Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!
Handbrause immer noch nicht, dafür ist eine der Fliesen gebrochen, auf die die Badewannenarmatur montiert ist. Wenigstens die Duscharmatur hat Herr Krummwinkel in Ordnung gebracht, die Drehknöpfe sitzen bombenfest. Wenn man genau hinsieht, sieht man die Abdrücke einer Rohrzange, kleine Dellen im Edelstahl. Ich beschließe, nicht genau hinzugucken.
Herr Krummwinkel muss kommen, um das Wasch- und das WC -Becken und den Wasserhahn im Kinderbad zu entfernen, bevor der Fliesenleger die Fliesen rausreißt. Herr Krummwinkel sagt: »Die Becken sind so schwer zu schleppen, kann ich die auf den Balkon stellen? Da können die ja gut lagern, bis das Bad neu gemacht ist.«
»Ich finde nicht, dass unser Balkon ein gutes Klobeckenlager ist«, sage ich. »Die nehmen Sie mal schön mit.«
Herr Krummwinkel muss kommen, um endlich die Solarkollektorenständer auf dem Dach zu befestigen, die dort seit Monaten unbefestigt stehen, wie wir seinem Chef mehrmals mitgeteilt haben. Sein Chef hat ihn erst geschickt, nachdem wir ihn schriftlich darauf hingewiesen haben, dass er dafür haften wird, falls die Solarkollektoren bei einem Sturm vom Dach geweht werden und jemandem auf den Kopf fallen. Wahrscheinlich hat er eingesehen, dass er seine Haftpflichtversicherung nicht noch mehr beanspruchen sollte als bereits nötig.
»Moinsen!«, sagt Herr Krummwinkel. »Da bin ich wieder!«
»Moin!«, sage ich. »Aber lassen Sie bitte das Dach heil.«
»Wird gemacht, gute Frau!«, sagt Herr Krummwinkel.
Herr Krummwinkel muss kommen, um die Solarkollektoren noch einmal völlig neu aufzustellen und zu befestigen, denn sie waren unfachmännisch aufgestellt und befestigt. Er muss die Rohre im Technikraum neu verziehen. Sie verlaufen so dicht beieinander, dass der Schornsteinfeger, der zur Abnahme der Heizung gekommen ist, die Abgasleitung nicht einsehen konnte. Herr Krummwinkel muss im Heizkreis, über den die Heizkörper betrieben werden, eine Pumpe und einen Mischer einbauen, die jemand vergessen hat einzubauen. Er muss die Zirkulationspumpe zur regelmäßigen Umwälzung des Warmwassers anschließen, die jemand nicht angeschlossen hat. Er muss die Kondensatabläufe am Brennwertgerät montieren, die jemand zu montieren versäumt hat. Er muss die Mängelliste abarbeiten, die wir Herrn Nadler geschickt haben.
Es war der Immobilienonkel Rolf, der zu uns gesagt hat: »Den Gesellen würde ich aber noch mal ganz genau auf die Finger gucken. Passt auf, ich komme mal mit Manni vorbei, der Manni und ich, wir spielen zusammen Golf, der ist Klempnermeister, der guckt sich das mal alles an, was die da so gemacht haben – auf Freundschaftsbasis, meine ich.«
Nachdem Manni gekommen war, sich alles angeguckt und die Handbrause erfolgreich repariert hatte, setzte er sich mit mir an den Terrassentisch und diktierte mir eine dreiseitige Mängelliste.
»Und jetzt bloß nicht den Kopf verlieren deshalb, nicht anfangen, die zu beschimpfen und sich mit denen zu streiten«, sagte Manni. »Schickt denen einfach diese Liste mit der Aufforderung, die Mängel zu beheben. Das ist unangenehm genug für sie. Wenn sie ihr Geld haben wollen, dann müssen sie kommen. Wenn sie nicht kommen, bekommen sie kein Geld, und ihr lasst die Mängel von jemand anderem beheben.«
Gebr. Nadler hatte seit dem Wasserschaden keine Rechnung mehr geschickt – immer noch offen war ein fünfstelliger Betrag. Wir schickten die Mängelliste an Herrn Nadler mit dem Vorschlag, die angesprochenen Mängel gemeinsam mit Herrn Tiedemann zu besichtigen. Damit war das von mir erteilte Hausverbot offiziell aufgehoben, ebenso wie mein Hass auf die Herren Nadler und Tiedemann längst verflogen war. Ich wollte mich nicht mehr mit ihnen streiten. Alles, was ich wollte, war, dass sie unser Haus in Ordnung brachten. Das Gefühl, das blieb, war eine Art chronisches inneres Kopfschütteln darüber, wie eine einzige Firma so viel Mist auf einmal verzapfen kann – gepaart mit Verachtung für jene, die ganz sicher wie selbstverständlich von ihren Ärzten, den Erziehern und Lehrern ihrer Kinder, ihren Bankberatern, Putzfrauen, Bundestagsabgeordneten und Sekretärinnen erwarten, dass sie allzeit ihr Bestes geben, die aber in ihrem eigenen Job nicht einmal das Allernötigste leisten.
Herr Nadler und Herr Tiedemann kamen, ich bot ihnen Kaffee an, sie wollten keinen, sie besichtigten die Heizung und die Solarkollektoren; bevor sie wieder gingen, blieb der kleine, dicke Herr Nadler neben dem großen, stummen Herrn
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