Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
früher beginnen, mir eine Zukunft auszumalen. Eine Zukunft voller Rollenklischees. Mit Star Wars für Jungen und Shopping für Mädels. Ich bin eben auch nicht frei von Gendervorstellungen – selbst wenn meine Jungs in Röcken rumrennen.
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Falls du einen Jungen bekommst:
Fußball spielen, klettern, ferngesteuerte Autos, Drachen steigen, kämpfen
Falls du ein Mädchen bekommst:
Kleidchen aus Samt, Blumenkränzchen, Marienkäfer basteln, Plätzchen backen, Spielküche
Schneid dir bitte die verschiedenen Themen aus und misch sie mal kräftig durch. Erst dann hast du die Chance, deinem Kind alle Möglichkeiten zu lassen. Es ist nämlich eben nicht genetisch bedingt, dass Männer keinen Nagellack tragen. Und sich Mädchen keine Säbel zum Geburtstag wünschen.
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8.
Schwangerschaftsschwachsinn und Stilldemenz –
Werdende Mütter zwischen Wahnsinn und Genie
Liebe Lisa,
ich zitiere: »Rosales, deine einzige Legitimation für diesen riesigen Sch***-Haufen von Chaos, den du jeden Tag produzierst, ist, dass du in deinem knallharten Job alles auf die Reihe bekommst. Sonst gäbe es nicht die geringste Rechtfertigung dafür, dass du deinen Kram einfach nie zusammen hast.«
Diese warmen Worte pflegte mein Ex-Freund, als wir gerade frisch nach Berlin gezogen waren, mehrere Male die Woche so oder so ähnlich zu wiederholen.
Ich war eine junge Redakteurin in einer viel zu großen, schnelllebigen Stadt, hatte so wenig Geld, dass ich mir nicht mal den teuren Käse im Supermarkt gönnte, und versuchte, neben meiner Arbeit als Reporterin noch mein Chinesisch-Studium am Laufen zu halten.
Hatte er also recht? Natürlich nicht!
Denn wie sonst hätte ich das damals alles geschafft?
Zugegeben, mein System aus tausend Blöcken, Papierschnipseln, Notizen auf Bankauszügen, Visitenkarten oder Kassenbons mag bis heute von außen chaotisch aussehen, aber ich habe immer irgendwie alles hingekriegt und das nicht mal auf den letzten Drücker!
Das Geheimnis: Man braucht keinen Terminkalender, kann auch mal seine verschwitzten Yoga-Sachen zwei Tage lang mit der ausgedruckten Seminararbeit in einer Tasche transportieren oder seine Laptop-Tastatur so verkrümeln lassen, dass die Taste mit der 9 irgendwann nicht mehr funktioniert, solange nur im Kopf alles sauber und geordnet ist.
Und das war es immer.
Bis jetzt.
Denn kannst du mir mal erklären, wie man klar denken soll, wenn einem vor Übelkeit ständig das Wasser im Munde zusammenläuft und man koordinieren muss, wie man es zur nächsten Kloschüssel schafft?
Kannst du mir sagen, wie man eine gute Idee haben soll, wenn ständig die Blase voll ist und drückt, der Rücken schmerzt und man nicht mehr weiß, wie man sich noch im Bürostuhl hinsetzen soll, damit der Bauch aufhört, auf die Oberschenkel zu drücken?
Oder kannst du mir beantworten, wie man sich auf das Gespräch mit seinen Vorgesetzten konzentrieren soll, wenn da plötzlich ein kleiner Mensch von innen gegen den Bauchnabel tritt?
Also, ich nicht!
Denn auf einmal ist es bei mir so, dass alle meine Gedanken nur noch um Baby und Bauch kreisen. Das ganze Drumherum ist hingegen zu einer großen, wabernden Masse Egal geworden.
Ständig driften meine Gedanken weg oder ich werde müde – ein bisschen so, als wäre ich den ganzen Tag bekifft.
Bislang hatte ich das noch ganz gut im Griff, da konnte ich immer mal interessiert gucken, wenn mein Gesprächspartner den Eindruck hatte, dass ich gleich wegdösen würde, aber mittlerweile – pah, vergiss es!
Neulich stand ich vor meinem Vorgesetzten, er sprach mit mir über etwas sehr Ernstes, und als ich ihn so ansah, dämmerte mir plötzlich: »O meine Güte, Caro, du hast die letzten zwei Minuten gar nicht mehr zugehört. Wenn er dich jetzt was fragt, bist du im A****!«
Übel, oder, Lisa?
Im Internet habe ich dann das lustige Wort Schwangerschaftsdemenz gefunden. Demnach können sich werdende Mamis nichts mehr merken, sind schusselig und vergessen sogar Dinge, die in ihrem Langzeitgedächtnis gespeichert waren.
Gibt es das wirklich? Oder ist das nur eine Ausrede von Schwangeren, die Dinge etwas ruhiger angehen zu lassen?
»Du wirst merken, du wirst jetzt immer langsamer«, erzählte mir neulich eine 40-jährige Bald-Mutti aus meiner Yoga-Gruppe.
Es klang irgendwie wie eine Drohung. Als wäre ich eine 80-jährige Oma, gefangen in einem Pflegeheim, wo sie Bingo und Wasserball spielen.
Schauderlich!
Ich meine, Lisa, sag mal ehrlich, wie schlimm kann das Ganze denn
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