete gar nicht auf meine Antwort, sondern schaltete im gleichen Atemzug den Fernseher ein. Das Fernsehbild flackerte auf.
Vor einem orangefarbenen Hintergrund hockte eine Frau mittleren Alters an einem Tisch. Vor sich hatte sie ihre Wahrsagekarten ausgebreitet und war dabei, einer Anruferin live im TV zu erzählen, dass ihr Mann sie mit ihrer eigenen Schwester betrog. Die Anruferin war fassungslos und zweifelte die Aussage der Kartenlegerin nicht im Geringsten an.
Ich stellte mir vor, wie der Mann der Anruferin und ihre Schwester vielleicht auch den Astro-Sender schauten, live und in Farbe auf frischer Tat ertappt wurden und einen Riesenschreck bekamen. Scheußlich.
»Was soll ich jetzt nur machen?«, klagte die Dame am Telefon verzweifelt.
Doch die Kartenlegerin lächelte nur milde und sagte gut gebrieft: »Tut mir
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