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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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ausgesucht? Es gibt doch so schöne Natursteine.«

    Baunebenkosten inkl. MwSt.:
    Übertrag 72.711,10 €
    Baumarkt, 10 Kirschlorbeer 70 cm, Drainagekugeln, Erde 195,62 €
    Zwischensumme 72.906,72 €

Das Stockholm-Syndrom
    Wer von allen Handwerkern am häufigsten da ist, ist der Klempnergeselle Herr Krummwinkel. Nachdem er quasi mit uns zusammen ins Haus eingezogen ist, dort erst den einen, dann den anderen Wasserschaden entdeckt hat und ich ihm schließlich das Exklusivrecht zum Betreten unseres Grundstückes eingeräumt habe, werde ich ihn nicht mehr los. Herr Krummwinkel ist vermutlich Mitte vierzig, sein Norddeutsch ist so breit wie seine Schultern, er ist ein sehr großer Mann von erstaunlicher Gemütsruhe. Sein Lebensmotto hatte er mir offenbart, als er am Samstag nach unserem Einzug zu uns kam, um nach der Ursache für die tropfende Küche zu suchen.
    »Das ist für Sie ja auch nicht gerade lustig«, hatte ich gesagt. »Ihr Chef und Ihr Meister untergetaucht, und Sie sind der, der hier immer allein antanzen und entscheiden muss.«
    »Nu«, sagte Herr Krummwinkel. »Hilft ja nix, watt mutt, datt mutt, und mein Motto nach fünfundzwanzig Jahren Arbeiten: Mich bringt nix mehr aus der Ruhe.«
    »Na ja«, sagte ich, »ich fände es ganz gut, wenn die tropfende Küchenlampe Sie ein bisschen nervös machen würde.«
    Tat sie aber nicht. Es war der Samstag, an dem er trotz feuchtem Kinderbad wieder nach Hause ging, ohne das lecke Rohr gefunden zu haben. Am nächsten Tag war er wieder da.
    »Kaffee?«, fragte ich.
    »Jau«, sagte Herr Krummwinkel. »Erst mal eine schmöken, ist ja Sonntag, da will man sich nicht hetzen lassen. Apropos Wochenende, wissen Sie, was mir neulich passiert ist? Da bin ich Freitagnachmittag ins Krankenhaus, Schmerzen im Bein, unerträglich. Ich also ab in die Notaufnahme, und wissen Sie was? Die wollten mich nach Hause schicken! Da hab ich denen vielleicht was gehustet! Ich mein, wozu zahlt man diese irren Krankenkassenbeiträge, wenn nicht dafür, dass die einem helfen, wenn man sie braucht.«
    Ich sagte nichts. Ich war sprachlos.
    Nur ein einziges Mal habe ich Herrn Krummwinkel verunsichert erlebt, nämlich als er mir die Nachricht vom angebohrten Heißwasserrohr im Gäste- WC überbringen musste. Da stotterte er ein bisschen, was ich ihm hoch anrechnete. Seitdem aber hat er nie wieder die Ruhe verloren. Es scheint ihm niemals auch nur ein bisschen unangenehm zu sein, zu uns kommen zu müssen. Er muss sehr oft kommen.
    Herr Krummwinkel muss kommen, um die fehlende Duscharmatur im Elternbad anzubringen, um die nicht funktionierende Handbrause an der Badewanne zu reparieren und um die Zu- und Abläufe an den Heizkörpern im Elternschlafzimmer und im Zimmer unseres Sohnes fachmännisch zu korrigieren: Der Abstand der Heizkörperanschlüsse in der Wand passte nicht ganz zum Abstand der Anschlüsse an den Heizkörpern, irgendwer hatte die Rohre einfach passend gebogen, sodass sie völlig schief aus der Wand herausstanden.
    »Nun sagen Sie mal ehrlich, das kann doch nicht angehen«, sage ich zu ihm, »dass Ihre Kollegen ein Drittel kaputt, das andere Drittel falsch und das letzte Drittel gar nicht gemacht haben.«
    »Tja«, sagt Herr Krummwinkel gedehnt, »ich sag mal so: Ich hab schon für viele Architekten gearbeitet, auf ganz großen Baustellen, ganze Hochhäuser, und deshalb weiß ich: Es gibt solche und solche – Architekten, meine ich jetzt. Es gibt die Stars, und das hat seinen Grund, dass die Stars sind. Und es gibt – na, wie drücke ich das mal freundlich aus? – die mittelguten, so wie Ihre. Bei den Stars, das sag ich Ihnen, da steht aber acht Stunden am Tag ein Bauleiter auf der Baustelle.«
    »Aber Herr Krummwinkel«, sage ich, »erstens finden wir unsere Architektinnen super. Zweitens bekommen die weni ger Geld von uns als Ihr Chef. Und drittens brauchen Sie doch wohl hoffentlich keine Bauleiterin, die Ihnen erklärt, wie man eine Duscharmatur anbringt.«
    Herr Krummwinkel muss kommen, weil die Drehknöpfe an der von ihm angebrachten Duscharmatur abfallen, sobald man daran dreht, und weil die Handbrause immer noch nicht funktioniert. Das Wasser plätschert nur ein bisschen aus ihr heraus, heiß und kalt lassen sich nicht richtig mischen.
    »Ich schätz mal, das ist so bei dem Modell«, sagt Herr Krummwinkel. »Das geht nicht anders, das gehört so.«
    »Glaub ich nicht«, sage ich.
    »O.k., ich versuch’s noch mal«, sagt Herr Krummwinkel. Als er wieder geht, funktioniert die

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