Ich gehoere zu dir
ich hatte ihn sehr gern, wenn auch nicht so gern wie den Jungen.
Am liebsten hatte ich es, wenn Grandpa »etwas in der Scheune erledigen« musste. Aber auch sonst ging ich gern dorthin und legte mich zu einem Nickerchen ins Heu. Ich schlief jetzt häufiger als früher, und mein Interesse an Abenteuern ließ nach. Wenn Mom und Rick mit mir spazieren gingen, war ich bei unserer Rückkehr völlig erschöpft.
Das Einzige, was mich noch richtig munter machte, waren die Besuche des Jungen. Dann hüpfte ich vor Freude, wedelte mit dem Schwanz und winselte, was das Zeug hielt, und ich spielte mit ihm am Teich, kam mit in den Wald oder wohin er wollte. Ich wäre sogar dem Flip hinterhergejagt, aber glücklicherweise schien der Junge ihn vergessen zu haben. Manchmal fuhren wir in die Stadt und besuchten den Hundepark. Obwohl ich mich immer freute, wenn ich andere Hunde traf, fand ich die jüngeren jetzt ziemlich albern mit ihrem ewigen Spielen und Balgen.
Dann passierte eines Abends etwas ganz Merkwürdiges: Grandpa brachte mir mein Futter, und ich hatte keine Lust zu fressen! Mir lief zwar das Wasser im Maul zusammen, aber ich nahm nur einen Schluck Wasser und legte mich dann gleich wieder hin. Kurz darauf bekam ich Schmerzen, und ich musste hecheln, um überhaupt noch Luft zu bekommen.
Die ganze Nacht lag ich vor meinem Fressnapf. Als Grandma mich am nächsten Morgen dort fand, rief sie Grandpa. »Mit Bailey stimmt etwas nicht«, sagte sie. Ich hörte die Besorgnis in ihrer Stimme, als sie meinen Namen aussprach, und wedelte mit dem Schwanz, um ihr zu zeigen, dass alles in Ordnung war.
Grandpa kam und fasste mich an. »Was ist mit dir los, Bailey?«
Nachdem sie sich eine Weile miteinander unterhalten hatten, trugen Mom und Grandpa mich zum Lastwagen, und wir fuhren zu dem netten Mann in dem sauberen, kühlen Zimmer, den wir in den vergangenen Jahren immer häufiger besucht hatten. Er tastete mich ab, und ich wedelte ein bisschen mit dem Schwanz, aber es ging mir nicht gut genug, um mich richtig hinzusetzen.
Mom kam herein und weinte, Grandma und Grandpa waren auch da, und sogar Rick kam. Ich versuchte ihnen zu zeigen, dass ich zu schätzen wusste, wie rührend sie sich um mich kümmerten, aber die Schmerzen waren stärker, und ich konnte nicht mehr tun, als die Augen zu verdrehen, um alle anschauen zu können.
Dann holte der nette Mann eine Nadel. Ich nahm einen vertrauten scharfen Geruch wahr und spürte einen kleinen Stich. Schon kurz darauf ließen die Schmerzen nach, aber nun war ich so müde, dass ich einfach nur noch daliegen wollte. Mein letzter Gedanke, bevor ich einschlief, galt – wie immer – dem Jungen.
Als ich wieder aufwachte, wusste ich, dass ich im Sterben lag. In mir war alles dunkel, wie früher einmal, als ich noch Toby hieß und mit Spike und anderen kläffenden Hunden in dem kleinen, heißen Zimmer war.
Ich hatte nie darüber nachgedacht, aber tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich eines Tages so enden würde wie Smokey, der Kater. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie der Junge geweint hatte, als sie Smokey im Garten begruben, und ich hoffte, dass er über meinen Tod nicht weinen würde. Der Sinn meines Lebens – meines ganzen Lebens – bestand darin, den Jungen zu lieben, mit ihm zusammen zu sein und ihn glücklich zu machen. Deswegen war es wohl besser, dass er nicht hier war, obwohl ich ihn natürlich ganz schrecklich vermisste und gar nicht wusste, was mehr schmerzte – die Sehnsucht nach ihm oder mein Bauch.
Der nette Mann kam in mein Zimmer. »Bist du aufgewacht, Bailey? Ja? Wach geworden, alter Stromer?«
Mein Name ist nicht Stromer , hätte ich am liebsten gesagt.
Der nette Mann beugte sich über mich. »Du kannst loslassen, Bailey. Du hast einen prima Job gemacht und gut auf den Jungen aufgepasst. Das war deine Aufgabe, Bailey, und du hast sie wirklich gut erfüllt. Du bist ein guter Hund, Bailey, ein guter Hund.«
Es kam mir vor, als spräche der nette Mann über den Tod, denn von ihm ging etwas Endgültiges und sehr Friedliches aus. Dann kamen auch Mom und Grandma und Grandpa und Rick herein. Sie umarmten mich und sagten, dass sie mich liebten und dass ich ein guter Hund sei.
Bei Mom spürte ich noch etwas anderes, eine merkwürdige Spannung. Es war nicht direkt so, als sei sie in Gefahr, aber es kam mir vor, als sei da irgendetwas, wovor ich sie beschützen musste. Ich leckte ihre Hand, obwohl ich kaum genug Kraft dafür hatte, und versuchte das Dunkle in mir
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