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Ich geh jetzt in dein Karma rein

Ich geh jetzt in dein Karma rein

Titel: Ich geh jetzt in dein Karma rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Wagner
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Portal-Inhabern schlicht und ergreifend die Nase des Kartenlegers, Hellsehers oder Astrologen nicht mehr gefiel. Daher konnten es sich viele Kollegen überhaupt nicht erlauben, nur auf einer Line tätig zu sein, wenn sie mit diesem Geld ihren kompletten Lebensunterhalt bestritten. Sie hätten jederzeit der Nächste sein können, der willkürlich gelöscht wird.
    Doch sind es nicht gerade die Berater, die den Esoterik-Lines ihre Millionen-Umsätze bescheren, das Unternehmen am Laufen halten und somit Arbeitsplätze sichern? Mit welchem Recht beschimpfte ein Geschäftsführer (ein sachlicher Zahlenmensch, der Hellseherei und Co. für absoluten Quatsch hält, aber mit dem Geld der Kunden seine Luxus-Villa finanziert) eine gefragte Kartenlegerin am Telefon als »durchgeknallte Eso-Zicke« (das ist einer Kollegin tatsächlich passiert) und nimmt ihr danach die Existenzgrundlage? Ein kleiner Streik wäre manchmal durchaus angebracht, um die Damen und Herren in den Chefetagen zur Vernunft zu bringen. Leider kommt solch ein respektloses Verhalten nämlich viel zu häufig vor.

♈ ☿ 21. Kapitel ♊ ♋
Things I used to say
    »Guten Tag, hier ist die Bianca. Wie geht es dir heute?«
    Ein Gespräch begann bei mir grundsätzlich mit einer netten Begrüßung und der Frage, wie sich der Anrufer gerade fühlte. Das war für mich selbstverständlich und gehörte zum guten Ton, den jeder Kunde verdiente. Außerdem konnte ich mich anhand der ersten Sätze optimal auf das Gespräch und den jeweiligen Anrufer einstellen.
    »Es tut mir sehr leid, aber …«
    So leitete ich Antworten auf Fragen ein, die nicht den Wünschen bzw. Erwartungen des Anrufers entsprachen.
    »Mache dir nicht so viele Sorgen und atme mal tief durch.«
    Das sagte ich gerne zu Ratsuchenden, die hinter jeder Tür eine Katastrophe befürchteten und sich das Leben nur durch ihre eigenen Gedanken schwermachten.
    »Nein, das stimmt so nicht. Hast du nicht gehört, was ich dir gerade gesagt habe?«
    Nur Anrufer, die ihre Ohren komplett auf Durchzug stellten, hörten diesen Satz von mir. So zum Beispiel diese Kundin:
    Anruferin: »Ich möchte gerne wissen, wann ich mit Klaus in einer glücklichen Beziehung bin.«
    Ich: »Tut mir leid, aber ich kann keine zukünftige Partnerschaft bei euch erkennen.«
    Anruferin: »Wie weit kannst du gucken?«
    Ich: »Konkrete Zeitangaben sind schwierig.«
    Anruferin: »Aber Klaus und ich kommen trotzdem ganz sicher zusammen?«
    Danach musste ich die Kundin leider fragen, ob sie mir überhaupt zugehört hatte. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, eine zukünftige Partnerschaft zwischen ihr und Klaus mit nur einer Silbe erwähnt zu haben.
    Es gab außerdem Dinge, die ich jeden Tag x-mal sagte.
    Wenn eine Kundin wissen wollte, ob sie im kommenden Jahr krank wird:
    »Ich bin kein Arzt, deswegen kann ich leider nichts über deine Gesundheit sagen.«
    Wenn ein Familienvater herausfinden wollte, wie er das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder mit seiner Ex bekommen kann:
    »Eine Rechtsberatung kann ich leider nicht anbieten. Ich bin kein Jurist.«
    Wenn der Wunschpartner in der vorherigen Woche eine andere Frau geheiratet hatte und die Ratsuchende wollte, dass er bald die Scheidung einreicht:
    »Tut mir wirklich leid, aber ich kann nicht zaubern.«
    Wenn die kürzlich verstorbene Oma ein Testament aufgesetzt hatte, das die Enkelin nicht mehr auffinden konnte:
    »Ich biete keine Jenseitskontakte an, deswegen ist es mir nicht möglich, Kontakt zu deiner Oma herzustellen und sie zum Aufenthaltsort des Testaments zu befragen.«
    Wenn ein verlassener Mann nicht akzeptieren wollte, dass seine Partnerin sich endgültig von ihm getrennt hatte:
    »Ich biete keine Partnerrückführungen an. Nein, auch nicht privat.«
    Wenn eine Kundin über starke Oberbauchschmerzen klagte:
    »Ich führe keine Fernheilungen durch. Du solltest mit deinen Schmerzen unbedingt zum Arzt gehen.«
    Am Ende jedes Gesprächs richtete ich noch ein paar ganz persönliche Worte an die Anrufer, je nachdem wie die Umstände es verlangten, und wünschte ihnen alles Gute.
    Allerdings gab es auch Situationen, in denen ich mich in erster Linie selbst schützen musste. Das passierte, wenn Ratsuchende Grenzen überschritten und Dinge von mir verlangten, die ich nicht verantworten konnte.
    Dazu zählten intime Fragen über Prominente, Ex-Partner und Wunschpartner ebenso wie Auskünfte über Kontostände von Nachbarn, Familienmitglieder und

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