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Ich gehoere zu dir

Ich gehoere zu dir

Titel: Ich gehoere zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cameron W Bruce
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zu beschnuppern, passierte das Gleiche wie am Tag zuvor. Wieder besprühte es mich mit der beißenden Flüssigkeit, die ausgerechnet aus seinem Hinterteil kam!
    Es musste mich wohl für einen Feind halten, und ich wusste nicht, wie ich dieses Missverständnis aus der Welt schaffen sollte. Vielleicht war es ratsamer, das Tier zu ignorieren und ihm auf diese Weise die Schmach heimzuzahlen, die es mir bereitet hatte.
    Genau das beschloss ich, als ich nach Hause trottete und die ganze Prozedur mit Gartenschlauch und Tomatensaft zum zweiten Mal über mich ergehen lassen musste. Sollte das jetzt mein Leben sein? Jeden Tag mit Gemüse und stinkender Seife eingerieben und aus dem Haus verbannt werden, sogar wenn Grandma kochte?
    »Du bist so dumm, Bailey!«, schimpfte der Junge, als er mich einseifte.
    »Sag das nicht! ›Dumm‹ ist ein hässliches Wort«, sagte Grandma. »Sag ihm lieber, dass er ein Schussel ist. Das hat meine Mutter immer zu mir gesagt, wenn ich als kleines Mädchen etwas falsch gemacht hatte.«
    Der Junge sah mich streng an. »Bailey, du bist ein Schussel, ein riesengroßer Schussel.« Dann lachte er, und Grandma lachte auch, aber ich fühlte mich so erbärmlich, dass ich kaum noch mit dem Schwanz wedeln konnte.
    Glücklicherweise behandelte mich die Familie bald wieder freundlicher und ließ mich auch wieder ins Haus. Das war ungefähr zur selben Zeit, als der ekelhafte Gestank nachließ. Der Junge nannte mich noch manchmal einen Schussel, aber es klang nicht mehr tadelnd, sondern eher wie ein neuer Name, den er sich für mich ausgedacht hatte.
    »Wollen wir angeln gehen, Schussel-Hund?«, fragte er zum Beispiel, und dann schoben wir das Ruderboot in den Teich und fingen ein paar Stunden lang winzige Fische.
    Als der Sommer zu Ende ging, kam ein ungewöhnlich kalter Tag. Wir waren wieder auf dem Teich, und Ethan trug ein Sweatshirt mit Kapuze. Plötzlich sprang er auf. »Ich habe einen großen, Bailey, einen ganz großen!«
    Ich reagierte sofort, sprang auf und bellte. Der Junge kämpfte minutenlang mit der Angel, grinste und lachte, und dann sah ich es: Ein Fisch von der Größe einer Katze kam direkt neben unserem Boot an die Wasseroberfläche. Ethan und ich beugten uns vor, um ihn besser sehen zu können, das Boot schaukelte, und dann fiel der Junge mit einem Schrei über Bord!
    Ich starrte in das tiefgrüne Wasser, aber der Junge war schon bald nicht mehr zu sehen. Die Luftblasen, die an die Wasseroberfläche stiegen, rochen nach ihm, aber er selbst tauchte nicht wieder auf.
    Ohne zu zögern, sprang ich ihm hinterher. Mit offenen Augen tauchte ich in die Tiefe und versuchte der Spur der Luftblasen in der kalten Dunkelheit zu folgen.

Neun
    Ich konnte kaum noch etwas sehen. Das Wasser drückte mir auf die Ohren, und es wurde immer schwerer voranzukommen. Ich spürte, dass der Junge nicht weit weg war und langsam vor mir in die Tiefe sank. Ich strengte mich an und schwamm immer schneller, bis ich ihn undeutlich erkennen konnte. Es war wie das erste Mal, als ich meine Mutter sah, denn das Bild war genauso verschwommen und unklar. Mit offenem Maul stieß ich weiter in die Tiefe vor, und als ich meinen Jungen endlich erreichte, bekam ich die Kapuze seines Sweatshirts mit den Zähnen zu fassen. Ich legte den Kopf in den Nacken und zog Ethan mit mir, so schnell ich konnte, zur sonnenbeschienenen Wasseroberfläche empor.
    Endlich war es geschafft. Wir schnappten nach Luft. »Bailey!«, rief der Junge und lachte. »Wolltest du mich retten?« Er zog die Arme aus dem Wasser und griff nach dem Boot. Ich kletterte über seinen Körper, um ebenfalls das Boot zu packen und den Jungen ans sichere Ufer zu ziehen.
    Er lachte immer noch. »Nicht, Bailey, lass das, du Schussel!« Er stieß mich fort, und ich schwamm um ihn herum.
    »Ich muss die Angel raufholen, Bailey, ich habe sie fallen lassen. Mit mir ist alles in Ordnung. Hör auf! Ich bin okay. Aus!« Wild gestikulierend zeigte er aufs Ufer, als wollte er einen Ball in die Richtung werfen. Offenbar sollte es aber bedeuten, dass ich an Land schwimmen sollte. Ich zögerte noch ein wenig, aber dann schwamm ich auf den kleinen Sandstrand neben dem Bootsanleger zu.
    »Guter Hund«, sagte der Junge ermutigend.
    Als ich mich noch einmal umschaute, sah ich nur noch seine Füße aus dem Wasser ragen, dann waren auch sie verschwunden. Ich jaulte auf, drehte wieder um und schwamm, so schnell ich konnte. Als ich die Luftblasen erreichte, tauchte ich ab und folgte dem Geruch.

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