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Ich geh jetzt in dein Karma rein

Ich geh jetzt in dein Karma rein

Titel: Ich geh jetzt in dein Karma rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Wagner
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Kundin hat den letzten Anruf reklamiert, da kein Gespräch stattgefunden habe. Angeblich hat sie keine Verbindung zu Ihnen bekommen.«
    Ich klickte auf meine Anruf-Historie.
    Ich: »Dann habe ich aber geschlagene elf Minuten und 34 Sekunden unter massiver Einbildung gelitten. So lang dauerte nämlich das eben geführte Gespräch mit Babsi23.«
    Support: »Das sehe ich auch im System. Ich wollte das nur mit Ihnen abgeklärt haben.«
    Ich: »Wenn es wirklich so gewesen wäre, wie die Kundin behauptet, dann hätte sie sicher keine geschlagenen elf Minuten und 34 Sekunden in der Leitung ausgeharrt, sondern hätte aufgelegt, um sich noch mal einzuwählen.«
    Support: »Das ist richtig. Danke für Ihre Hilfe.«
    Ich: »Gern geschehen.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, wunderte ich mich zwar eine Weilchen über Babsis sonderbare und gleichzeitig offensichtliche Strategie, Geld zu sparen, hakte das Ganze aber recht schnell unter »netter Versuch« ab. Nicht aber Babsi23. Ein paar Tage später rief sie mich erneut an. Mit keiner Silbe erwähnte sie ihre Reklamation beim Kundenservice und ihr indirektes Anschwärzen. Stattdessen plapperte sie munter über ihre heimliche Liebe und führte ein ausführliches Gespräch mit mir von über einer halben Stunde. Mal sehen, was sie sich dieses Mal ausdenkt, sagte ich zu mir. Und ja, sie hatte sich wieder etwas ausgedacht. Etwas noch Dolleres. Wieder hatte ich eine nette Dame vom Support am Ohr. Zwar nicht sofort, aber eine Woche später.
    Support: »Entschuldigen Sie die Störung, Frau Wagner, aber uns liegt ein Einschreiben Ihrer Kundin Babsi23 vor, zu dem ich Sie gerne befragen möchte.«
    Ganz ruhig bleiben, Bianca.
    Ich: »Was schreibt Sie denn?«
    Support: »Sie hat eine Reklamation geschrieben.«
    Oha, etwas Neues.
    Support: »Sie weigert sich, das letzte Gespräch mit Ihnen zu bezahlen, da sie von Ihren Aussagen nicht überzeugt war und nicht weiß, ob sich Ihre Prognosen für die Zukunft als wahr herausstellen werden.«
    Ich: »Das fällt der Kundin wirklich früh ein, denn seit mindestens vier Monaten reden wir bei jedem Gespräch über exakt das gleiche Thema, und sie stellt jedes Mal die gleichen Fragen.«
    Support: »Sie beschwert sich in dem Brief auch über Sie, dass Sie unfreundlich zu ihr gewesen wären und sie sich nicht gut bei Ihnen aufgehoben gefühlt hat.«
    Ich: »Für meine angebliche Unfreundlichkeit hat sie mich aber doch recht häufig angerufen. Und ich kann mich an keine einzige schlechte Bewertung von ihr erinnern. Schon ein wenig komisch, das Ganze.«
    Support: »Uns kommt es auch komisch vor, und die Sache mit den Bewertungen ist uns natürlich ebenfalls aufgefallen. Die Kundin hat Ihnen ja jedes Mal die komplette Punktzahl gegeben.«
    Ich: »Ich sage Ihnen mal was, die Kundin ist Hartz- IV -Empfängerin und schlichtweg pleite. Sie hat zwei kleine Kinder zu versorgen und kann sich Anrufe bei einem Kartenleger schlicht nicht leisten. Schauen Sie mal auf den Kalender, es ist noch eine Woche bis zum ersten Mai. Vielleicht reichen die Lebensmittel nicht mehr bis zum nächsten Geldeingang, und nun versucht sie, anderweitig an Geld zu kommen.«
    Support: »Danke für die Info, habe ich notiert.«
    Was genau dann passierte, entzieht sich meiner Kenntnis. Vermutlich hat sie der Kunden-Support angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie ihr Geld nicht zurückerstattet bekäme.
    Ich erhielt dann doch noch eine bitterböse Bewertung. Ihre erste, wohlgemerkt! Danach sollte ich nie wieder einen Anruf von Babsi23 bekommen.
    Doch Unsinn fabrizierten nicht nur die Kunden. So existierte beispielsweise ein geheimer und ziemlich dreister Wettstreit unter den einzelnen Lines, eigene Berater an sich allein zu binden und beliebte Berater von den Konkurrenzportalen abzuwerben. Dazu wurden erfolgreiche Kartenleger, Hellseher und Astrologen geradewegs vom Konkurrenzunternehmen auf der jeweiligen Astro-Line angerufen und mit lukrativen Angeboten (höhere prozentuale Auszahlung, kostenlose Werbekampagne usw.) geködert. Umgekehrt gingen einige sogar so weit, von den Beratern zu verlangen, dass sie exklusiv für das jeweilige Portal arbeiten sollten, was rein rechtlich der Förderung von Scheinselbstständigkeit gleichkommt. Nicht selten hörte ich von Kollegen, deren Berater-Account spontan von der Line deaktiviert wurde, weil sie sich Kunden gegenüber in einigen Punkten kritisch geäußert hatten (etwa wenn ein Kunde dabei war, sich in den Ruin zu telefonieren) oder weil den

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