Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
statistisch gesehen ja die meisten Schwangerschaften unkompliziert verlaufen.
Der ganze Kontrollwahn aus Zahlen und Messungen ist ein Fluch und ein Segen zugleich. Er kann Sorgen bereiten, wo keine nötig wären – er kann aber auch Leben retten.
Insofern kann ich deine Freundinnen beide sehr gut verstehen. Die eine, die sich weigert, sich an der ganzen Hysterie zu beteiligen, und die andere, die lieber die Kontrolle behält.
Ein Mittelweg wäre natürlich genial. Aber wem reicht schon ein Mittelweg, wenn es um das Leben und die Gesundheit des eigenen Kindes geht? Da kann schon mal die Verhältnismäßigkeit verloren gehen. Wirklich.
7.
Rosa oder blau –
Ist es wichtig, das Geschlecht vorher zu wissen?
Liebe Lisa,
es ist so weit. Die erste Hürde ist genommen. Ich bin in der 14. Schwangerschaftswoche! Von außen sieht man noch nichts, außer einem kleinen Speck-Vorbau am Bauch – der aber auch nur der Stauraum für meine nächtlichen Muffin-Cookies-Orgien sein könnte. Von meiner kleinen Wampe und natürlich meinem neuen Erotikfilm-reifen Atombusen mal abgesehen, habe ich mich also kaum verändert. Mein süßer Mini-Mensch im Bauch dafür umso mehr. Der hat sich nämlich, laut Schwangerschaftsratgeber, seit dieser Woche entschieden, ob er ein Junge oder ein Mädchen sein will. Ach, ist das alles kitschig und schön! Und jetzt die alles entscheidende Frage an dich: Muss ICH das Geschlecht meines Juniors vorher wissen?
Eigentlich ja nicht, weil …
… ich sowieso kein Babyzimmer habe, das ich rosa oder blau streichen könnte (Klischeefarben!).
… ich mich sowieso über beides gleichermaßen freuen würde.
… ich mich ja wie meine Freundin Dana theoretisch bis zur Geburt überraschen lassen könnte.
… Geschlechter (bei Geburt) heutzutage, in einem Land, wo jeder öffentlich und frei schwul, lesbisch oder transsexuell sein kann, eh nicht mehr so wichtig sind.
So weit meine Überlegungen.
Die mein Freund übrigens nicht teilt.
»Natürlich wollen wir das vorher wissen«, entgegnete er fassungslos, als ich ihm gestern Abend meine guten Argumente für eine, nennen wir sie mal: gender-neutrale Schwangerschaft aufsagte.
Es sei doch so oder so ’ne Überraschung – ob jetzt bei der Geburt oder beim nächsten Ultraschall-Termin, findet er.
Na ja, und irgendwie hat er ja auch recht. Vielleicht ist es nämlich gar nicht so schlecht, sich vorher ein paar Gedanken machen zu können, wie man sein Kind heranwachsen lassen möchte.
Oder ist das gar nicht nötig? Erzieht man eigentlich ein Mädchen anders als einen Jungen? Gleich von Anfang an?
Lisa, du merkst, ich bin total verwirrt. Hilf mir doch mal bitte weiter.
Liebe Caro,
es gäbe keinen Feminisimus, wenn Geschlechter in unserer Gesellschaft keine Rollen spielen würden. Die Frage, ob man schon vor der Geburt das Geschlecht des Babys wissen muss, ist eine andere. Ach, was sage ich? Vor der Geburt? Vor der Schwangerschaft! Genau. Denn einige spekulieren ja schon beim Zeugungsakt auf vage Wahrscheinlichkeitsrechnungen, die besagen, dass Geschlechtsverkehr während des weiblichen Eisprungs eher zu einem Jungen führt und die Tage vor und nach dem Eisprung eher zu einem Mädchen. Einfach weil weibliche Spermien langsamer sind, dafür aber länger überleben, und männliche Spermien zwar kurzlebig, aber eben erfolgreicher im Sprint zum Ei sind.
Ich habe mir ja immer einen Jungen als Erstes gewünscht, einen großen Bruder für eine darauf folgende kleine Schwester. Ich bekam dann eine Tochter zuerst und anschließend zwei Jungen. Auch schön! Wenn man schon ein Mädchen hat und dann erfährt, dass man auch Jungs »kann« – das ist erhebend. Fand ich jedenfalls. Mein Körper kann so was herstellen. Ich bin immer noch fasziniert. Und beglückt, dass ich beide Geschlechter beim Aufwachsen begleiten darf. Denn es ist anders. Jungen und Mädchen sind anders! Schon allein beim Wickeln müssen so verschiedene Dinge beachtet werden. Die Namenswahl verläuft anders, die Geschenke zur Geburt sind anders. Und genau das wollten Kathy Witterick und David Stocker aus dem kanadischen Toronto zum Beispiel für ihr Kind verhindern. Das Paar nannte sein drittesKind bewusst geschlechtsneutral »Storm« und verschwieg der gesamten Verwandtschaft und dem Freundeskreis, ob es sich bei Storm um ein Mädchen oder um einen Jungen handelt. Damit das Kind frei von Rollenklischees aufwachsen kann. Und Storm ist kein Einzelfall. Eine dänische Oma, deren Enkel Charlie auch ohne
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