Ich gehoere zu dir
zu jeder Tageszeit hören konnte. Manchmal wehte ein heißer, trockener Wind und erinnerte mich an den Hof der Señora, und dann wieder hing eine schwere Feuchtigkeit in der Luft, wie ich es zu meiner Zeit als Toby nie erlebt hatte.
Der Mann hieß Jakob, und mich nannte er Elleya. »Das ist Schwedisch und bedeutet Elch. Du bist kein deutscher Schäferhund, sondern ein schwedischer Naturbursche.« Ich wedelte mit dem Schwanz, obwohl ich nicht verstand, was das bedeuten sollte. »Elleya, Elleya. Komm, Ellie, komm!«
Jakobs Hände rochen nach Öl, nach seinem Wagen, nach Papier und Menschen.
Er trug dunkle Kleidung, und an seinem Gürtel hingen Metallobjekte, darunter auch eine Waffe. Vermutlich war er Polizist. Wenn er tagsüber weg war, kam eine nette Frau namens Georgia für ein paar Stunden vorbei, um mit mir zu spielen und mit mir Gassi zu gehen. Sie erinnerte mich an Chelsea, die in Ethans und meiner Straße gewohnt und zwei Hunde gehabt hatte, erst Marshmallow, dann Duchess. Georgia hatte viele Namen für mich, manche waren ziemlich albern, wie zum Beispiel Ellie-wellie-knuddel-knutsch, aber das machte mir nichts aus. Es erinnerte mich sehr an Ethans »Schussel-Hund« – nur eine weitere Variante meines Namens, versehen mit einer Extraportion Zuneigung.
Ich gab mir Mühe, mich an mein neues Leben als Ellie zu gewöhnen, auch wenn es ganz anders war als das von Bailey. Jakob gab mir ein Hundekörbchen, das dem in der Garage ähnelte, nur dass ich jetzt tatsächlich darin schlafen sollte. Er stieß mich sogar fort, wenn ich versuchte, zu ihm unter die Bettdecke zu kriechen, obwohl da noch jede Menge Platz war.
Ich verstand, dass ich nun nach neuen Regeln leben sollte, genauso wie ich mich daran gewöhnt hatte, dass Ethan aufs College ging. Ich vermisste den Jungen so sehr, dass es schmerzte, aber auch daran musste ich mich gewöhnen, denn die Aufgabe eines Hundes besteht nun mal darin, sich dem Willen der Menschen zu beugen.
Allerdings gab es einen Unterschied zwischen Gehorsam und dem Sinn des Lebens. Meiner Meinung nach bestand der Sinn meines Lebens einzig und allein darin, mit Ethan zusammen zu sein, und diese Aufgabe hatte ich erfüllt. Immerhin war ich während seiner ganzen Jugend sein treuer Begleiter gewesen. Doch wenn das stimmte, warum lebte ich dann jetzt noch einmal als Ellie? War es möglich, dass ein Hund mehr als einen Lebenssinn verfolgen musste?
Jakob war immer sehr geduldig mit mir. Wenn sich beispielsweise meine kleine Blase meldete und dann praktisch im selben Moment auch schon überfloss, schrie er mich nie an. Er scheuchte mich auch nicht sofort nach draußen, so wie der Junge es getan hatte. Vielmehr lobte er mich so ausgiebig, wenn ich mein Geschäft draußen erledigte, dass ich beschloss, meinen Körper so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Andererseits überschüttete Jakob mich nicht so mit Liebe wie der Junge. Sein Verhältnis zu mir war eher nüchtern, so ähnlich wie Ethans zu Flare, dem Pferd. Auf gewisse Weise wusste ich das sogar zu schätzen, denn es gab mir Sicherheit und Orientierung. Manchmal sehnte ich mich aber nach Ethans liebkosenden Händen und konnte gar nicht abwarten, bis Georgia wiederkam und mich Ellie-wellie-knuddel-knutsch nannte.
Nach und nach wurde mir klar, dass Jakob einen Knacks hatte. Es war, als sei etwas in ihm zerbrochen. Ich wusste nicht, was dahintersteckte, aber ich spürte, dass es etwas gab, das seine Gefühle dämpfte, etwas Düsteres, Bitteres, das mich an die Zeit erinnerte, als Ethan nach dem Brand wieder nach Hause gekommen war. Doch was immer es auch sein mochte, es hatte zur Folge, dass Jakob mir gegenüber stets reserviert blieb. Wenn wir zusammen etwas unternahmen, spürte ich seinen ebenso kühlen wie abschätzigen Blick auf mir.
»Los, an die Arbeit!«, sagte er oft, und dann lud er mich in seinen Laster und fuhr mit mir zum Spielen in einen Park. »Platz« bedeutete, dass ich mich hinlegen sollte, und mit der Zeit lernte ich auch, dass »Bleib« bei Jakob wirklich »Bleib« hieß und dass ich an ein und demselben Fleck ausharren sollte, bis Jakob »Komm« sagte.
Die Arbeit half mir über meine Sehnsucht nach Ethan hinweg. Aber wenn ich abends einschlief, dachte ich oft an den Jungen – wie er mich gestreichelt hatte, wie er im Schlaf roch, wie er lachte und sprach. Ich hoffte, dass er glücklich war, wo immer er jetzt war und was immer er dort tat. Mir war klar, dass ich ihn nie wiedersehen würde.
Als ich
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